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Kategorie: Boys Love

Masahiro ist Manager in einer Model-Agentur und wird von seinem Chef beauftragt, sich um ein neues Möchtegern-Model zu kümmern. Yoshimi Suda will nur deshalb Model werden, weil er hofft, dadurch berühmt zu werden. Er ist erst sechzehn Jahre alt, besucht noch die Oberschule und ist sehr arrogant. Für einen Laien stellt er sich beim Modeln zwar gar nicht so dumm an, aber er benimmt sich wie ein verwöhnter Bengel – kein Wunder, als Sohn des Vizedirektors einer großen Bank. Doch als er erfährt, dass Masahiro mit dem Topmodel Akito zusammen ist, bedrängt Yoshimi Masahiro, ihm den Sex mit Männern nahe zu bringen …

 

 

Autor: Masara Minase
Illustrationen: Masara Minase
Verlag: Carlsen Manga
Erschienen: Januar 2010
ISBN: 978-3-551-77803-1
Seitenzahl: 169 Seiten
Altersgruppe: ab 16 Jahren

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Die Grundidee der Handlung
Yoshimi ist es gewohnt, immer alles zu bekommen was er sich in den Kopf setzt, deshalb denkt er nun, dies müsse bei seiner Modelkarriere genauso laufen. Kaum ist seine persönliche Mappe fertiggestellt, möchte er schon die begehrtesten Jobs haben, wie sie Japans Topmodel Akito erhält. Seinem Manager Masahiro Kuniyoshi geht er mit diesem selbstgerechten Auftreten gehörig auf die Nerven. Kein Wunder, dass bei jedem Aufeinandertreffen zwischen den Beiden nur so die Funken sprühen. Vom Ideenansatz her, hätte man damit eine wirklich gute, flott zu lesende Geschichte aufbauen können, doch leider ist sie der Starmangaka Minase total entgleist. Es gibt hier nämlich ein paar Ungereimtheiten, über die man meiner Meinung nach kaum hinwegsehen kann:

Als Grünschnabel Yoshimi am Ende des 1. Kapitels von Kuniyoshis Homosexualität erfährt, reagiert er entsetzt und äußert sich abfällig darüber, doch bereits kurze Zeit später, im nächsten Kapitel, nötigt er Kuniyoshi aus heiterem Himmel, mit ihm zu schlafen oder - um es in Yoshimis Worten auszudrücken - "ihm beizubringen, wie man mit einem Mann schläft". Ich war beim Lesen wie vor den Kopf gestoßen und konnte mir absolut keinen Reim machen, auf was Yoshimi hinauswill. Die Autorin selbst lässt den Leser im Dunkeln tappen. Zwangsläufig verfolgte ich das weitere Geschehen mit deutlicher Distanz, als würde ich einem miesen Possentheater beiwohnen. Die zum Ende hin gelieferte Erklärung machte mir Yoshimis Verhalten rückwirkend trotzdem nicht transparent, denn sie kam mir recht fadenscheinig und unglaubwürdig vor. Mir drängt sich der Gedanke auf, Masara Minase wollte (oder musste) auf Teufel komm raus einen Yaoi mit möglichst vielen Sexszenen zeichnen, weil man dies von ihr erwartet, obwohl der Sex hier konträr zum Plotaufbau wirkt.

Genauso widersprüchlich wird Kuniyoshis und Akitos intimes Verhältnis dargestellt. Im zweiten Kapitel ist dieses noch ein großes Geheimnis, von dem man hinter vorgehaltener Hand tuschelt und im vierten Kapitel fallen sich Akito und Kuniyoshi in Yoshimis Gegenwart stürmisch in die Arme, obwohl Akito keinen blassen Schimmer hat, wer Yoshimi eigentlich ist. Verhält man sich so vor einem Fremden, wenn man ein gut gehütetes Geheimnis bewahren will?


Beurteilung der Zeichnung / Textdarstellung
Auch wenn Handlung und Charakterzeichnung deutlich zu wünschen übrig lassen, so gibt es an Masara Minases grafischer Umsetzung nur wenig zu bemängeln. Ihre große Stärke liegt eindeutig in der Darstellung ihrer männlichen Protagonisten. Die Gesichter der Hauptcharaktere sind augenfällig schön, mit weichen, teilweise feminin anmutenden Zügen, an denen Frau sich nicht sattsehen kann - Masara Minase setzt sie aber auch oft genug wortwörtlich 'groß' in Szene. Mit einer unglaublichen Variantenvielfalt bringt sie anhand der Augen und der Mimik Gefühle zum Ausdruck. Hierbei kommen nicht nur verschiedenste zeichnerische Mittel zum Einsatz, mithilfe von Rasterfolie werden zusätzlich schöne Schatten- und Tiefeneffekte erzielt, welche die Zeichnungen insgesamt auf ein sehr hohes Niveau katapultieren. Auch die Körperproportionen sind gut gelungen, egal ob mit Kleidung oder ohne, die drei Hauptakteure werden immer perfekt in Szene gesetzt: Masahiro Kuniyoshi eher klein, schmal und feingliedrig, Yoshimi und Akito dagegen beide groß, breitschultrig, mit durchtrainiertem Oberkörper, sexy Sixpack, flachem Bauch, schmalen Hüften und langen Beinen.

Wie schon erwähnt, darf man in "Der beste Liebhaber" auch mit einigen Erotikszenen rechnen, wobei der Geschlechtsakt selbst zwar gezeigt wird, aber in einem ästhetischen und nicht pornographischen Rahmen. Das zeichnerische Hauptaugenmerk liegt auf den Gesichtern der Akteure und weniger bei den Zonen unterhalb der Gürtellinie, daher geht die Altersempfehlung des Verlages ab 16 Jahren meiner Meinung nach in Ordnung. Auch in diesen Szenen spiegelt sich mein Gesamteindruck wieder: die zeichnerische Darstellung ist sehr gut, inhaltlich jedoch nur schwer nachvollziehbar und total unrealistisch. Deshalb wirkte das Ganze auf mich statt gefühlvoll nur hölzern und blutleer.

Als einziger zeichnerischer Schwachpunkt sehe ich die Hintergrundgestaltung. Obwohl ich minimalistische Hintergründe nicht unbedingt verurteile, denn damit konzentriert sich der Blick des Lesers  automatisch mehr auf die Akteure, was ja eigentlich positiv ist, so geht Masara Minases Zurückhaltung hier an manchen Stellen zu weit, so dass man sich dran stört. Es kommt z.B. mehrmals vor, dass Bilder/Fotos an der Wand hängen, die nur als große, leere Rechtecke dargestellt sind. In dem Fall hätte man aufgrund der Größe wenigstens skizzenhaft Motive andeuten sollen. Einmal ist es sogar richtig befremdlich, weil Yoshimi mit dem Finger auf ein Bild zeigt und fragt, ob der Abgebildete Akito sei.

Farblich hält der Manga perfekt die Balance zwischen Hell und Dunkel. Die Gestaltung und Anordnung der Szenebilder ist variantenreich und wirkt z.B. mit diagonalen Zuschnitten und übereinandergesetzten Bildern sehr ansprechend. Die Sprechblasen sind den Personen immer eindeutig zuzuordnen, jedoch wird einem das Lesen mit einer kleinen, dünnen Schrift erheblich erschwert.

Ein großes Lob gebührt der sensiblen Übersetzung, die die japanischen Anredeformen "-san", und "-kun" hier original belassen hat. Da die Japaner mehr und differenziertere Anreden haben als wir Deutschen, sind Grad oder Art der Beziehung zwischen den Figuren für versierte Mangaleser gut anhand der Anredeformen herauszulesen. Werden diese 'verdeutscht', sind verfälschte Darstellungen bzw. Interpretationen oft unvermeidlich. Wünschenswert wäre allerdings bei Verwendung der japanischen Anreden eine Erläuterung mittels Fußnoten oder Glossar, was hier leider nicht der Fall ist. So wird sich z.B. allein aus der Handlung für Manganeulinge wohl kaum erschließen, warum Masahiro Kuniyoshi mal "Kuniyoshi-kun" und dann wieder "Kuniyoshi-san" angesprochen wird. Ich stelle in letzter Zeit immer häufiger fest, dass solche Erklärungen – die vor einigen Jahren noch selbstverständlich waren – weggelassen werden. Natürlich haben sich Mangas mittlerweile in Deutschland etabliert, aber es kommen doch immer neue Leser dazu, denen dieses Wissen fehlt, deshalb kann ich die Handhabung der Verlage nicht ganz nachvollziehen.


Aufmachung des Comics
Der Manga ist als Taschenbuch in der normalüblichen Größe aufgelegt. Auf dem Titelbild ist Masahiro Kuniyoshi zu sehen. Die beige-naturweiße Kolorierung des Covers ist für meinen Geschmack zu unscheinbar und blass, fast schon lieblos ausgefallen. Hier hätte man ruhig ein wenig dicker auftragen können, vergleichsweise dazu schneiden die Schwarz-Weiß-Illustrierungen der fünf Kapiteldeckblätter fast schon 'bunt' ab, weil sie weitaus wirkungsvoller sind. Auf der Buchrückseite ist im oberen Drittel eine Inhaltsangabe abgedruckt, darunter befindet sich eine Farbillustration in Beige-Natur-Braun mit Masahiro und Yoshimi, die sich argwöhnisch beäugen. An diesem Bild fällt einem sofort Masahiros unnatürliche, krebsrote Hautfarbe ins Auge, der aussieht, als ob er zu lange in der Sonne gelegen hätte. Vor dem ersten Kapitel wurde dem Band ein ganzseitiges Farbbild auf mattglänzendem Papier mit Masahiro und Yoshimi beigefügt, auf dessen Rückseite die Wiederholung des Titelbildes den Untergrund für das Inhaltsverzeichnis bildet. Nach den fünf Kapiteln folgt noch ein kurzes, witziges Nachwort der Autorin.


Fazit
Obgleich der Manga im Innenteil augenfällig schön, auf hohem Niveau, mit nur unerheblichen Schwächen in den Hintergründen gezeichnet ist, konnte er mich im Gesamten wegen Ungereimtheiten im Handlungsaufbau und manchmal schwer nachvollziehbarem, unrealistischem Handeln der Akteure letztendlich nicht überzeugen. Aber es soll ja genügend Leute geben, die Mangas hauptsächlich der Zeichnungen wegen kaufen und lesen, die könnten durchaus über die genannten Schwächen wohlwollend hinweg sehen. Und wer weiß, vielleicht lehrt uns die renommierte Masara Minase im weiteren Serienverlauf noch eines besseren? Dass sie eine exzellente Mangaka ist, hat sie mit anderen Werken (die leider noch nicht in Deutschland lizensiert sind) schon mehr als einmal unter Beweis gestellt.


3 Sterne


Hinweise
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