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Kategorie: 1100 – 1250 Hochmittelalter (Gotik)

Frankreich, um 1241: Einmal in seinem Leben will der Glasmaler Clèment etwas schaffen, das der Schönheit Gottes angemessen ist. Und so zieht er mit seiner Familie nach Paris, um an der Erbauung der königlichen Saint Chapelle mitzuwirken. Doch er wird diesen Traum teuer bezahlen, denn in der Kapelle der Glasmaler begegnet er Thomas, einem alten Widersacher um die Liebe von Clèments heutiger Frau Edwige. Dieser hat die damalige Zurücksetzung nie verwunden - und wittert die Gelegenheit zur Rache …

 

  Autor: Kirsten Schützhofer
Verlag: Diana Verlag
Erschienen: 05/2008
ISBN: 978-3453351523
Seitenzahl: 720 Seiten 


Die Grundidee der Handlung
Der Bau der Saint Chapelle zieht eine Menge Handwerker nach Paris und so auch viele Glasmaler, darunter auch Clèment. Seine Familie ist nicht begeistert davon, nach Paris zu ziehen, aber da es ein lang ersehnter Traum Clèments ist, bei so einem Bau mitzuwirken, gibt seine Frau Edwige nach. Als Clèment in Paris auf seinen einstigen Nebenbuhler Thomas trifft, beginnt eine schwere Zeit für die ganze Familie. Clèment aber beißt sich durch, um sich als Glasmaler der Saint Chapelle zu beweisen und kämpft hart darum, seine Familie zusammen zu halten, die ihm nach und nach zu entgleiten droht.
Aber nicht nur in den Bau der Saint Chapelle bekommt man Einblicke, sondern auch in das Leben eines jungen Jongleurs, Gishlain. Er ist auf der Suche nach sich selbst und ist sich nicht sicher, ob er das wollte, was er schließlich findet.


Stil und Sprache
Schon nach dem Lesen der ersten Sätze weiß man, dass man da ein ganz besonderes Werk in den Händen hält.
In einer selten schönen und ausdrucksstarken Sprache erzählt die Autorin nicht banal eine Geschichte, sondern nimmt den Leser mit in eine farbenprächtige, gläsern schillernde und absolut realistische Welt der Hochgotik. Der Roman ist in zwei sehr unterschiedliche Erzählstränge geteilt, die sich nur ab und an kreuzen.
Auf der einen Seite steht Clèment, der Glasmaler, mit seiner Familie und auf der anderen gibt es noch Gishlain, einen jungen Akrobaten, der nichts über seine Herkunft weiß. Ist die Geschichte von Clèment und seiner Familie durch Beständigkeit von Ort und Tätigkeit gekennzeichnet, so liefern die Erlebnisse Gishlains einen abwechslungsreichen und spannenden Gegenpart. Aber beide Erzählstränge trumpfen mit wort- und bildgewaltigen Beschreibungen. Ob es das harte Leben in Paris ist, wo der Leser eine realistische und scheinbar greifbare Welt des Mittelalters hautnah miterlebt, so sind die Erlebnisse und Abenteuer des jungen Gishlain mit überraschenden Wendungen gespickt.
Ob es um die harte und schwere Arbeit auf der Baustelle geht, das Leben und die Vorlieben der reichen Gesellschaft oder den mühselige Kampf ums Überleben der armen Bevölkerung, wird einem mit schier plastischer Zeichnung die Realität wie in einem Kinofilm präsentiert. Ein Farbspektakel welches in Sprache und Erzählstil seinesgleichen sucht.
Exakt wird einem das Entstehen der Saint Chapelle gezeigt und man erlebt mit, wie der Bau wächst. Die filigrane und genaue Arbeit der Glasmaler setzt sich in Farben und Pracht zusammen, als sähe man durch ein Kaleidoskop.
Die perfekte Recherche der Autorin wird man spätestens dann bestätigen können, wenn man selbst die Saint Chapelle in Paris besucht.


Figuren
Es sind mehrere Protagonisten und auch Antagonisten um die sich die Geschichte dreht. Aber eines haben alle Figuren gemeinsam: sie sind alle mit so viel Empathie gezeichnet, dass die Autorin es ohne Probleme dem Leser überlassen kann, ob ihm die Figur sympathisch ist oder nicht. Kirsten Schützhofer erzählt nicht ihre Sicht dieser Geschichte, sondern nimmt den Leser nur leicht bei der Hand und führt ihn durch die Geschehnisse, damit er sich selbst ein Urteil bilden kann.
Sie versteht es, den Traum Clèments, seine Wünsche und Ziele ebenso nachvollziehbar zu zeigen, wie die ersten Liebesgefühle und Empfindungen seiner Tochter Lise oder die Suche nach sich selbst bei Gishlain. Niemals wirken die Figuren eindimensional, sondern sind glaubhaft und mit allen Stärken und Schwächen eines Charakters ausgestattet.
Keine Figur, und begleitet sie die Geschichte noch so kurz, ist eintönig und blass, sondern mit prägnanten und charakteristischen Details zum Leben erweckt.
Vom kleinen Bauarbeiter, den jungen unbeholfenen Lehrlingen über den Baumeister bis hin zum König und auch die Mutter des Königs sind alle mit derselben Akribie gezeichnet.


Aufmachung des Buches
Leider, und das ist wirklich ein großes Manko, ist dieses Buch nur als Taschenbuch verlegt worden. Bei einem Buch dieser Qualität würde man sich über ein schönes Hardcover mit Lesebändchen freuen!
Das Motiv am Umschlag könnte passender nicht sein. Im Hintergrund sieht man ein Fenster mit Bleiverglasungen, welches in schönen Blau- und Rottönen bemalt ist. Davor steht eine hübsche junge Frau in einem dunkelblauen Kleid im Stile des Mittelalters.
Der Roman ist in sieben Teile mit Jahreszahlen gegliedert die wiederum in Kapitel unterteilt sind. Auf der ersten Seite findet man ein Interview mit Kirsten Schützhofer, eine Kurzbiographie und die Autorin hat das Buch noch mit einem Nachwort, einem Glossar und mit den Eckdaten über den Bau der Saint Chapelle ergänzt.


Fazit
Ein Buch, welches ein Highlight in Sprache und Erzählstil ist. Ein Stern in der Fülle und Masse seichter historischer Romane. Nicht nur für Liebhaber dieses Genres ein Genuss, sondern für alle Leser, die anspruchsvolle und sprachlich hochwertige Romane lieben. Ein absolut empfehlenswerter Roman!


5 Sterne


Hinweise
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