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Unter einer Fußbodendiele seines Elternhauses findet Kriminalhauptkommissar Stephan Tries ein Tagebuch seiner vor vielen Jahren verschwundenen Schwester. Als er die Spur im dörflichen Umfeld seines Heimatortes aufnimmt, stößt er auf eine Mauer aus Schweigen und Ablehnung. Zusammen mit seiner Freundin Charlotte versucht er, das Rätsel um seine Schwester zu lösen, und bringt dabei nach und nach die ganze ungeheure Wahrheit ans Licht.

 

  Autor: Rudolf Jagusch
Verlag: Emons Verlag
Erschienen: 2009
ISBN: 978-3-89705-675-6
Seitenzahl: 270 Seiten


Die Grundidee der Handlung
Stephan Tries, der beurlaubte Hauptkommissar, widmet sich immer noch der Renovierung seines Elternhauses in dem kleinen beschaulichen Örtchen Sechtem im Vorgebirge. Die Entdeckung des Tagebuches seiner Schwester Natalie führt zu einer Flut von Erinnerungen an ihr Verschwinden, das Jahre zurückliegt.
Stephan nimmt die Ermittlungen auf und versucht endlich den Verbleib seiner Schwester aufzuklären. Doch die Spur führt ihn in den Nebel, in einen Nebel des Schweigens, sowohl von Seiten Natalies alter Clique, als auch seiner eigenen Familie. Verbissen wirft sich Stephan in diesen neuen alten Fall, der ihn an den Rand des Ertragbaren führt. Stephan muss Dinge über seine eigenen Familie lernen, die man lieber unter den Tisch kehren würde: die Wutanfälle seines Vaters, und auch die junge Natalie schien schon lange kein unbeschriebenes Blatt mehr gewesen zu sein.


Stil und Sprache
Auch dieser zweite Fall des Hauptkommissars Stephan Tries (der erste Kriminalroman "Leichen-Sabbat" ist 2007 bei Leoprello erschienen) ist gekonnt und sicher erzählt. Rudolf Jaguschs Sprache ist angenehm zu lesen, seine Sätze sind klar strukturiert. Langwierige Erzählpassagen finden sich bei Jagusch nicht. Er liebt den Dialog und trägt somit den Leser von Szene zu Szene. Dieses fast szenische Erzählen geschieht mit einer sehr authentischen Sprache. Auch die Dialoge in Bornheimer Platt tragen zur Veranschaulichung bei und lassen den Erzählort vor dem geistigen Auge des Lesers entstehen. Ganz nebenbei nimmt Rudolf Jagusch den Leser mit auf eine Reise in die achtziger Jahre - mit Diskokugeln, In-Getränken und der Kneipe "Erwins Eck", die zum Treffpunkt der Dorfjugend gehörte und von Tries‘ Onkel geführt wird.
Sehr gelungen sind auch die Auszüge aus Natalies Tagebuch, die nach dem Auffinden des Buches fast jedem folgenden Kapitel vorangestellt sind. Die darin vorkommenden Andeutungen erzeugen eine zusätzliche Spannung, da der Leser unweigerlich versucht, das Geheimnis um ihr Verschwinden darin zu entdecken. Auch diese Aufzeichnungen der jungen Natalie in "Teenie-Sprache" sind überaus lebensnah geschrieben.


Figuren
Auch dieser zweite Kriminalroman des Autors lebt von seinen Figuren. Die Konzeption der Figuren ist durchdacht und überaus klug gewählt. Die Person des Polizisten ist so angelegt, dass man immer wieder Überraschungen mit ihm erleben kann, eine echte Fortsetzungsromanfigur.
Der Hauptprotagonist Stephan Tries bleibt einem auch in dieser Folge eher als Antiheld in Erinnerung. Zwar hat sich der geschiedene Kommissar von seinem Ehetrauma erholt - woran seine Freundin Charlotte maßgeblich beteiligt ist - und auch das schwierige Verhältnis zu seiner Tochter weicht mehr und mehr einem freundschaftlichen Umgangston. Trotzdem gelingt es Jagusch, seinem Titelheld einen Hauch von Schwäche zu verleihen. Dieses exakt bemessene Quäntchen Unsicherheit und Verzweiflung zeigt sich in dem vorliegenden Buch vor allen Dingen in Stephans Alkoholkonsum, der immer bedenklichere Ausmaße annimmt, je verfahrener die Suche nach seiner Schwester verläuft. Dadurch wird die Hauptfigur als ungeheuer menschlich erfahren.
Auch die Beziehung zu seiner Freundin Charlotte von Berg ist zeitweise getrübt. Neben der Suche nach seiner Schwester, die Tries auf dem Magen liegt, werden Charlotte und er mit Drohbriefen und Telefonterror belästigt. Charlotte fühlt sich von Stephan in dieser Angelegenheit allein gelassen, da er mehr Energie in die Aufklärung von Natalies Verschwinden steckt, als sich um die Sorgen seiner Freundin zu kümmern. Konflikte sind vorprogrammiert. Da die Konfliktbewältigung nicht gerade zu den Fähigkeiten des Polizisten gehört, erhält der Krimi damit ein zusätzliches Spannungsmoment.
Nebenfiguren (alte Freunde Natalies, Onkel Erwin, Tante Elke, der Ermittlungsbeamte im Fall Natalie Ernst Teutschner, der längst verstorbene und kolerische Vater Stephans, seine Tochter Christine, seine Ex-Frau Monika, sein Kollege und Kumpel Engel) sind ebenfalls mit viel Liebe zum Detail beschrieben.
Besonders überzeugend gezeichnet ist die Figur des totkranken Ernst Teutschner, der Tag für Tag gegen seinen Krebstod ankämpft und dessen erneutes Interesse an dem Fall Natalie lange nebulös bleibt.


Aufmachung des Buches
Bei "Nebelspur" handelt es sich um den ersten Roman Rudolf Jaguschs im Emons Verlag. Der Einband des Taschenbuches ist schwarz. Die Vorderseite des Covers zeigt eine alte Dorfkneipe bei Nacht, so, wie "Erwins Eck" aussehen könnte.


Fazit
Auch diese Stephan-Tries-Folge überzeugt mit einer spannenden Jagd nach der Wahrheit. Besonders hervorzuheben ist die Dichte und Überzeugungskraft der Figuren, die Stimmung, die das Buch transportiert, sowie die vielen Überraschungsmomente, die das Buch über 270 Seiten spannend machen. Die Story überrascht auch noch, wenn man schon lange glaubt, der richtigen Spur gefolgt zu sein. Somit wird der Leser bis zum Schluss in den Nebel gehüllt, den gute Krimiromane auszeichnen.
"Nebelspur" ist eine würdige Nachfolge seines Debüts "Leichen-Sabbat".
Für alle Fans bodenständiger Krimiunterhaltung.


5 Sterne


Hinweise
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