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Kategorie: Krimis

Warum er bei einem harmlosen Bootsausflug überfallen wird, das ist für Constantin – einst Fotograf, inzwischen Fischer – so undurchsichtig wie der Sud einer Bouillabaisse. Das muss eine Verwechslung sein! Doch als man bei der Leiche einer zerstückelten Frau den Schnipsel eines Fotos mit seinem Stempel auf der Rückseite findet, ordnet sein Freund und Kommissar Philippe Mateis Polizeischutz für ihn an. Mit Recht, denn kurz darauf explodiert eine Autobombe. Und der Fall wird immer rätselhafter. Constantin kramt in seinem Gedächtnis und in seinem Fotoarchiv. Dort stößt er auf eine Spur, die ihn tief in die Vergangenheit der Stadt Marseille führt …

 

  Autor: Gilles del Pappas
Verlag: Blanvalet
Erschienen: 2009
ISBN: 978-3-442-36938-6
Seitenzahl: 275 Seiten


Die Grundidee der Handlung
Constantin, genannt ‚der Grieche’, ist mit einem befreundeten Paar in seinem alten Engatseur, ein typisches Marseiller Fischerboot, vor der Küste seiner Heimatstadt unterwegs. Jean-Michel hat ihm das Boot damals abgekauft, als er nach dem Tod seiner geliebten Juliette nicht mehr auf die Beine kam und drauf und dran war alles zu verlieren. Einzig der Alkohol und die Erinnerung waren ihm geblieben. Und jetzt, gerade als er wieder anfing Mut zu schöpfen, die Vergangenheit zu verarbeiten, wollten ihm zwei Spinner ans Leder. Fit war er noch immer, er konnte ihnen entkommen, fürs Erste. Nachdem sein Freund, Kommissar Mateis, ihn zu einem Tatort holte, an dem eine verstümmelte nackte Frau und ein Bildschnipsel mit Constantins Stempel gefunden wurde, explodierte nur kurz darauf eine Bombe in Mateis Wagen vor Constantins Haus und der Bombenleger überrascht ihn auch noch in seiner Wohnung. Zum Glück war Claudia, eine hübsche, sommersprossige Inspektorin, nicht weit und rettete den Griechen erneut. Doch was war eigentlich los? Wer wollte ihm da ans Leder? Zu seinem eigenen Schutz wurde er bei Claudia untergebracht und Constantin erfuhr seit langem wieder, was Liebe heißt. Nur sollte auch diese Liebe nicht lange währen. Claudia starb in seinen Armen nachdem, sie ihm erneut das Leben gerettet hatte. Zusammen mit Mateis macht er sich auf die Suche nach dem Grund dieser Überfälle. Dabei decken beide eine dramatische Geschichte aus der Besatzerzeit Marseilles auf, in die der Grieche nur durch einen dummen Zufall gestolpert war. Wie hängt das alles zusammen? Und wer steckt wirklich dahinter?


Stil und Sprache
Gilles del Pappas verfrachtet seine Krimi-Reihe in das mediterrane, provinziale Umfeld Marseilles; diesem Schmelztiegel unterschiedlichster Nationalitäten, die sich hier zu treffen scheinen. Mit extrem atmosphärischen Beschreibungen der Szenen in und um die Hafenmetropole erschafft er eine warme Aura, die den Leser, während er die Lektüre verschlingt, umgibt. Ihm gelingt dies so authentisch, dass einem die Gänsehaut kommt, wenn der kalte Mistral durch die Gassen fegt oder der Schweiß von der Stirn rinnt, wenn die Mittagshitze zwischen den Häuserschluchten an die geöffnete Tür eines Backofens erinnert. Dieses besondere Flair Marseilles und die Liebe Gilles del Pappas zu dieser Stadt sorgen für ein Lokalkolorit, das den Leser zum träumen bringt. Dabei kombiniert er gekonnt seine einfache, zielgerichtete Sprache mit den Eigenheiten des typischen Marseiller Slangs. Anfänglich ist dies noch schwierig zu verstehen, aber neben der Möglichkeit, im Glossar die Begriffe nachzuschlagen, profitiert der Leser schnell davon, dass die Ausdrücke sich selbst im Text erklären. Auch seine kapitelweisen Zeitsprünge sind nicht störend, sondern fügen sich nahtlos in das Gesamtbild ein, sorgen sogar mit dafür, die Spannung in der Atmosphäre der Geschichte zu erhöhen. Auch wenn bei Constantins 2. Fall die eben erwähnte Spannung gegenüber seinem Debüt nachgelassen hat, ist die Geschichte durch rohe, nackte Gewalt und die nichts verschönigende Sprache an der Grenze zum Thriller zu sehen. Also definitiv nichts für zart besaitete Leser.


Figuren
Seine Charaktere sind durchweg Originale. Typische Marseiller - zumindest in der Vorstellung des Lesers. Verträumt aber prinzipientreu, ihrer Heimat verbunden, wie Pflanzen, die bei einem Standortwechsel eingehen würden. Ob nun Constantin, Phillippe Mateis oder auch Esther, seine bereits aus dem ersten Fall bekannte Nachbarin - alle sind mit ihrer Vergangenheit stark verbunden und auch belastet. Constantin hat Juliette, seine große Liebe doch an den Geist der Drogen verloren und hat seit ihrem Tod keinen richtigen Ansporn mehr, das Leben zu genießen. Auch an seinem Freund, dem Kommissar Mateis, ist die Geschichte von damals nicht spurlos vorüber gegangen, seine Frau hat ihn verlassen und mehr als einmal hat er bereits darüber nachgedacht, alles hin zu schmeißen. Gerade den Anfang des Buches beherrschen die trübsinnigen Gedanken und Stimmungen von Constantin, der aber später durch Claudias Hilfe auf den Weg zur Normalität zurück findet. Besonders bedrückend ist die Geschichte, die der Leser über die freundliche, immer hilfsbereite Esther erfährt. Umso mehr beeindruckt dann auch, wie lebensfroh diese alte Dame doch ist.
Rundherum sorgen also nicht nur seine Szenen-Beschreibungen, sondern vor allem die Ausarbeitung seiner Figuren für die tiefgründige leicht düstere Stimmung.


Aufmachung des Buches
Das Cover des Taschenbuches zeigt in dunkler Umrandung einen Orange-braunen Gecko, der über in leuchtendem Grün angestrahlte Ornamente krabbelt. Am Ende des Buches findet sich ein Glossar über die im Text benutzten typischen Marseiller Ausdrücke. Das Buch kann, wie auch schon Constantins erster Fall, als Eyecatcher bezeichnet werden.


Fazit
Gilles del Pappas scheint den Spagat zwischen den typischen französischen ‚Krimi noir’, also einem Krimi mit unglücklichem Ende, und dem klassischen Krimi zu schaffen. Auch wenn die Spannung gegenüber seinem ersten Fall nachgelassen hat, ist die Atmosphäre immer noch atemberaubend. Sehr lesenswert!


4 Sterne


Hinweise
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Backlist
Fall 1: Der Kuss der Muräne