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Das Meisterwerk von Stephen King „The Stand – Das letzte Gefecht“ ist eine klassische Geschichte von Gut gegen Böse. Verlust misst sich mit Erlösung und Verzweiflung ringt mit Hoffnung. Sie ist eine apokalyptische Version des Kampfes der Menschheit gegen eine weltweite tödliche Epidemie. Als Captain Trips sich seinen Weg durch das Land bahnt, ist es Zeit, Stellung zu beziehen.

Der mehrfach ausgezeichnete Roberto Aguirre-Sacasa (HBOs Big Love9 und die Zeichner Mike Perkins (Captain America) und Laura Martin (Astonishing X-Men) vereinen ihre Kräfte, um einem der großartigsten Romane der Moderne als Graphic Novel Leben einzuhauchen.

 

  Autor: Stephen King, Adaption von Roberto Aguirre-Sacasa
Illustration: Mike Perkins
Verlag: Panini Comics
Erschienen: 17.03.2010
ISBN: 978-3-86607-998-4
Seitenzahl: 164 Seiten
Altersgruppe: ab 16 Jahren


Die Grundidee der Handlung
Das streng geheime Projekt des amerikanischen Militärs – „Projekt Blau“, ein absolut tödlicher Virus – entkommt den Labors und breitet sich nach und nach in Amerika aus. Während die Menschen zunächst ahnungslos sind und das Militär Schadensbegrenzung zu betreiben versucht, wird recht schnell klar, dass es gegen eine Ansteckung mit diesem Virus (bald schon Captain Trips genannt) keine Heilung gibt. Nur eine kleine Gruppe von Menschen scheint gegen das Virus immun zu sein, doch die Wissenschaftler, denen die Zeit davon rennt, können den Grund hierfür nicht finden. Während der amerikanische Präsident weiterhin die Existenz dieses gezüchteten Virus verleugnet, zeigen ein Land und seine Führung das wahre, brutale Gesicht …
Während die wenigen, denen das Virus nichts anhaben kann, eigenartige, aber seltsam realistische Träume haben, taucht ein weiterer Unbekannter auf, Randall Flagg – doch er scheint die Personifizierung des Bösen zu sein.

„The Stand – Das letzte Gefecht“ ist neben der Saga um den Dunklen Turm eines der beiden Meisterwerke von Stephen King. In einem Zustand nahe der Apokalypse, vom Menschen selbst verursacht, kommt es zur Auseinandersetzung der guten und der finsteren Kräfte. Durch die Thematik selbst, der unheilbaren Krankheit - von Menschenhand gezüchtet -, also der Zerstörung des Menschen durch sein eigenes Wirken, trifft Stephen King den Nerv, die Angst von Millionen von Lesern. So hat „The Stand – Das letzte Gefecht“ auch Jahrzehnte nach seiner Veröffentlichung nichts an Aktuallität verloren. Die Adaption des Bestseller-Romans in dieser Graphic Novel bringt die schaurige, panische, zerstörerische Atmosphäre der Vorlage hervorragend herüber, sie ist die Inkarnation eines Meisterwerks, einer epischen Horrorliteratur, die weltweit Berühmtheit erlangte.


Beurteilung der Zeichnung / Textdarstellung
Der Prolog, düster und in frühmorgendlicher Stimmung, legt sich direkt wie ein düsterer Schatten der Vorahnung, wie ein Leichentuch, über die anschließende Geschichte. Schon beim ersten Anblick auf das, was der Virus aus seinen Opfern macht, entfaltet sich das Grauen, jagt einen ersten Schauer über den Rücken. Ein Hauptaugenmerk ist zu Beginn der Story zunächst der Verbreitung des Virus gewidmet - erst den Übertragungen (durch Rotz, Hautkontakt und auf andere Weise), dann im „Zwischenspiel“, in dem sich der symbolische Virusstrang auf einer Doppelseite durch die Bilder zieht. Während dieses „Zwischenspiels“ lässt die grafische Qualität etwas nach, der Fokus ist auf die Ereignisse selbst gerichtet, nimmt danach aber wieder die bekannte Form an. Die Szenerie indes erzählt in enorm vielen Handlungssträngen und Abschnitten, die parallel ablaufen. Den Überblick verliert der Leser trotzdem nicht, werden die einzelnen Charaktere erst nach und nach eingebracht und oft auch erläutert, aus dem Zusammenhang oder dem direkten Text.
Sehr einfühlsam, treffend und charismatisch zeigen sich die hervorragend erarbeiteten Portraits, und überzeugen in ihrer Darstellung auch Liebhaber anspruchsvollen Comic-Artworks. Sowohl die Gesichtszüge und Gesten, als auch die Falten oder Narben sind passend. Im späteren Verlauf der Szenerie von Band 1 werden die feingezeichneten Portraits, die Angst und Betroffenheit vermitteln, auch ein Spiegelbild für die Trauer, die Fassungslosigkeit und Hilflosigkeit. Perkins versteht es, diese Emotionen durch seine gefühlvollen Bilder zu vermitteln. Sehr gut gefiel mir hier auch die Darstellung von Arroganz, Uneinsichtigkeit und Gefühlskälte, mit der die amtierenden Militärs daherkommen, die „Projekt Blau“ erst geschaffen haben. Werden die Figuren in den Panels kleiner, werden sie naturgemäß ungenauer, behalten hierbei jedoch regelmäßig noch ein nicht selbstverständliches Aussehen, bei dem sie immer noch gut zu identifizieren sind. Der erste Auftritt vom Mann ohne Gesicht manifestiert gekonnt und auf beklemmende Weise die Ängste vieler Menschen vor dem Unbekannten, vor einem Schwarzen Mann, vor einer gesichtslosen Bedrohung.

Der Zeichenstil von Mike Perkins überrascht mit enormer Plastizität, er versteht es wie nur wenige andere, seinen Arbeiten Tiefe zu verleihen. Dabei greift er nicht nur auf die üblichen Mittel des Bildaufbaus zurück, sondern spielt – wie direkt im ersten Kapitel – mal mit Unschärfen, mal mit Spiegelungen im Glas und mal auf andere Weise, um mehrere Ebenen aufzubauen. Besonders bei Portraits, aber nicht nur bei dieser Art Bilder, bringt der Zeichner teils intensive Schatten ein, um eine bedrohliche, teils auch düstere Stimmung zu schaffen und / oder die Identität von Personen zu verschleiern.
Räumlichkeiten, Gebäude und Landschaften sind mit einem hochwertigen Look wiedergegeben und mit detailreichen Elementen versehen, nur fehlt ihnen in der Feinheit, in der Schärfe der letzte Schliff. Dafür sind Bars, Büros, Kontrollzentren u.a. überwiegend sowohl glaubhaft als auch aufwendig inszeniert. Stellenweise fallen Gegenden, so z.B. der Time Square oder der Straßenzug in New York, in dem Larry Underwood wohnt, recht einfach, dafür aber künstlerisch umrissen auf. Auch das Landschaftspanorama vom Harborside Hotel, Ogunquit, Maine, ist eher einfach strukturiert, verschafft einen guten Überblick, besticht aber kaum durch seine Aufmachung.
Zusammenfassend ist Mike Perkins Zeichenstil absolut anspruchsvoll, er versteht es, den Charakter, die düstere und apokalyptische Atmosphäre von Stephen Kings „The Stand“ so gekonnt umzusetzen, dass man hierfür auch gerne über gelegentlich nicht so fein erarbeitete Bilder hinwegsieht. Die Konzentration liegt klar darauf, dem Leser zu vermitteln, welche Ereignisse „The Stand“ mit sich bringen. Und das ist ihm gelungen!

Die Bildkästchen variieren zwar in ihrer Gestaltung, sind aber zumeist von – der Stimmung entsprechend mal schwarzen, mal weißen – Rahmen streng begrenzt. Hiervon heben sich die  Erinnerungen ab, sie sind ohne klare Abgrenzung, stattdessen ineinanderfließend, und auch auf eine eigene Art gestaltet, die – ähnlich einem Fotonegativ – teils dumpfe, teils passende Farben haben. Der Text wird auf drei Arten dargestellt: natürlich als Dialoge, als – zum Teil sehr zynischer – Erzählertext und als Überschriften für Ortsangaben, aber auch, um Personen oder in Situationen einzuführen. Die Kapitelseiten sind immer gleich gestaltet; nur wenige, dafür umso passendere und die schaurige Stimmung unterstreichende, Elemente heben den apokalyptischen Charakter von „The Stand“ hervor.


Aufmachung des Comics
Die mir vorliegende Fassung der Comicadaption des Romans „The Stand – Das letzte Gefecht“ ist als Softcover in Klappenbroschur aufgelegt, allerdings verlegt Panini die Graphic Novel auch in einer Hardcover-Variante. Die Covergestaltung zeigt Randall Flagg, der in einer bedrohlichen Geste auf den Leser zuzuschreiten scheint. Bläuliches Schauerlicht leuchtet Berge von Schädeln und Knochen unter ihm aus, bevor die Landschaft in Schwärze versinkt. Dort, wo sich der Himmel über die Hügel erhebt, leuchtet er in gelb-orangeroten Tönen, aber es ist unklar, ob dies einen Sonnenuntergang oder eine Welt, die verbrennt, andeutet. Dieses Cover, das mit seiner überwiegend matt gehaltenen Optik ein elegantes Aussehen hat, vermittelt gut die apokalyptische Stimmung von „The Stand“.  Nur die Schriftzüge für Autor, Titel, Untertitel und Produzenten sind mit Spotlack hervorgehoben.

Überzeugen kann auch die Ausstattung. Die Graphic Novel wird mit einem treffenden und hochaktuellen Kommentar von Ralph Macchio eröffnet, direkt gefolgt von einem Vorwort von Joachim Körber. Im Anschluss an die Geschichte findet der Leser ein umfassendes Skizzenbuch, in dem auch die grafische Umsetzung der wichtigsten Romanfiguren geschildert wird, Die hier gezeigten Arbeiten sind sehr ansprechend, und man fragt sich bei den noch nicht kolorierten Varianten schon fast, warum sie nicht einfach so gelassen wurden, denn sie kommen einem hochwertigen Schwarzweißfoto sehr nahe.


Fazit
Stephen Kings „The Stand“ ist eines der beiden Meisterwerke aus der Feder des Autors. In ihr manifestiert er die apokalyptischen Ängste einer breiten Bevölkerung, zeitlos, gnadenlos, erschreckend – und mit dem klassischen Kampf Gut gegen Böse. Die Adaption zur Graphic Novel ist den Machern, allen voran dem Grafiker Mike Perkins, bravourös gelungen. Die Bilder vermitteln nicht nur gekonnt die Atmosphäre, sondern sorgen für Gänsehaut. Ein hervorragendes Werk des Horror-Genres.


5 Sterne


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