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Seit Lucian Argeneau seine Familie verloren hat, verleiht nur noch die Jagd auf abtrünnige Vampire seinem Leben einen Sinn. Da trifft er Leigh, die gegen ihren Willen gewandelt wurde und nun in das Dasein als Unsterbliche eingeführt werden soll. Schon bald stellt Lucian fest, dass die temperamentvolle Leigh ihn nicht kalt lässt ...

 

 

Autor: Lynsay Sands
Verlag: Egmont Lyx
Erschienen: Dezember 2009
ISBN: 978-3-8025-8254-7
Seitenzahl: 384 Seiten 


Die Grundidee der Handlung
Mit seinen mehr als 3000 Jahren ist Lucian Argeneau einer der ältesten, noch von Atlantis stammenden Vampire. Beim Untergang des Inselreichs verlor er Frau und Kinder, was ihn zum Einzelgänger werden ließ. Sein Lebensinhalt besteht ausschließlich aus dem Schutz der Familie seines verstorbenen Zwillingsbruders Jean Claude, sowie dem Jagen und Eliminieren von Vampiren, die die Gesetze des Rates, dem Lucian ebenfalls angehört, überschreiten. Er ist mit zwei Mitarbeitern in Kansas City unterwegs, um dem Abtrünnigen Morgan das schmutzige Handwerk zu legen. Denn dieser erschafft, was strengstens verboten ist, wahllos Jungvampire und schart sie um sich. Auch die Restaurantbesitzerin Leigh überfällt er auf dem Nachhauseweg und verschleppt sie in ein altes Gebäude. Als Lucian und seine Jäger auftauchen, um Morgans Nest auszuräuchern, treffen sie auf die junge Frau, die gerade im Begriff ist zur Vampirin zu werden. Lucian nimmt sich ihrer an. Er bringt sie nach Toronto, um sie bei seiner Schwägerin Marguerite abzugeben, damit Leigh von ihr durch die Wandlung geleitet und in das Leben einer Unsterblichen eingeführt wird. Doch Marguerite befindet sich kurz vor der Abreise nach Europa. Also bleibt die schwierige Aufgabe an dem griesgrämigen Vampir hängen.
Nachdem Leigh als Frischgewandelte erwacht, sieht sie sich einem mürrischen und wortkargen Lucian gegenüber. Dass er das Aussehen eines Adonis besitzt, bleibt ihr neben all ihren Problemen nicht verborgen. Und während er allmählich auftaut, findet Leigh mehr und mehr Gefallen an ihm. Der Vampir stellt fest, dass er sie nicht lesen kann – ein untrügliches Zeichen, dass sie seine Seelengefährtin ist. Etwas unbeholfen, weil er nach hunderten von Jahren aus der Übung gekommen ist, umwirbt er sie. Und es bleibt nicht aus, dass er sich in Leigh verliebt. Diese sträubt sich noch gegen ihre aufkommenden Gefühle, da taucht plötzlich eine Gefahr aus unvorhergesehener Richtung auf: Morgan, dem die Flucht aus seinem brennenden Domizil gelang, will Leigh zurückholen …


Stil und Sprache
Ich bin wirklich überrascht, dass Lynsay Sands bislang nicht die Ideen ausgingen. In jedem Teil der Serie findet ein anderes Mitglied der großen Argeneau-Familie seinen Seelengefährten, und im Grunde müssten sich die Geschichten ziemlich gleichen. Doch Sands gestaltet jedes Buch abwechslungsreich und fügt neben dem Hauptthema kleinere Handlungsstränge ein, sodass keinerlei Langeweile aufkommt. So ist es auch im vorliegenden Band. Wem allerdings an spannenden Szenen und überraschenden Wendungen gelegen ist, der wird sich nach dem unterhaltsamen Einstieg über etliche Seiten hinweg gedulden müssen. Etwa die Hälfte des Buches beschäftigt sich mit Leighs Wandlung, ihrem Einfinden in ihr neues Dasein und dem gegenseitigen Erforschen und Annähern der beiden Hauptfiguren. Dennoch kann ich diese Sequenzen nicht als Durstrecke bezeichnen, da sie interessant erzählt und mit Sands‘ unvergleichlichem Humor gespickt sind. Ein schönes Beispiel für letzteren sind die amüsanten Szenen, als Lucien zum unfreiwilligen Hundesitter von Marguerites tollpatschigem Mastiff wird. Die sich daraus ergebenden Ereignisse sind zum Schreien komisch, vergleichbar mit einigen aus dem Film ‘Scott & Huutsch‘ mit Tom Hanks.
In manchen Vampirgeschichten geht eine Wandlung zum Blutsauger relativ unspektakulär vonstatten. Nicht so in der Argeneau-Vampir-Serie. In früheren Teilen eher am Rande, erlebt man in diesem die überaus qualvolle Wandlung Leighs hautnah mit. Man hört ihre Schreie, fühlt ihre Schmerzen und ist nach ihrem Aufwachen fast ebenso schweißgebadet wie Leigh selbst.

Der Schreibstil der Autorin ist wieder überaus flüssig; im Handumdrehen hatte ich das Buch ausgelesen. Wie bei den Vorgängern entschied sie sich für die Erzählform in der 3. Person aus Leighs bzw. Lucians Sicht. Sands verfügt über ein breitgefächertes Vokabular. Beispielsweise ‘löscht‘ Lucian nicht immer das Gedächtnis mancher Menschen, sondern er ‘tilgt‘ es. Deshalb war ich etwas überrascht, als ich wiederholt auf das Wörtchen ‘stutzte‘ stieß, auf Seite 372 sogar zwei Mal kurz hintereinander. Das ließ mich in der Tat stutzen.


Figuren
Einmal mehr beweist Lynsay Sands ihre Stärke auf diesem Gebiet. Genau im richtigen Maß beschreibt sie Erscheinungsbild und Handlungsweise all ihrer Charaktere. Zudem dürfen sich nicht nur die Haupt- sondern einige der Nebenfiguren entwickeln. Und selbst den nebensächlichsten Randfiguren, wie etwa den von Lucian bestellten Putzfrauen, einer Verkäuferin im Bekleidungsgeschäft oder einem jungen Buchverkäufer, haucht sie mit wenigen Worten Leben ein.

Auch wenn man es ihm nicht ansieht: Lucien ist – nach eigenen Angaben – Äonen alt. So ist es nicht verwunderlich, dass für ihn Dinge wie Sex oder Essen schon vor langer Zeit ihren Reiz verloren haben. Als er nach längerem Zaudern endlich Leigh als seine ihm zugedachte Gefährten akzeptiert, plagen ihn plötzlich Sorgen ganz anderer Art: Wie umwirbt man eigentlich eine Frau? Oder: Funktioniert ‘Klein-Lucian‘ nach fast 2000 Jahren überhaupt noch? Lucian macht eine überaus einschneidende Entwicklung in kleinen nachvollziehbaren Schritten durch: Vom stets schlecht gelaunten, furchteinflößenden Despot zu einem Unsterblichen mit Schmetterlingen im Bauch. Dass er zuweilen in alte Gewohnheiten zurückfällt, beispielsweise als nörgelnder Beifahrer, macht die Figur umso realer. All seinen Bemühungen zum Trotz stößt er bei seiner Angebeteten auf Widerstand. Wie er letztlich damit umgeht, ließ ihn mir noch mehr ans Herz wachsen.

Nach ihrem Erwachen als Vampirin fügt sich Leigh recht schnell in ihr Schicksal. Zunächst ist Lucian mürrisch und wortkarg, womit sie aber gut umzugehen weiß. Beharrlich kitzelt sie ihm jede einzelne Information über ihr neues Dasein aus den muskelbepackten Rippen. Rasch erkennt sie den empfindsamen Kern unter der abweisenden Schale, das Zurückschrecken vor emotionaler Bindung, aus Angst, er könne nach dem Tod seiner Familie vor drei Jahrtausenden erneut eine geliebte Person verlieren. Ganz allmählich verliebt sie sich in ihn. Doch sie möchte es langsam angehen. Nur allzu verständlich, entfloh sie doch vor einigen Jahren einer brutalen Ehe und ist noch nicht bereit, ihre Unabhängigkeit aufzugeben. Leigh ist eine charakterstarke, intelligente und glaubwürdige Heldin, die weiß was sie will.
Leigh und Lucian ergänzen sich aufs Vorzüglichste, passen wie der berühmte Topf und sein Deckel herrlich zusammen.

Ein paar gute Bekannte, wie Lissianna und Greg, sowie Rachel und Etienne mischen abermals mit. Marguerites Brut – wie Lucian deren Kinder und Schwiegerkinder zu nennen pflegt – kommt einmal mehr sehr sympathisch daher, wobei insbesondere Rachel Eindruck schindet. Sie macht keinen Hehl daraus, dass sie den Onkel ihres Mannes nicht mag, weil er sie einst bedrohte. Doch lässt sie sich eines Besseren belehren, denn wie Leigh blickt auch Rachel hinter seine schroffe Fassade. Der bislang so lockerflockige Thomas offenbart eine nachdenkliche Seite seines Wesens, die ihn in einem neuen, erwachsenen Licht erscheinen lässt.
Sobald Lucians Nichten und Neffen ihre vorsichtige Zurückhaltung ihm gegenüber ablegen, beginnen sie auch schon mit offenkundigen Kupplungsversuchen. Scheint wohl in der Familie zu liegen. Ein Gedankengang, der mich auf direktem Weg zu Marguerite führt. Abgesehen von einem kurzen Auftritt und einem Telefonat mit Lucian glänzt sie dieses Mal durch Abwesenheit. Apropos: Auch Bastian findet man einige Male lediglich am anderen Ende der Strippe.

Lynsay Sands kommt mit einer relativ kleinen Anzahl neuer Charaktere aus, was der Übersichtlichkeit ungemein zuträglich ist. Neben Donald, einem ehemaligen Angestellten Leighs und jetzigem Vampir, sind dies Lucians Mitarbeiter Mortimer und Bricker. Letzterer plaudert ein wenig aus seinem privaten Nähkästchen und macht damit neugierig auf sein eigenes Buch, das sicherlich nicht allzu lange auf sich warten lässt. Der ununterbrochen sabbernde faltengesichtige Mastiff Julius sollte ebenfalls Erwähnung finden, denn mit seiner gutmütigen Tollpatschigkeit sorgt er für nicht wenige Lacher.

Kaum eine gute Geschichte kommt ohne Antagonist aus. Diese Rolle übernimmt Morgan, ein betagter Vampir, der vor Kurzem erst auf die schiefe Bahn geriet. Über ihn erfährt man, neben seinem abstoßenden Äußeren, aus welchen Gründen er abtrünnig wurde, was ihn zwar nicht unbedingt sympathischer, seine Handlungen aber nachvollziehbar macht.


Aufmachung des Buches
Mir liegt eine kartonierte Klappenbroschur mit der für die Serie typischen Covergestaltung vor. Erneut harmonieren optische Aufmachung und Buchinhalt wundervoll. Dieses Mal geht die Sonne im Hintergrund in Pink- und Rosatönen unter. Die Stadtsilhouette um unteren Rand wurde leicht verändert. Simpel und einfallsreich zugleich weiß mich das Vordergrundmotiv einmal mehr zu begeistern. Eine mit einem Kreuz versehene geöffnete Nagellackflasche, daneben der Verschluss mit Pinsel und die sich darüber befindlichen blutroten Nagellackspuren erwecken den Eindruck, als wäre die Besitzerin bei ihrem Versuch, ein Herz zu malen, durch irgendwas oder –wen gestört worden.

Im Innenteil finden sich 19 Kapitel, ein Epilog und – erstmalig – ein zweiseitiger Argeneau-Stammbaum. Eine hervorragende Idee, wie ich finde, denn anhand dieser Auflistung gewinnt man einen Überblick über die recht große Familie.


Fazit
Eine Vampir-Liebesgeschichte, die zwar nicht vor knisternder Spannung strotzt, dafür aber viel Humor, spritzige Dialoge und wundervolle Charaktere aufweist. Vergnügliche Unterhaltung, verpackt in ein tolles Cover. Was will man mehr?


4 5 Sterne


Hinweise
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Backlist:
Band 1: Eine Vampirin auf Abwegen
Band 2: Verliebt in einen Vampir
Band 3: Ein Vampir zum Vernaschen
Band 4: Immer Ärger mit Vampiren
Band 5: Vampire haben´s auch nicht leicht

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