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Und der Tag wird kommen.

Der Tag, an dem er die Welt durchmessen wird. Er wird weder Vater noch Mutter haben. Er wird keine Kindheit erlebt haben. Ein Nomade, ein Krieger, von allen gefürchtet. Er wird als Erwachsener geboren werden, ohne durch seine Abstammung mit den Göttern verbunden zu sein. Und die Götter werden sich von ihm abwenden. Geblendet werden sie ihn nicht sehen. Ihre Macht, so gewaltig sie auch ist, wird ihn nicht treffen. Und er wird sich gegen die Götter erheben. Und er wird versuchen, sie zu töten, ihre Macht zu brechen und sie zu zermalmen in einer Wolke aus Staub. Ein Mann ohne Kindheit. Ohne Vater und Mutter. Sogar ohne Namen.

Und jener Tag wird kommen.

 

  Autor: Kurt Busiek
Illustration: Mario Alberti
Verlag: CrossCult
Erschienen: 04/2008
ISBN: 978-3-936480-64-1
Seitenzahl: 48 Seiten
Altersgruppe: ab 16 Jahren (Verlagsempfehlung)


Die Grundidee der Handlung
Lange nach der Katastrophe einer hochzivilisierten Welt sind die Ahnen der Überlebenden in einen fast bronzezeitlichen Zustand zurückgefallen. Sie jagen und sammeln, um zu überleben, und beten Götter an – das hochtechnologische Wissen von einst ging verloren. In dieser Zeit wird eine Gruppe aus dem Dorf Etrina von Sklavenhändlern gejagt und findet eher zufällig die Stätte der Alten, ein gigantisches Labor zur Züchtung von Lebewesen. Dort treffen sie auf denjenigen, den sie Redhand nennen – einen so geschickten wie brutalen Krieger, ohne Wissen, ohne Erinnerungen, gezüchtet in einer Reagenzkammer. Redhand begleitet die Gruppe in ihr Dorf, lernt sprechen und versucht, seinem inneren Wesen zu entkommen. Doch eine düstere Prophezeiung verfolgt ihn und lässt ihm keinen Frieden…

Mit dem ersten Band von Redhand führt Kurt Busiek den Leser in eine fiktive Welt, der ihre einstige Technologie zum Verhängnis wurde, eine Welt, in der die Menschen in der Zeit zurückgefallen zu sein scheinen. In dieser Umgebung spielt Redhand, eine Szenerie über einen Krieger auf der Suche nach sich selbst – fesselnd, faszinierend, aber auch brutal. In diesem interkontinentalen Projekt nähern sich die amerikanische und europäische Comickultur mit den jeweiligen Merkmalen aneinander an.


Beurteilung der Zeichnung / Textdarstellung
Die fremde und fiktive Welt vor der Katastrophe stellt sich in vielen Details, mit fremdartigen Bauwerken und Fahrzeugen einer überlegenen Technologie vor. Ganz leicht fällt dem Leser dieser Einstieg nicht, da auf den ersten vier Seiten keine Dialoge oder Erklärungen vorkommen. Die Zeichnungen haben einen grobskizzierten Charakter, was mitunter daran liegen dürfte, dass die Kolorierung die ursprünglichen Bleistiftskizzierungen nicht völlig zu decken vermag.

Auf der fünften Seite (im Buch Seite 7) führt eine rätselhafte Prophezeiung, offenbar auf eine alte Metallplatte geschrieben und mit einem roten Symbol unterlegt, in die Geschichte ein. Mit Beginn der eigentlichen Szenerie verlieren die Bilder das Skizzenhafte, werden exakter und deutlicher und bauen während den Ereignissen der Verfolgung der Dorfbewohner eine schaurig-düstere Atmosphäre auf. Gejagt von Sklavenhändlern, gerät der Trupp um Ator und Bioka vom Regen in die Traufe – in das Labor, die Stätte der Alten. Dort treffen sie auf den Fremden, der mit kriegerischem Geschick, Brutalität und ordentlich Blut die Sklavenhändler tötet, ja gar hinmetzelt. Szenen, bei denen man einerseits mit fiebert, andererseits die bedrohliche Stimmung zu spüren meint.

Die Figuren sind gelungen herausgearbeitet, solange sie eine gewisse Größe innerhalb eines Bildkästchens einnehmen oder das Hauptaugenmerk sind. In Übersichtsskizzen, im Hintergrund oder als größere Gruppe angeordnet, lässt die Genauigkeit nach, die Figuren sind – je nach Bekanntheitsgrad – kaum noch zu identifizieren und verlieren ihre Individualität. Gut fallen besonders die Charaktere der attraktiven Danila, aber auch der finster erscheinende Schamane Oto mit seinem Körperschmuck aus. Besonders die Augen von Redhand sind, wenn nur diese Partien hervorgehoben sind, bestechend, der auf den Betrachter geheftete Blick ist hart, die Bilder aufwendig inszeniert. Bei Ankunft im Dorf Etrina, bei der sich die Atmosphäre zu einer friedlichen Stimmung wandelt, werden Redhands Erlebnisse und seine Entwicklung zunächst zeitgerafft dargestellt, ohne dass der Leser die Lücken vermisst. Ohne Scheu bewegen sich in dieser Gesellschaft Männer wie Frauen mit unbekleideten Oberkörpern, aber auch der Liebesakt wird in einem Fall offen und auf natürliche Weise dargestellt. Aber nicht immer herrscht Frieden: nach dem Angriff auf das Dorf – von wem oder was wird nicht verraten, um der Handlung nichts vorweg zu nehmen – gleicht der Ort einem Schlachtfeld, die Zerstörung wird in einem über zwei Seiten gehendem Panorama gezeigt. Die vorherigen Kampfszenen fallen ordentlich, aber auch nicht übertrieben blutig aus, sind aber definitiv nichts für Kinder und Teenies.

Mehr oder weniger intensiv herausgearbeitet stellt sich die Landschaft dar, in der sich die Spuren der vernichteten Hochkultur mit den Bauten der Dorfeinwohner – Steinhäuser und ein grober Wachtturm aus Holz – auf natürliche Weise vereinen. Aus einem Gebäude, über dessen einstigen Zweck nur gerätselt werden kann, haben sich die Einwohner des Dorfes einen Tempel für ihre Götter gebaut. Rotbelaubte Bäume mit gräulichen Stämmen zeugen – wie die Gestaltung aller anderen Grafiken auch – von der stark reduzierten Farbpalette des Zeichners. Weitere wesentliche Details zu der Gegend gibt es nicht, das Hauptaugenmerk liegt auf anderen Inhalten. Die Bilder sind bis auf wenige Ausnahmen immer mit der jeweiligen Umgebung als Hintergrund ausgestattet, nur in drei Fällen sind die Hauptmotive mit einem weißen Untergrund versehen.

Wie für Comics üblich, fällt die Schrift in Großschrift, aber mit einem einheitlichen Schriftbild aus, nur bei Schreien wird sie fett und vergrößert dargestellt. Auf 'Soundwords' wurde soweit in europäischem Stil wie möglich verzichtet, und zeigen sich nur dort, wo sie unbedingt erforderlich sind.


Aufmachung des Comics
Der Comicband „Redhand“ ist in festem Einband und in einem etwas kleiner als A4 gehaltenen Format erhältlich. Die Verarbeitung sowohl des äußeren Kartons wie auch des Inneren kann größtenteils überzeugen, lediglich an den Knickstellen des Vorsatzpapieres vorne wie hinten zeigen sich nach dem ersten Lesen Spuren. Das Cover zeigt Redhand mit wehenden Haaren, besudelten Schwertern und blutverschmierten Händen und Armen vor dem Dorf Etrina. Aus diesem Cover lassen sich bereits der verwendete Zeichenstil, aber auch die in der Szenerie vorkommenden blutigen Inhalte erkennen. Oben rechts prangen über einem Symbol Titel und Namen der Beteiligten. Die auf der Buchrückseite vollständig angegebene Prophezeiung macht direkt neugierig auf den Inhalt.
Ergänzt wird das Werk durch zwei ausführliche Interviews mit Kurt Busiek und Mario Alberti nebst einigen Skizzen und Entwürfen des Comiczeichners.


Fazit
„Redhand“ ist die Reise in eine faszinierende und fiktive Welt, in die ein einsamer Krieger auf der Suche nach der eigenen Identität hineingeboren wird. In einem Mix aus einerseits friedlichen und stimmungsvollen, andererseits brutalen und blutigen Bildern wird seine Geschichte erzählt. Die von Mario Alberti ausgeführten zeichnerischen Arbeiten –  überwiegend anspruchsvoll, aber stellenweise auch etwas einfacher – passen hierzu und transportieren die Atmosphäre gekonnt.


4 Sterne


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