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Kategorie: Romane

Nach der Hochzeit verändern sich die Dinge grundlegend – besonders, wenn man wie Jan Weiler in eine italienische Großfamilie einheiratet: ‚Es gibt nämlich einen riesenhaften Stammbaum, der sich in der Mitte in zwei etwa gleich starke Äste teilt. Man hat sich vor vielen Jahren endgültig zerstritten, aus Gründen, die keiner mehr so richtig kennt. Seitdem heißt es vom einen Zweig, er sei blöd, und vom anderen, er sei geizig. Die meisten Männer der einen Familiehälfte heißen Mario (blöd), die meisten Männer der anderen heißen Antonia (geizig). Jedenfalls lassen beide Familienhälften kein gutes Haar aneinander.’
Die herrlich komische Geschichte einer unglaublichen Verwandtschaft aus der italienischen Region Molise, die laut ihrer Bewohner ‚am A… der Welt’ liegt.

 

  Autor: Jan Weiler
Verlag: Ullstein
Erschienen: 2009
ISBN: 978-3-548-26426-4
Seitenzahl: 276 Seiten


Die Grundidee der Handlung
Jan möchte heiraten, aber nicht irgendjemanden sondern Sara. Das offensichtlich schlimme daran, Sara ist Italienerin. Und wenn man eine Italienerin heiratet, dann heiratet man die ganze Familie. Es beginnt alles mit dem Elterngespräch, dem Handanhalten um die Tochter. Dabei bekommt es Jan mit Antonio Marcipane und seiner deutschen Frau Ursula zu tun. Antonio ist ein Vollblutitaliener, seine Tochter ist sein Ein und Alles, doch Jan besteht die Prüfung und wird von Antonio ins Herz geschlossen. Wäre die Distanz nicht so groß, wären sicherlich Alle zur Hochzeit gekommen, so muss eben der nächste Urlaub für einen Besuch bei der Familie herhalten. Und Familie ist fast schon untertrieben, die Hälfte des Dorfes ist irgendwie mit Sara verwandt. Antonio macht aus seinen Heimatbesuchen immer eine große Sache. Er fährt wie der römische Kaiser persönlich in sein Dorf ein. Will möglichst viel Aufsehen erregen um einfach im Mittelpunkt zu stehen. Doch diesmal ist der Deutsche, der kein ‚dumme Salat’, wie Antonio immer sagt, ist, die Attraktion. So lernt Jan in kürzester Zeit die Hälfte der Familie kennen. Nur die Hälfte deshalb, weil die Marcipanes, die als geizig gelten, sich irgendwann mal mit den Carduccis, die als dumm gelten, total verstritten haben. Über all dem thront Nonna Anna, die Patronin, Antonios Mutter. Sie ist der Mittelpunkt und hält die Sippe zusammen. Bei der Weiterreise zum eigentlichen Urlaubsort am Meer stellt sich heraus, dass Italiener nicht gern allein unterwegs sind und so kommen kurzerhand 6 weitere Verwandte mit in Antonios Ferienhaus. Obwohl Jan gut aufgenommen wurde, scheint er, der Deutsche, doch etwas komisch zu sein. Schließlich kann es nicht normal sein, wenn man am Strand nur in der Sonne liegt und liest.


Stil und Sprache
Jan Weiler hat ein hervorragendes Erzähltalent. Er verpackt die Familiengeschichte mit extrem viel Humor, wobei die Selbstironie natürlich nicht fehlen darf. Es werden nahezu alle bekannten Klischees bedient. Da ist zum Beispiel die Sprache, ob es nun Antonio ist, der nach vielen Jahrzehnten in Deutschland gekonnt Deutschitalienisch zum Besten gibt ‚Wie habbe die auffegebaut der Land aus rauchende Trummer’, oder aber Jan, der die feinen Nuancen der italienischen Ausdrücke übersieht und bei einem Autounfall ‚freccia’ – Blinker mit ‚fregna’ – Möse verwechselt und so kurz vor der Verhaftung durch die Carabinieri steht. Es werden wunderbar alle Facetten einer wirklich großen Großfamilie dargestellt, vielleicht etwas überzeichnet, doch wirklich feststellen kann man das nur, wenn einem ähnliches widerfährt. Die Atmosphäre dieser italienischen Kleinstadt, die laut der Einwohner am ‚A…. der Welt liegt’ bringt er gekonnt an den Leser. Das Zusammenspiel der Personen und die daraus entstehenden Dialoge sorgen für so manchen lauten Lacher. Und durch die liebevoll ausgearbeiteten Szenen wird so manche Italienerinnerung wieder wach.


Figuren
Seine Charaktere suchen ihresgleichen. Sie wirken zwar leicht überzeichnet, doch bei der humorvollen Geschichte ist das absolut notwendig. Die Hauptdarsteller, Jan und sein Schwiegervater Antonio, stellen dabei die Typen ihres jeweiligen Landes dar. Antonio, der praktisch nie das Reden aufhört - wenn er mal nichts mehr sagt, passt irgendwas nicht -, ist in seinen Ansichten und seiner Denkweise typisch italienisch. Er neigt zu Übertreibungen, ist in der Vergötterung diverser Dinge Absolut, er würde zum Beispiel nie ein anderes Auto als Mercedes fahren. Alles an ihm wirkt lustig, ist für ihn aber durchaus ernst gemeint. Jan dagegen ist eher typisch deutsch. Vieles, was seine italienische Sippe macht oder denkt, ist für ihn skurril und unverständlich. Doch je mehr er seinen Schwiegerpapa kennen lernt, vor allem auf den diversen Reisen in Antonios Heimat, desto mehr Achtung und Respekt bekommt er.


Aufmachung des Buches
In schönen bunten Farben sind auf dem Cover auf Sandfarbenem Hintergrund diverse typisch italienische Gegenstände abgebildet. Eine treffende Einstimmung auf den zu erwartenden Leseinhalt. Die Kapitel sind in angenehmer Länge verfasst. Die Neuauflage des Buches beinhaltet eine bisher unveröffentlichte Geschichte.


Fazit
Wer Italien mag und gerne herzhaft Lacht beim Lesen, sollte an diesem Buch auf keinen Fall vorbeigehen. Auch ohne den Film zu sehen, ist die Geschichte ein Genuss.


5 Sterne


Hinweise
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