Thorinth ist ein Labyrinth im Innern eines gigantischen Turms, in das Verrückte und unerwünschte Personen verstoßen werden, und in dem man sich nur mit Hilfe der kleinen Schnuffels zurechtfindet, die den Turm zu Tausenden bevölkern. Thorinth wurde einst von dem Wissenschaftler Amodef erschaffen, um das menschliche Bewusstsein zu erforschen. Doch die ehrgeizige Architektin Esiath missbrauchte das fantastische Konstrukt für ihre eigenen Projekte. Sie formte einen Golem, der alle Seelen in seiner Umgebung in sich aufsog und die Herrschaft über das Labyrinth übernahm. Doch die so hermetisch abgeschlossene Welt gerät aus den Fugen, als ein Mann aus der Außenwelt in sie eindringt, um seine Frau zu finden.

Autor: Nicolas Fructus Illustrationen:  Nicolas Fructus Verlag: Splitter Erschienen: 26 November 2009 ISBN: 978-3-86869-032-3 Seitenzahl: 56 Seiten Altersgruppe: ab 16 Jahren ( Empfehlung des Rezensenten )

Die Grundidee der Handlung
Thorinth - dies ist die Schöpfung von Amodef. Ein Arzt, der das Bewusstsein des Menschen und die Abgründe des menschlichen Geistes erforschen wollte. Er entwarf Thorinth um sich ungestört vom Rest der Welt dieser Aufgabe widmen zu können. Doch Esiath, seine Architektin, hintergeht ihn, sie nützt das kolossale Bauwerk, um ihren eigenen Zielen einen Schritt näher zu kommen. Im Herzen des Turmes installiert sie einen gewaltigen, schwebenden Lehmblock. Dieser saugt allen Pellegen (die anderen Ärzte) das Bewusstsein aus, um schließlich von Esiath zum Leben erweckt zu werden. Er ist fortan der Narrenwächter, der seine Schöpferin hinrichtet, um anschließend zu verschwinden. Als er geboren wird, entstehen aus allem, was sich nicht in den Narrenwächter verwandelte, eine Horde von Schnuffels. Kleine Wesen, die den Bewohnern von Thorinth als Führer dienen. Eines Tages jedoch dringt ein Mann in den Turm ein, um seine Frau, die in den Turm verbannt wurde, zu retten...

Thorinth hat eigentlich alles, was eine exzellente Geschichte ausmacht. Interessante, total abgefahrene Charaktere, einen geheimnisvollen Plot und ein ausgezeichnetes Artwork mit eigenständigem, stilsicherem Design. Doch zum Meisterwerk reicht es nicht. Für die Ausarbeitung der Story hätte Fructus vielleicht doch noch jemanden an Bord nehmen sollen, anstatt alles in Eigenregie zu machen. Die Handlung wirkt im ersten Band wie loses Stückwerk, das wenig Lust aufs Weiterlesen macht. Doch noch ist nicht alles verloren, alles hängt davon ab, wie sich die Erzählung in Band 2 weiterentwickelt.

Beurteilung der Zeichnung / Textdarstellung
Zeichnerisch überzeugt Fructus voll und ganz. Er ist ein Meister der weichen Farbverläufe und der plastischen Darstellung. Seine Artworks wirken durch die Bank sehr plastisch, sie strahlen sehr viel räumliche Tiefe aus. Fructus erreicht dies einerseits, indem er die einzelnen Ebenen mit geschickt eingesetzten Hell-Dunkel Kontrasten voneinander absetzt, andererseits, indem er die Formgebung mit gekonnt gesetzten Linien verstärkt und hervorhebt. Auch die Perspektive ist oft so gewählt, dass sie den räumlichen Tiefeneindruck zusätzlich unterstützt. Es gibt hier allerdings auch leichte Einbrüche in der Güte der Zeichnungen, dies fällt aber nur bei genauerer Betrachtung ins Auge.

Die Farbgebung ist lebendig und abwechslungsreich. In Thorinth (der Turm ist gemeint) gibt es immer wieder Bereiche, in denen verschiedene Farbtöne dominieren. Der Bereich, in dem unsere Hauptfigur zuerst landet, wird von Grün und Braun dominiert. Ein Teil der Straßen und Gänge hingegen ist überwiegend in Blautönen gestaltet. Die Pellegen tragen zumeist rote Soutanen, wenn sie in Gruppen auftreten, bilden sie einen dominanten Farbklecks, der überall im Turm deutlich in den Vordergrund rückt. Im großen und ganzen jedoch dominieren verschiedene Brauntöne das Erscheinungsbild.

Die Textgestaltung entspricht dem Genrestandard. Alles ist in Grossbuchstaben abgedruckt, die Schriftart die gleiche wie in allen anderen Comics der höheren Preisklasse. Die Anordnung der Texte ist stets gelungen und gibt keine Rätsel auf. Das Seitenlayout ist ebenfalls nicht weiter erwähnenswert. Der farbige Druck ist weiss umrahmt und zwischen den einzelnen Bildern sind ebenfalls dünne weisse Rahmen. Die Anordnung der Zeichnungen wird stets in Rechtecken vorgenommen, auch ganzseitige und halbseitige Illustrationen sind vertreten.

Aufmachung des Comics
Thorinth wird in gewohnt guter Splitter Qualität verlegt. Die Buchdeckel sind aus stabilem Karton, die glänzend bedruckt wurden. Das Covermotiv zeigt Esiath, die Architektin von Thorinth - dem Turm der Narren, zwischen ihren Händen schwebt ein Klumpen Lehm. Im Hintergrund steht Amodef, der Schöpfer von Thorinth, der hilflos ihrem Treiben zusieht. Es stimmt in idealer Weise auf den Zeichenstil und die Architektur, die man im Innern vorfindet, ein. Wer sich ein ausführlicheres Bild vom Zeichenstil machen möchte, der sollt die Website des Splitterverlags besuchen, denn Splitter stellt zu den allermeisten Comic ausführliche Leseproben online. www.splitter-verlag.eu lautet die Adresse, sie ist auf jeden Fall einen Besuch wert.

Das Vorsatzpapier ist in Grüntönen gehalten, hier sind architektonische Details aus dem Buch dargestellt. Das verwendete Papier ist seidenmatt und von guter Qualität. Es macht einen stabilen und griffigen Eindruck. Die Druckqualität ist von hohem Niveau, auch hier gibt es rein gar nichts zu meckern. Bei der Bindung handelt es sich um handwerklich gut ausgeführte Klebebindung. Zusatzinhalte gibt es in diesem Comic keine.

Fazit
Thorinth hat viele gute Ansätze, diese können sich aber an keiner Stelle richtig entfalten. Die Story bleibt oberflächlich und es ist unmöglich eine Aussage darüber zu machen, wie sich die Handlung weiterentwickeln könnte. Der nächste Band wird hier vermutlich aufschlussreicher sein. Zeichnerisch gibt es nichts zu bemängeln, Fructus hat seinen eigenen Stil gefunden, der ihn deutlich von seinen Kollegen unterscheidet. Hier kann man nur sagen, weiter so. (Grafik und Layout 5 Sterne/Inhalt 2,5 Sterne)