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Rex Mundi ist die Suche nach dem Heiligen Gral, verpackt in eine Kriminalgeschichte. Sie handelt von Sünde, Mord und Sühne in einer Alternativwelt, in der Magie Wirklichkeit ist und die katholische Kirche ihre weltliche Macht niemals verloren hat.

Bei der Untersuchung des Mordfalles an einem befreundeten Priester begegnet der Pariser Arzt Julien Saunière dem Herzog von Lorraine. Dieser will einen Krieg anzetteln, der zum Weltenbrand werden könnte. Aber warum? Julien ahnt nicht, in welch tödliche Gefahr er sich begibt, als er das Geheimnis des Herzogs zu lüften versucht ...

 

  Autor: Arvid Nelson
Illustration: EricJ, Jim Di Bartolo, Juan Ferreyra
Verlag: Ehapa Comic Collection
Erschienen: 11/2007
ISBN: 978-3-7704-3172-4
Seitenzahl: 176 Seiten
Altersgruppe: ab 14 Jahren (Verlagsempfehlung)


Die Grundidee der Handlung
Bei seinen Untersuchungen zu der Mordserie, der auch sein Freund Pater Marin zum Opfer fiel, arbeitet Dr. Saunière notgedrungen mit der Inquisition zusammen, um die Hintergründe zu ermitteln. Diese ergeben sich nach und nach, als er neue Spuren findet, und führen ihn in ein Netz Jahrtausende alter Intrigen und Verschwörungen – ein Geheimnis so großer Tragweite, dass es das Europa der Gegenwart völlig verändern würde.
Während dessen spielt der Herzog von Lorraine ein sehr gefährliches Spiel und versucht auf dem Weg zu „Großfrankreich“ mit den beiden Parlamenten „Haus des Schwertes“ und „Haus der Roben“ den König auszumanövrieren und zu entmachten. Ziel seiner Bemühungen scheint ein Krieg gegen die moslemischen Emirate Córdoba zu sein – mit England als Verbündeten, aber dem Preussischen, dem Heiligen Römischen und dem Ottomanischen Reich gegen sich. Droht ein moderner Kreuzzug, ein Zweifrontenkrieg von nie da gewesenen Ausmaß? Und warum ist er so versessen darauf, Europa in die Katastrophe zu führen?

War die Szenerie von Arvid Nelson bisher schon spannend, wird sie ab Band 3 gerade zu fesselnd. Nicht nur die tatsächlichen Gefahren, denen die Protagonisten begegnen, sondern auch der drohende Krieg, der wie ein dunkler Schatten über dem Frankreich der Alternativwelt liegt, lassen die Luft vor Spannung und Dramatik knistern. Dazu nehmen die Ausmaße der Verschwörung, die Nelson brillant aufbaut, ein erschreckendes und so realistisches Maß an, dass sie den Leser zum Nachdenken anregen, insbesondere über die Position der christlichen Kirche – in der Alternativ-, aber auch in unserer Welt. J. H. Williams III. (Zeichner und Autor) trifft in einem Vorwort den Nagel auf den Kopf: „Diese Serie ist voller Intrigen, Lügen, Geheimnisse, Politik, Religion und – je nach Auffassung – Ketzerei.“


Beurteilung der Zeichnung / Textdarstellung
Mit dem dritten Band von „Rex Mundi“ muss sich der Leser auf viele Änderungen einstellen – nicht nur des Layouts, dazu später mehr. Denn nachdem EricJ bisher alleine für die grafische Umsetzung der Comicreihe verantwortlich war und in den ersten beiden Kapiteln des dritten Bandes auch ist, kommen nun zwei weitere Zeichner – Jim Di Bartolo und Juan Ferreyra – hinzu, die mit ihren Stilen so stark von dem EricJs abweichen, dass es fast einem kleinen Schock gleichkommen kann, den gewohnten Stil, besonders aber die liebgewonnenen Figuren dermaßen verändert zu sehen. Über die Gründe kann man nur rätseln, ich vermute, mit dieser Maßnahme soll Rex Mundi noch einer größeren Bandbreite von Lesern zugänglich gemacht werden, was das Werk überhaupt nicht nötig hat.

EricJs Figuren kommen in dem altbekannten, zumeist exakten Stil daher, der grafisch lediglich etwas dünn wirkt. Trotzdem hat sich der Zeichner bis in die Details, die Aussehen und Charakter versinnbildlichen, gewidmet. Mit Schatten in den Gesichtszügen verleiht er den Porträtierten Bildtiefe und Ausdrucksstärke. Im seitlichen Profil betrachtet haben die Figuren wieder das Übergroße, Langgestreckte, kombiniert mit zumeist schlanken Körpern, was einen Teil seines ganz eigenen Stils ausmacht. Förmlich von innen heraus strahlt das ganzseitige Bildnis von Lohengrin im ersten Kapitel. Währenddessen lässt der Herzog von Lorraine erstmalig seine Maske fallen: bei einer heftigen Auseinandersetzung mit seiner Tochter, die ständig mit Männern anbandelt, zeigt er sein wahres Gesicht, das in einer Phase unkontrollierter Wut etwas Dämonisches an sich hat.
Auch Tiere stellt der Zeichner sehr exakt und mit großem Aufwand dar. Brücken, Mauern, Straßen und Gehsteige sind bis in jeden einzelnen Stein skizziert, stellenweise geht er bis in die Oberflächenstruktur von Holztischen und -stühlen oder Steinwänden vor. Im übrigen fallen die Gebäude wie Notre Dame oder das Anwesen des Herzogs von Lorraine einfach strukturierter aus. Viel Mühe gab sich EricJ mit den Innenräumen, z.B. dem Arbeitszimmer des Erzbischofs von Paris, das eine umfangreiche und fein wiedergegebene Ausstattung beherbergt.
Die verwendeten Farben und Kontraste sind durchaus kräftig und jederzeit angenehm, aber nicht zu grell.

Das dritte und vierte Kapitel des Buches (in der durchlaufenden Nummerierung Kapitel 15 und 16) wurde von Jim Di Bartolo illustriert. Die Umsetzung der Figuren orientiert sich zwar an den bisherigen Arbeiten EricJs,  unterscheiden sich aber prägnant im Zeichnerischen. Der zuvor ergraute Markgraf von Kastilien wurde deutlich verjüngt und verfügt nun über eine braune Gesichts- und Kopfbehaarung. Das Gesicht des Herzogs von Lorraine hat härtere Züge erhalten, ebenso Dr. Saunière, der kaum wiederzuerkennen ist. Insgesamt wirken die Charaktere skizzenhafter, so manche Nebenfigur wie die Parlamentarier gröber und dünner. Deutlich stärker, als man es bisher kannte, erkennt man die undeutlichen Bleistiftstriche und -schattierungen. Die Personen bekommen einen ganz anderen als den bisherigen Charakter. Im Hintergrund angeordnete, unwichtige Statisten sind teils nur als graue, nicht eingefärbte Silhouetten zu sehen.
Ansonsten kann an den Figuren nichts bemängelt werden, sie sind auf ihre eigene Art originell und ordentlich, bis in die Wimpern genau gearbeitet – wenn halt nicht der gravierende Bruch zum Bisherigen wäre. Die Proportionen sind normal und haben nicht die langgestreckte Art EricJs. Der Einführung des Königs ist – um ihm mehr Eindruck zu verleihen – eine ganzseitige Grafik gewidmet, bei der der Bildhintergrund inklusive der Statisten einen Effekt wie mit einem kräftigen Weichzeichnungsfilter aufweist, um den König stärker freizustellen.
Erheblich gröber und einfacher erscheinen die meisten Bauten wie Brücken, aber auch Landschaften wie der Park, hierzu passend sind die Farben matter. Wie dezidiert Di Bartolo zeichnen kann, wenn er will, beweist er z.B. an der Schatulle, die den Schädel von Johannes dem Täufer verbirgt, oder bei manchem reich verzierten Treppengeländer. Leider scheint er sein Können oft nicht voll auszuschöpfen: stellenweise, speziell beim Attentat in der Mitte des Buches, sind sowohl starke Ausschnitte von Personen, als auch Übersichten über Städte, ziemlich roh gearbeitet.
Nicht wenige Bilder haben ein Strahlen an sich wie eine Fotografie bei Gegenlicht – doch es ist wie bei vielen Effekten: werden sie überstrapaziert, verlieren sie nicht nur schnell ihren Reiz, sondern nerven sogar. Und das ist hier der Fall, denn dieses Strahlen gibt es nicht nur draußen (und da scheinbar aus allen Richtungen), sondern es dringt auch in manche Räume.

Die dritte Zeichnerin im Bunde ist Juan Ferreyra. Im Gegensatz zu ihren beiden Kollegen hat sie den mit Abstand weichsten, einen runderen und anheimelnden Stil, man erkennt die feminine Note. Die Farben sind mild und cremeartig, die Bilder kontrastärmer und wirken durch die weiche Art – sowohl bei Porträts als auch architektonischen Illustrationen – weniger scharf. Im zweiten von ihr erstellten Kapitel fallen die Arbeiten oft sehr grobskizziert und recht farbarm aus.
Nicht wenige Grafiken, so einige Szenen um den Beginn von Lorraines Feierlichkeit, wirken monochrom, da die einzig vorherrschende Farbgebung eine blaue Tönung ist. Dafür entschädigt die ganzseitige Zeichnung vom inneren des Schlosses, bei der das Auge über viele Details und Verzierungen gleiten kann. Wie man es von den männlichen Kollegen nicht kennt, sind dieses und die nächsten Bilder mit rankenden Ornamenten an den Bildrändern verziert und gerahmt – vielleicht Details für weibliche Leser, mir gefiel dies nicht sonderlich.
Ferreyra gelingt es deutlich besser, aus Isabelle Plantard de St. Clair die Schönheit zu machen, die sie vermutlich sein soll, was die männlichen Zeichnern bisher nicht so gut herüber brachten. Dafür erreicht sie das bei Dr. Tournon – im Gegensatz zu EricJ – nicht, die attraktive Ärztin mit der speziellen, geheimnisvollen und erotischen Ausstrahlung verliert unter der zeichnerischen Feder von Ferreyra.


Aufmachung des Comics
Wie bereits angedeutet, hat sich auch bei der Aufmachung des Comics einiges geändert. Dies erkennt man schon direkt am Cover, das nicht mehr von EricJ, sondern Juan Ferreyra erstellt wurde und sich prägnant im Zeichnerischen unterscheidet. War der Leser es bisher gewohnt, sowohl direkt am Anfang als auch am Ende des Bandes eine große, zweiseitige Karte mit der europäischen Welt von Rex Mundi zu finden, ist diese ausgerechnet in dem Band, in dem sie wirklich wichtig wird, ein paar Seiten nach weiter hinten gerückt und auf eine einzelne Seite geschrumpft. Nicht unwesentlich hat sich auch die Aufmachung der Kapitelanfänge verändert – zwar gibt es die leicht unscharf, aber bestechend wirkenden und von transparenten Ornamenten oder Schriften überlagerten Fotos immer noch, aber sie sind nicht mehr die Kapitelseite als solche, die nun – abhängig vom Zeichner – aus eher ganzseitigen, coverähnlichen Grafiken bestehen.
Als Pluspunkt ist zu vermerken, dass die Handlung nicht direkt beim Ende des letzten Teils wieder einsteigt, sondern der Leser durch eine fast einseitige Zusammenfassung der bisherigen Ereignisse wieder eingeführt wird. Zudem gibt es noch ein umfangreiches Vorwort von J.H. Williams III., sowie eine Galerie mit 3 Alternativcovern.


Fazit
Noch nie war „Rex Mundi“ so brisant und spannend, so fesselnd wie bisher, für den Leser ist es ein wahres Vergnügen, mitgerissen zu werden und in die intelligent wie brillant aufgebauten Verschwörungstheorien von Arvid Nelson einzutauchen. So wird das mehr oder weniger offene Ende fast zur Qual, hat man den Folgeband nicht vorliegen, um direkt weiterlesen zu können.
Die Einführung der beiden zusätzlichen Zeichner halte ich persönlich für kontraproduktiv. Zwar kann zumindest der Stil von Jim Di Bartolo überzeugen, wenn man sich an ihn gewöhnt hat, aber genau das trifft es: man hat die Zeichnungen EricJs lieben gelernt und assoziiert sie mit „Rex Mundi“ - die stark abweichenden Stile der beiden anderen Zeichner wirken fremd und störend. Daher die Benotung mehr für die Szenerie als fürs Zeichnerische:


4 Sterne


Hinweise
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Backlist:
Band 1: Der Wächter des Tempels
Band 2: Der unterirdische Fluss

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