In Eckarts im Allgäu wird ein Toter aus dem Funkenfeuer gezogen. Natürlich sind gleich jede Menge Presseleute zur Stelle. Welch makabrer Ort, um eine Leiche zu verbergen – wir doch am Funkensonntag eigentlich eine Hexenfigur symbolisch verbrannt, um den Winter auszutreiben. Der Tote fällt Kommissar Weinzirl und seiner alten Schulfreundin Jo, ihres Zeichens Tourismusdirektorin im Bergstätt-Gebiet, buchstäblich vor die Füße. Aber wie gelangte er in das Feuer? Und wer wollte den beliebten Braumeister der kleinen Lokalbrauerei Hündle Bräu töten?
Autor: Nicola Förg Verlag: Goldmann Erschienen: 2009 ISBN: 978-3-442-47018-1 Seitenzahl: 282 Seiten |
Die Grundidee der Handlung
Der Winter im Allgäu will nicht so recht in Schwung kommen. Und ausgerechnet jetzt, da Johanna Kennerknecht, die Tourismusdirektorin der Region, einer Gruppe Journalisten die Vorzüge des schönen Allgäuer Winters vorführen will. Sogar der Funken, ein heidnisch angehauchtes Fest, droht buchstäblich ins Wasser zu fallen. Zu allem Übel fällt auch noch eine Leiche aus dem Funkenholz direkt vor die Füße der Pressemeute. Johanna gerät in die Schusslinie des Bürgermeisters, der die Ferienregion schon vor dem Aus sieht. Für Jo, wie Johanna genannt wird, eine klare Sache: sie muss ihrem Freund Kommissar Weinzirl helfen den Fall aufzuklären, um so die Region wieder rein zu waschen. Doch die Ermittlungen gestalten sich nicht nur für Jo schwierig, auch das Team um den Kommissar tappt lange im Dunkeln. Der Tote - ein Braumeister bei einer kleinen Brauerei - war scheinbar ein Saubermann, ohne Feinde und mit hohem Ansehen bei der Bevölkerung. Jede noch so kleine Spur erweist sich immer schnell als Sackgasse. Doch der Mörder hat die Rechnung eben ohne Johanna gemacht. Sie stochert mit ihrer Neugier zwar im Nichts, stößt dabei aber doch auf eine interessante Spur, die sie ohne es zu wissen zum Täter und damit in große Gefahr führt. Denn der Täter möchte auf keinen Fall erkannt werden und versucht Johanna umzubringen. Als Jo ihre missliche Lage erkennt, wünscht sie sich, lieber doch nicht auf eigene Faust losgezogen zu sein und hofft nun auf ihren Freund Gerhard Winzirl - er ist ihre einzige Rettung.
Stil und Sprache
Nicola Förg, sozusagen die bayrische Donna Leon, hat mit ihrer Serie um Gerhard Weinzirl und Johanna Kennerknecht ein Novum geschaffen. Sie macht Jo neben dem Kommissar Weinzirl zum zumindest inhaltlich gleichwertigen Partner in ihren Krimis. Das sorgt zum einen für interessante, unerwartete Verläufe während der Ermittlung, und zum anderen für intensiven, atmosphärischen Lesegenuss auf den Nebenschauplätzen. Denn nun ist nicht nur der Kriminalfall im Mittelpunkt, sondern eben auch die Lebensgeschichte der Personen darum herum. Die Autorin zeigt dem Leser zwei manchmal völlig unterschiedliche, aber eben auch sehr oft aufeinander aufbauende Sichtweisen auf den Fall, die Ermittlung und was als nächstes zu tun ist oder welche Spur zu verfolgen ist. Zum einen die manchmal naive und unüberlegte Vorgehensweise der Jo, die dadurch natürlich in so manches Fettnäpfchen tritt und keine Gefahr auslässt, und zum anderen den ruhigen, fast schon emotionslosen Stil von Gerhard. Diese beiden Kontraste mischt sie in Perfektion zu einem spannenden, humorvollen und authentischen Ganzen. Nicht selten kommt es zu Kopfschüttlern a la ‚was macht sie den nun schon wieder’, wenn Jo erst hervorprescht und dann darüber nachdenkt. Den inhaltlichen Lesegenuss krönt Nicola Förg mit einer gehörigen Portion Lokalkolorit in Form von allgäuer aber auch schwäbischen Dialekt, der nicht selten sogar Bayern die Fragezeichen auf die Stirn wirft. Zum Glück gibt es im Buch ein Glossar der häufigsten Begriffe. Auch ihre perfekte Ortskenntnis, die sie in liebevollen Orts- und Szenenbeschreibungen zum Besten gibt, sorgen beim Leser für Spaß und Unterhaltung.
Figuren
Die lokale Ausrichtung findet sich natürlich auch bei ihren Charakteren wieder. Da gibt’s die verschlossenen, schrulligen, einsam lebenden Bauern, die mit wenigen Worten viel Sagen, genauso wie die modernen, auf Leistung getrimmten Jungmanager. Nicola Förg lässt viele ihrer Personen oberflächlich betrachtet Glatt erscheinen, doch die meisten offenbaren in der Tiefe Eigenschaften oder Charakterzüge, die so nicht vorhersehbar oder erkennbar sind. Dies sorgt beim Leser für diverse Aha-Effekte, wenn dann genau diese Eigenschaften an den Tag treten. So auch bei den zum Täterkreis gehörenden Verdächtigen. Viele wirken nach Außen hin anders, als sie in Wirklichkeit sind, oder offenbaren ihre Geheimnisse erst durch entsprechendes Nachbohren seitens der Ermittler oder Jos. Johanna selbst ist immer noch die Alte, fahrig und kopflos in manch ihren Entscheidungen, aber gleichzeitig auch überlegen und beherrschend in ihrem Fachgebiet. Nur Privat scheint sie gänzlich die Kontrolle verloren zu haben - schließlich setzt sie in Liebesdingen immer aufs falsche Pferd. Obwohl ihre Familie immer größer wird - drei Katzen, drei Pferde sowie zwei Kaninchen sind es jetzt schon -, fühlt sie sich oft einsam. Ihr fehlt der richtige Mann an ihrer Seite. Doch eigentlich hat sie den schon ständig neben sich, Gerhard Weinzirl, ihr Freund seit Jugendzeiten, kennt sie besser als jeder andere und weiß sie auch am besten einzuschätzen. In der Beziehung steckt auf jeden Fall noch viel Potential.
Aufmachung des Buches
Auch beim 2. Fall zeigt das Taschenbuchcover ein altes schmiedeeisernes Geschäftsschild vor drohendem Himmel; auf dem Schild ist passend zum Thema ein Braumeister abgebildet. Wie üblich findet sich auch ein Glossar der im Buch verwendeten Allgäuer Begriffe. Dies ist wirklich sehr hilfreich, da selbst für Bayern nicht alle Wörter verständlich sind.
Fazit
Eine gelungene Fortsetzung der Serie um das ungleiche Paar Gerhard Weinzirl und Johanna Kennerknecht. Spannung, Atmosphäre und viel Lokalkolorit sind garantiert.
Hinweise
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Backlist:
Fall 1: Schussfahrt