Shinjuku bei Nacht: Ein Ort der Unterhaltung und der Verführung für hungrige Herzen. In den so genannten Host Clubs ist das ein Job – die Kundinnen zahlen und die Hosts lesen ihnen jeden Wunsch von den Augen ab. So auch Takaki Shinkawa und Ryo Takaki, beide Tophosts! Doch wenn Liebe und Sex aufeinanderprallen, leidet das Geschäft …
Autor: Youka Nitta Illustrationen: Youka Nitta Verlag: Carlsen Manga Erschienen: Juni 2007 ISBN: 978-3-551-77711-9 Seitenzahl: 178 Seiten Altersgruppe: ab 18 Jahren (Empfehlung des Rezensenten) |
Die Grundidee der Handlung
Ryo Takaki ist ein 26jähriger Playboy (im Manga heißt es 'Host'), der vom Geld reicher Damen lebt. Er ist gutaussehend und attraktiv, hat ein selbstbewusstes Auftreten, ohne dabei arrogant zu sein, ist galant und zuvorkommend zu den Kundinnen, höflich und nett unter Kollegen und verführerisch-frech, wenn er selbst auf Beutezug geht. Das macht ihn überall beliebt. Er ist wie das Licht, um das die Motten schwirren. Kommt ihm beruflich auch die Rolle des Erwählten zu, so dreht er im Privaten den Spieß um, dann ist er derjenige, der sich seine Bettgefährten aussucht - und das sind Männer. Außerhalb des Jobs ist die körperliche Liebe für Ryo ein gleichsam schönes wie gefährliches Spiel, bei dem er die Regeln bestimmt, sein Herz dabei aber stets außen vor bleibt – bis ihm eines Tages der Bruder einer Kundin näher kommt als ihm lieb ist, obendrein sein Kollege und bester Freund Shinkawa ihm aus heiterem Himmel gesteht, dass er ihn liebt und zu guter Letzt auch noch ein Mann aus der Vergangenheit auftaucht und Ryos ohnehin schon wackeliges Gefühlsleben vollends zum einstürzen bringt.
Nicht nur, dass Ryo seinen unwiderstehlichen Charme in alle erdenklichen Richtungen versprüht (selbstverständlich auch zu mir), er ist zudem auch noch mit einem anbetungswürdigen Körper gesegnet. Er wirbelt durch diverse fremde Betten und wir sehen ihm mit einem amüsierten, nachsichtigen Lächeln zu. Bravourös gelingt der Mangaka das Kunststück, dass sich dabei kein rotes 'Moralapostel-Lämpchen' im Kopf des Lesers einschaltet. Nein, wir urteilen und verurteilen nicht, sondern wir werden auf voyeuristische Art Teilhaber an diesem amourösen Treiben, bestehend aus knisternder Verführung und siedend-heißer Erotik. Da dies ein Yaoi-Manga ist (Liebe und Sex zwischen Männern), werden Ryos berufliche Eskapaden mit dem weiblichen Geschlecht aus der Geschichte natürlich größtenteils ausgespart, sämtliche Erotikszenen sind seinem nicht minder turbulenten Privatleben entnommen.
Beurteilung der Zeichnung / Textdarstellung
Youka Nitta hatte mit ihrem Debüt-Manga vor 12 Jahren zeichnerische Maßstäbe im Yaoi-Genre gesetzt. Ihre Linienführung ist zwar nicht so fein wie bei anderen Zeichnerinnen, dafür aber elegant, aufs Nötigste reduziert und immer realistisch. Man kann auch sagen, jeder Strich sitzt. Sie verzichtet auf ausgeschmückte Hintergründe mit Blumen, Herzchen u. ä. Kitsch, bei ihr bleiben diese entweder kahl oder sie füllt sie mit Ansichten der Stadt, des Host-Clubs, Ryos Wohnung etc. aus, die dann wiederum erstaunlich exakt und detailliert wiedergegeben werden. Gerade in Mangas ist es ja eher eine Seltenheit, dass die Figuren ein realistisches Aussehen haben, aber diese Männer sehen erfreulicherweise tatsächlich wie solche aus. Sie sind weder jungenhafte, pubertierende Teenager, noch haben sie weibliche Gesichtszüge oder lange wallende Haare, sie sehen auch nicht übertrieben markant aus wie man es z.B. bei Kodaka Kazuma sieht. Zum damaligen Zeitpunkt muss dieser zukunftsweisende Zeichenstil eine Sensation gewesen sein. Man merkt ihm sein Alter überhaupt nicht an, beinhaltet er doch heutzutage gültige Standards des Genres. Nicht umsonst wurde Youka Nitta in Insiderkreisen viele Jahre die Yaoi-Göttin genannt. Wie es sich für einen guten Yaoi gehört, sind in jedem der fünf Kapitel explizit gezeichnete Erotik- und Sexdarstellungen vorhanden. Für diese gilt das Gleiche wie für alles andere in diesem Manga: die Zeichnungen sind elegant, stromlinienförmig und sehr sinnlich – ja, einfach ästhetisch schön. Trotz zahlreicher ins Detail fokussierter Bildsequenzen gleiten sie niemals ins Pornographische ab. Mehrere Darstellungen (z.B. Seite 38 und eine Doppelseite etwa in der Mitte des Buches) erinnern mich sogar an klassische Aktfotografien oder -malereien. Eine kritische Bemerkung muss ich allerdings an dieser Stelle loswerden: Ob künstlerisch anspruchsvoll oder nicht, die Zeichnungen bleiben explizit, deshalb ist mir unverständlich, wieso der Manga von Seiten des Verlages ab einem Alter von 16 Jahren empfohlen wird, zumal andere Reihen mit weniger Offensichtlichem ab 18 Jahren empfohlen werden.
Die Bilderfolge ist klassisch neben- und untereinander angeordnet, nichts überlappt oder fließt ineinander über, so dass auch Neulinge beim Lesen gut zurechtkommen dürften. Einziges kleines Manko: Die Textblasen sind nicht immer klar zuordenbar. Man wird mit ihnen auch nicht überschüttet; sehr viele Seiten kommen sogar nur mit wenigen oder gar keinen Sprechblasen aus. Der Manga lebt ganz klar von seinen atemberaubend schönen Bildern. Farblich hält er sehr gut die Balance zwischen Hell und Dunkel, Grautöne dominieren.
Die zwischen letztem Kapitel und Nachwort eingefügten Schwarz-Weiß-Bilder wurden einem Artbook der Autorin entnommen, das im Original eigentlich koloriert ist. Keine Frage, diese sind ein hübscher Anblick, aber ich weiß nicht recht, was mit ihnen bezweckt werden soll, besteht doch keinerlei Zusammenhang mit dieser Serie. Da diese wichtige Information im Manga leider unterschlagen wird, nähren sie beim Leser wohl eher die falsche Hoffnung, die abgebildeten Personen wären eine Vorausschau auf Band 2.
Das Nachwort vereint nochmal alle Hauptfiguren und ist angereichert mit ein paar witzigen Anekdoten der Mangaka. Die letzte Seite steuert eine befreundete Zeichnerin von Youka Nitta bei.
Aufmachung des Comics
Der Manga ist im üblichen Kleinformat broschiert. Sowohl auf dem Titelbild wie auch auf den ersten beiden Seiten blickt uns Ryos makelloser Oberkörper in verschiedenen Posen mal farbig, mal schwarz-weiß entgegen, aber jedes Mal sexy und aufreizend, und auf der Buchrückseite wird man der drei anderen Herren aus der Geschichte in ihren teuren Maßanzügen ansichtig. Sie alle wirken auf den Betrachter wie Models, die für luxuriöse Designerlabels posieren. Aber ist es nicht gleichgültig, ob Model oder Playboy? Beide sind ihres Berufes wegen top gestylt und teuer in Schale geworfen um zu gefallen, ohne dabei ihre Seele preiszugeben, insofern passt die Covergestaltung meiner Meinung nach gut zum Inhalt. Dasselbe gilt übrigens auch für die Illustrationen der insgesamt fünf Kapiteldeckblätter.
Fazit
Zweifellos ist dieser Band optisch einer der besten und anspruchsvollsten Yaoi-Mangas überhaupt, gleichzeitig bildet er den Auftakt zu einer 9-teiligen Serie mit Kultstatus. Ein Must-Have für jede erwachsene Mangaleserin, die sich am Anblick attraktiver Männer im Gefühlswirrwarr erfreuen kann.
Hinweise
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