Der ehemalige Inquisitor Conrad von Marburg und sein Schützling Elisabeth sind auf der Suche nach verfluchten Schriften, die offenbar den Weg zum sagenhaften 3. Testament weisen können. Ihr Weg führt sie nach Toledo, wo es, unter der Stadt verborgen, eine alte Bibliothek geben soll. Doch sie werden verfolgt. Nicht nur die Tempelritter scheinen ihre Pläne zu durchkreuzen, auch der finstere Baron Uther aus Schottland ist hinter den Schriften her ...
Autor: Xavier Dorison Illustration: Alex Alice Verlag: Carlsen Comics Erschienen: 2002 ISBN: 978-3-551-76322-4 Seitenzahl: 48 Seiten Altersgruppe: ab 14 Jahren (Empfehlung des Rezensenten) |
Die Grundidee der Handlung
Conrad von Marburg und Elisabeth von Elsenor kommen auf der Suche nach einer geheimen Bibliothek nach Toledo. Im Rücken haben sie den Trupp finsterer Reiter, die schon das Massaker im Kloster von Veynes verübt haben, aber auch vor ihnen liegen Gefahren, denn die Tempelritter wollen ihrer habhaft werden. Ein Freund Conrads, Gerhard Steiner, unterstützt sie bei ihrem Vorhaben so weit es seine machtvollen Beziehungen erlauben – doch können sie dem Machtkampf, der zwischen dem alten Ritterorden und dem Bischof Uther, der Purpurne, entbrennt, entkommen? Oder geraten sie geradewegs zwischen die Fronten?
Beurteilung der Zeichnung / Textdarstellung
Die Figuren sind Alice zwar nicht immer perfekt gelungen, aber trotzdem gut erstellt worden, die Stilrichtung tendiert eher zu einer anspruchsvollen Graphic Novel denn einem Comic. Die Gesichtszüge sind immer passend, die Charaktere stimmig – allerdings werden die Gesichtsmerkmale zunehmend ungenauer, je kleiner sie im Bild werden, bis hin zu farbigen Ovalen ohne innere Zeichnung. Die Bekleidungen und Ausrüstungsgegenstände sind größtenteils passend und authentisch, nur die schöne, rothaarige und sommersprossige Elisabeth tanzt hier aus der Reihe. Sie ist zumeist aufreizend gekleidet, z.B. betont die Bekleidung, welche sie in Toledo trägt, nicht nur ihre Brüste, auffällig sind auch die fast bis zur Hüfte reichenden Einschnitte des Oberteils auf der linken und rechten Seite, die gelegentlich Blicke auf die Oberseiten ihrer Schenkel und die Hüftrundungen freigeben. Allgemein trägt sie gerne und viel Hosen, die so eng anliegen, dass sie – im Zusammenspiel mit den passenden Posen – ihren Hintern mit den genauen Konturen zeigen. Und auch die Blusen bilden (spätestens, wenn sie nass sind) den Torso genau nach. Ob eine solche Garderobe bei jungen Frauen im Mittelalter, besonders in Begleitung eines Inquisitors, wirklich so anzutreffen war?
Die Farbgestaltung der Aquarellzeichnungen ist angenehm zurückhaltend, natürlich, aber nicht allzu satt. Egal, ob Landschaften, Gebäude, Burgen oder Paläste, der Zeichner legte viel Wert auf Genauigkeit, um für den Leser die mittelalterliche Atmosphäre heraufzubeschwören. Durch Aufteilung in Vorder- und Hintergründe verleiht er den Darstellungen gekonnt Tiefe, immer wieder finden sich viele Einzelheiten, über die der Blick des Lesers hinweg gleitet. So ist zum Beispiel der Anblick Toledos auf Seite 8 ein kleiner Genuss. Räume und Plätze sind detailliert wiedergegeben, die Ausstattungen wie auch die Oberflächenstrukturen der Baumaterialien in vielen Nuancen und Verzierungen umgesetzt. Diese Übersichtsskizzen sind sehr ansprechend, so z.B. auch die geheime Bibliothek auf Seite 18.
Der Zeichenstil in diesem Comicband ist geprägt von einem Eindruck, der an Korn bei Fotofilmen bzw. das Rauschen digitaler Kameras erinnert. Mal ist es offensichtlich und – besonders bei größeren Flächen – auf den ersten Blick erkennbar, mal erst bei genauerem Hinsehen. Ob dies Absicht oder eine Eigenschaft des Druckverfahrens ist, sei einerlei – der Effekt wird hier zum Stil von Axel Alice.
Einen so plötzlichen wie deutlichen Einbruch in der zeichnerischen Qualität findet man auf Seite 38/39, die Figuren und die Landschaft bzw. das Meer wirken ungeschlacht, ja, fast plump. Zum Glück fängt sie sich direkt danach wieder. Ob dies nun auf eine Unaufmerksamkeit des Grafikers oder auf den Druck zurückzuführen ist, lasse ich mal dahin gestellt.
Aufmachung des Comics
Auch der zweite Band der mittelalterlichen Reihe ist als Softcover im Format Din A4 aufgelegt worden. Zwar bietet das Format den Bildern genug Platz, um sich entfalten zu können, aber in Verbindung mit der weichen Aufmachung des Comichefts ist eine gewisse Unhandlichkeit nicht abzustreiten, besonders wenn die etwas spiegelnden, auf halbmattes Papier gedruckten Zeichnungen so gehalten werden müssen, dass man bei der zur Verfügung stehenden Lichtquelle gut lesen kann.
Auf dem Cover ist Conrad zu sehen, der Elisabeth – die sich in einer sinnlichen Pose schmiegt – mit seinem Körper vor dem in die Bibliothek eindringenden Wassermassen zu schützen sucht. Da auch hier die Vorzüge der weiblichen Protagonistin hervorgehoben wurden, dient die Gestaltung wohl eher Gründen des Verkaufs, da dieses Bild im Comic so nicht zu finden ist.
Ergänzt wird die Heftvorderseite durch Schriftzüge mit Titel und Untertitel sowie den Namen des Autors und des Illustrators. Die Rückseite des Comicbandes gibt, bis auf ein Zitat aus der in diesem Teil vorkommenden Geschichte, nichts weiter darüber preis, was den Leser hier erwartet.
Fazit
„Das dritte Testament“ ist die Geschichte eines Machtkampfes, in dessen Zentrum alte, aber bedeutende Dokumente stehen. Auch der zweite Band wartet mit spannenden und temporeichen Handlungen auf. Alex Alice hat die Illustration übernommen, seine Zeichnungen sind oft genau und detailreich, aber nicht immer restlos überzeugend – insgesamt gehören sie zum oberen Mittelfeld. Die Comicreihe ist insgesamt empfehlenswert, besonders für Fans historischer Werke.
Hinweise
Dieses Comic ist derzeit im Handel nicht mehr erhältlich.
Backlist:
Band 1: MARKUS oder DAS ERWACHEN DES LÖWEN