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Herr Weinbach, vorerst ganz herzlichen Dank, dass Sie sich die Zeit für dieses Interview genommen haben.
Sie sind Architekt, haben also einen relativ „trockenen“ Beruf, wie kommt man da zum Schreiben und haben Sie immer schon geschrieben?

Meinen „Brotberuf“ sehe ich gar nicht so trocken wie er vielleicht klingen mag. Er ist mit Sicherheit technisch orientiert, doch er fordert auch Kreativität in vielen Bereichen ab. Das beginnt beim Entwurf bis hin zur Entwicklung von Detaillösungen für Gebäude. Und das hat die Architektur mit dem Schreiben gemeinsam; kreative Arbeit in unterschiedlichen Bereichen. Mal geht es um das große Gesamtkonzept, dann wieder um wichtige Details.

Von vielen Autoren liest man, dass sie schon in ihrer Kindheit oder ihrer Jugend geschrieben haben. Sie haben diese Berufung schon früh erkannt und sind ihr gefolgt. Bei mir war das nicht so. Ich habe mit meinen ersten ernsthaften Schreibversuchen jenseits der 30 begonnen. Aber seither schreibe ich, wann immer es die Zeit erlaubt.


Sie haben sich als Architekt selbständig gemacht, um mehr Zeit zum Schreiben zu haben. Ist es in der Regel aber nicht so, dass ein Selbständiger viel weniger Zeit hat, als ein Angestellter? Haben Sie nun so viel Zeit zum Schreiben wie Sie sich das vorgestellt haben?

Das ist in der Tat ein zweischneidiges Schwert. Ich habe auch keinen Acht-Stunden-Tag, sondern arbeite meist bis in die Nacht. Natürlich muss ich auch Geld verdienen und dafür müssen die Architekturaufträge auch entsprechend bearbeitet werden. Der entscheidende Vorteil der Selbstständigkeit ist vielmehr, dass ich mir die Zeit selbst einteilen kann. Ich kann entscheiden, ob ich morgens an einem Manuskript arbeite oder ob ich mich um andere Projekte kümmere. Allerdings wünsche ich mir oft, dass der Tag mehr als 24 Stunden hätte …


Wie kommt es, dass Sie ausgerechnet im Genre der historischen Romane gelandet sind? Haben Sie eine besondere Vorliebe für eine bestimmte Epoche oder hat sich das Mittelalter, in dem Ihr erster Roman spielt, einfach so ergeben?

Geschichte allgemein interessiert mich, ganz gleich ob es die Antike oder der Zweite Weltkrieg ist. Doch das Mittelalter, bevorzugt das frühe Mittelalter, hat es mir am meisten angetan. Ich besuche auch gerne historische Märkte und Events. Das war jedoch nicht ausschlaggebend für den Roman. Vielmehr hatte ich den Plot um Faolán als Fantasy-Geschichte geplant. Doch damals befand sich der Harry-Potter-Hype auf seinem Höhepunkt und da schien es mir zu riskant von den Verlagen als ein weiterer Trittbrettfahrer abgelehnt zu werden. So kam ich auf die Idee, die Geschichte in unsere statt einer fantastischen Welt spielen zu lassen. Nach Festlegungen der Epoche fand eine erste logische Überprüfung statt und das hat ganz gut funktioniert. So blieb ich dabei und ich glaube, das war die richtige Entscheidung. Wenn ich heute für die Fortsetzung recherchiere, stelle ich fest, dass die geschichtlichen Hintergründe nahezu perfekt zu dem Plot passen.


Liest man Ihren Roman „Die Eiswolf-Saga: Brudermord“, so kann man nicht umhin festzustellen, dass Sie einen sehr mitreißenden und spannenden Erzählstil haben. Wie haben Sie sich diesen angeeignet, besuchten Sie so etwas wie eine „Schreibschule“ oder sind Sie ein Naturtalent?

[lacht] Wenn Sie es so wollen, dann bin ich eher ein Naturtalent. Nein, eine Schreibschule bzw. Kurse habe ich nie besucht, obwohl ich es schon oft in Erwägung gezogen habe. Leider hat es sich aus Zeitgründen nie ergeben. Also habe ich begonnen, mein „Kopfkino“, den Film vor meinem inneren Auge, auf Papier zu bringen. Keine einfache Übung. Da gibt es langsame und schnelle Szenen, es gibt romantische und blutige Bilder. Für jede Sequenzen die richtigen Worte und das richtige Tempo zu finden sehe ich als meine Aufgabe. Dabei ist es wichtig, nicht zu „geschwollen“ zu formulieren, es aber auch nicht zu einfach zu beschreiben. In der Tat habe ich hier eine Weile gebraucht, um den Rhythmus meines Stils zu finden. Es scheint, als habe ich diesbezüglich etwas richtig gemacht.
Doch es ist nicht so, dass ich schon immer so geschrieben habe. Mit den Grundzügen des Romans habe ich 2004 begonnen. Damals hatte ich noch einen gänzlich anderen Schreibstil, den wahrscheinlich kein Mensch hätte lesen wollen. Ich habe über die Jahre aber viel gelernt und mit jeder Überarbeitung (mehrere waren notwendig) viel geändert und meinen Stil weiterentwickelt. Das war ein wichtiger Prozess.


Die „Eiswolf-Saga“ wird ja in sechs Bänden verlegt. Haben Sie den weiteren Verlauf der Geschichte schon im Kopf oder entwickelt sich dies nach und nach?

Der Rahmenplot ist natürlich schon vorhanden, auch wie er in den geschichtlichen Hintergrund eingebettet ist. Der nächste Band ist in der Rohfassung beinahe vollendet, der dritte Band immerhin etwas detaillierter ausgearbeitet. Darüber hinaus allerdings bin ich noch recht flexibel. Die Charaktere der Reihe haben nämlich ein gewisses Eigenleben in meinem Kopf entwickelt und da lasse ich mich auch gerne mal überraschen. Oft starte ich mein „Kopfkino“ und schaue einfach nur zu, während ich das Gesehene niederschreibe. Manchmal agieren die Figuren anders als ich es zunächst beabsichtigt hatte. Doch das ist nicht weiter störend. Dadurch kann sich ein neuer Aspekt für die weitere Handlung ergeben und ich lasse es einfach laufen. Manchmal benötigen meine „Schauspieler“ noch einige Regieanweisungen und die Szene wird noch einmal abgespielt, doch irgendwann pass alles gut zusammen.


Die Figuren Ihres Romans sind sehr greifbar und lebendig geschaffen. Haben Sie für die Figuren Vorbilder oder kreieren Sie diese ausschließlich in Ihrer Phantasie? Wie viel Holger Weinbach steckt in Ihren Figuren?

Die Figuren leben ausschließlich in meiner Fantasie und zur Beruhigung von Freunden, Bekannten und Verwandten kann ich sagen, dass niemand dafür Pate stehen musste – weder für die Guten noch für die Bösen. Und natürlich steckt in jeder dieser Figuren ein Stück Holger Weinbach. In den Guten wie auch in den Bösen … wie sonst könnte ich die Gefühle der Charaktere möglichst authentisch beschreiben, wenn ich mich nicht in sie hineinversetzen könnte. Insofern steckt ein Teil von Ihnen in mir und umgekehrt.


Sie sind mit dieser sechsteiligen Serie sicher noch einige Zeit beschäftigt, aber erlauben Sie sich schon Gedanken an Ihr nächstes Buch und wenn ja, in welcher Epoche wird diese Geschichte spielen?

Es gibt tatsächlich Pläne für weitere Bücher. Dabei möchte ich aber vermeiden, auf ein Genre beschränkt zu werden. Das gilt sowohl für mich, wie auch die Verlage oder die Leser. Sicher wird es nach sechs historischen Romanen nicht einfach, nicht in eine Genre-Schublade gesteckt zu werden, aber ich werde es dennoch versuchen. Momentan sind noch fünf Fortsetzungsbände der Saga geplant und dazu habe ich noch eine Menge zu schreiben. Vielleicht wird es danach aber auch Zeit, etwas ganz anderes zu schreiben. Mir schwirren da bereits ein paar Gedanken über zwei Realsatiren im Kopf herum. Falls mich die Leser dann doch schon in eine Genre-Schublade gesteckt haben sollen, gibt es in diesem Fall aber immer noch die Möglichkeit des Pseudonyms.
Allerdings werde ich dem historischen Genre treu bleiben. Wie schon erwähnt interessiere ich mich für Geschichte und es gibt immer wieder die eine oder andere historische Figur, die eine gute Geschichte zu erzählen hat. Das muss nicht die zentrale Figur eines Plots sein, doch sie kann beispielsweise den Protagonisten einen Teil auf seinem Weg begleiten.


Als Selbständiger und auch noch Autor benötigt man sehr viel Zeit. Wie vereinbaren Sie das mit Ihrer Familie oder gibt es da oft „Klagen“, weil Sie zu sehr in Ihre fiktive Welt abtauchen?

Klagen kommen zum Glück nicht. Sicherlich auch aus dem Grund, weil ich mir für meine Familie Zeit nehme, so gut es meine Arbeit zulässt. Da meine Frau ebenfalls selbstständig ist, muss ich mich natürlich auch um die Kinder kümmern. In diesem Fall muss ich die Priorität auf die Kinder legen. Aber ebenso wird es auch respektiert, wenn ich die Priorität auf das Schreiben verlagern muss, weil beispielsweise eine Abgabe naht. Dann erfahre ich jede Unterstützung, die ich benötige. Wobei meine Kinder das nicht so ganz verstehen … schließlich sitzt Papa ja nur zu Hause am Computer …


Wie recherchieren Sie? Bereisen Sie auch historische Orte und nehmen da Ihre Familie mit oder versuchen Sie, sich einfach zu belesen und das Internet zu nutzen?

Es gibt mehrere Möglichkeiten der Recherche. Die wichtigsten Quellen sind Fachliteratur, Fachleute und das Internet. Wobei das Internet mit Vorsicht zu genießen ist. Nicht alles, was dort zu lesen ist, beruht auf Fakten. Daher ist einschlägige Fachliteratur unabdinglich. Zusätzlich habe ich einen Historiker im Hintergrund, der mein Manuskript auf fachliche Fehler überprüft. Hier möchte ich natürlich nichts anbrennen lassen.

Die historischen Orte zu besichtigen ist natürlich der interessanteste Teil der Recherche. 2008 reiste ich deshalb nach Schweden und habe einige historische Orte besichtigt – mitsamt meiner Familie. Auch wenn die Kinder für Museen noch kein Verständnis aufbringen können, so ist es mir doch wichtig, ihnen auch diesen Teil meiner Arbeit nahe zu bringen. Nur so verstehen sie es, dass der Papa nicht nur am Schreibtisch sitzt und tippt.


Wann dürfen wir mit den Folgebänden der „Eiswolf-Saga“ rechnen und wann wird der letzte Teil voraussichtlich erscheinen?

Der nächste Band erscheint im Sommer 2010. Für die weiteren Bände plane ich momentan jeweils ein weiters Jahr ein, wobei das nur eine sehr grobe Planung ist. Dieser Rhythmus könnte sich auch etwas verlängern. Den letzten Band plane ich demnach etwa 2014 oder 2015 ein, je nachdem, wie gut ich voran komme und wie sich der Plot noch entwickelt.


Herr Weinbach, ich möchte mich ganz herzlich für das Interview bedanken und wünsche Ihnen noch weiterhin viel Energie und Schaffenskraft!

Ich bedanke mich ebenso und wünsche den Lesern noch viel Spaß mit der Eiswolf-Saga.

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