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Am Pigalle geht es manchmal hoch her, und die Restaurant- und Barbesitzer sind harte Hunde, wenn es ihre Marktanteile zu verteidigen gilt. Für die anderen mag das zutreffen, für Émile Boulay nicht. Obschon er beruflich als König des Pariser Nachtlebens gilt, führt er privat das Leben eines Buchhalters, meidet Konflikte und liebt seine Kinder und seine mollige italienische Frau samt Schwiegermama, Schwager und hübscher Schwägerin. Auf den Gedanken, fremdzugehen, obwohl die Versuchung jeden Abend vor seinen Augen tanzt, kommt er nicht.
Plötzlich geht es Schlag auf Schlag: Émiles einziger Rivale am Pigalle wird ermordet, und Emile selbst, der als Hauptverdächtiger zum Quai des Orfèvres vorgeladen wird, verschwindet spurlos.

 

  Autor: Georges Simenon
Verlag: Diogenes
Erschienen: 2009
ISBN: 978-3-257-23861-7
Seitenzahl: 173 Seiten


Die Grundidee der Handlung
Maigret hat als Chef der Mordkommission schon einige Jahre nicht mehr im Milieu ermitteln müssen. Doch diesmal lässt er es sich nicht nehmen, den verschwundenen Emile Boulay persönlich zu suchen. Allerdings scheint die Zeit gegen ihn zu arbeiten und so war es nicht verwunderlich, das Emile nach drei Tagen tot aufgefunden wurde. Allein die Umstände des Fundes, in einer Gasse außerhalb des Pigalle und offensichtlich drei Tage nach dem Todeszeitpunkt sowie die Tatsache, dass er erdrosselt wurde, machen Maigret stutzig. Das alles passt nicht wirklich in die Szene, dort wird erschossen oder erstochen und die Leiche wird einfach liegengelassen. Die Ermittlungen zeigen auch, dass Emile, nachdem sein ärgster Wiedersacher liquidiert wurde, keine wirklichen Feinde mehr hatte. Maigret taucht in das nächtliche Treiben des Pigalle ab und versucht, die letzten Stunden des Ermordeten zu rekonstruieren, und nur mit Hilfe seiner Bekannten von früher und seinem ehrbaren Ruf aus dieser Zeit gelingt es ihm, dem Täter auf die Spur zu kommen. Dabei entdeckt er Machenschaften, die ihn in pure Wut versetzen. Wird er trotzdem einen klaren Kopf bewahren können? Der letzte Beweis fehlt ihm noch und nur wenn er seine Gelassenheit wiederfindet, kann er den Täter stellen.


Stil und Sprache
Auch dieser Band glänzt vor allem wegen der detailverliebten, atmosphärischen Beschreibungen der Szenen. Georges Simenon entführt den Leser diesmal in das nächtliche Paris, in das Vergnügungsviertel Pigalle, in dem es neben den üblichen Touristen eben auch die Zwielichtigen Gestalten aus der Unterwelt gibt. Er gibt uns mit Hilfe des charismatischen Ermittlers Maigret einen Einblick in den Tages- und Nachtablauf eines Puffbesitzers und Geschäftsmannes aber auch eines Familienvaters. Mann riecht förmlich die nach Rauch, Schweiß und Alkohol stinkenden Clubs, sieht das geschäftige nächtliche Treiben vor und auf der Straße zwischen den Häusern des Pigalle. Georges Simenon legt auch hier wieder viel Wert auf eine authentische Darstellung der Szenen. Und es gelingt ihm nahezu perfekt. Bei den vielen Spaziergängen Maigrets durch das Viertel, ob tagsüber oder nachts, bekommt der Leser einen tiefen Einblick in die Seele dieser Pariser Gegend. Wie gewohnt formt er die Geschichte mit einfachen aber wirkungsvollen Worten. Er baut die Spannung langsam auf und lässt die Geschwindigkeit mit jeder Seite schneller werden. Der Schluss kommt dann in vollem Tempo und nicht selten ganz anders, als vom Leser erwartet.


Figuren
Georges Simenon hat mit Kommissar Maigret eine Legende geschaffen. Selten ist einem eine Figur so sympathisch, so ans Herz gewachsen wie der charismatische Maigret. Langsam in die Jahre gekommen ist für ihn die Erinnerung an die Vergangenheit immer mehr im Fokus. Auch bei seinen Ermittlungen denkt er immer öfter an die guten alten Zeiten zurück. Seine Welt scheint sich zu verändern und ihm fällt es zusehends schwerer, ihr zu folgen. Trotzdem hat er seinen Spürsinn und die Freude an den Ermittlungen nicht verloren. Auch wenn ihn der Verlauf diesmal immer wütender macht. So wütend, dass er fast die Fassung verliert und am System zweifelt. Auch der Grund für seine Ermittlung, der Tod von Emile Boulay, und die Person selbst sind diesmal nicht alltäglich. Emile scheint nicht ins Bild des Pigalle zu passen. Er wirkt nach Außen wie ein ruhiger Geschäftsmann, ein gesetzter Familienvater. Und obwohl er im Viertel einen makellosen Ruf genießt, hatte er einen Feind, der ihn umgebracht hat. Sein durchorganisiertes Leben hat keinen Platz für unvorhergesehenes gelassen, was Maigret schließlich auf die richtige Fährte führt. Es gibt wohl keinen, der seine Charaktere so intensiv in seine Szenen und die Geschichte einpasst wie Georges Simenon.


Aufmachung des Buches
Die edle, gebundene Ausgabe im Taschenbuchformat zielt ganz klar auf Sammler ab. Im diogenestypischen Design – ganz in Weiß, mit einer auf dem Cover dünn eingerahmten S/W Aufnahme – wird Band 61 präsentiert. Das Foto zeigt ein Portrait einer jungen Dame im 20er Jahre-Stil. Autor und Titel dürfen natürlich nicht fehlen. Aufgewertet wird das Buch durch ein rotes Lesebändchen sowie farbigen Karten von Paris.


Fazit
Selbst nach 61 Bänden ist noch keine lange Weile in Sicht. Atmosphäre pur und ein Maigret in Bestform erwarten den Krimi-Fan. Nicht nur für Sammler ein Muss!


5 Sterne


Hinweise
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Backlist
Band 56: Maigret und die alten Leute
Band 57: Maigret und der faule Dieb
Band 58: Maigret und die braven Leute
Band 59: Maigret und der Samstagsklient
Band 60: Maigret und der Clochard

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