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Er war hier, um sie zu töten, doch er hatte sie vor dem Dämon gerettet. Hel wusste nicht, ob er besser verstand als sie, warum. „Ich habe dir gesagt, dass du Aradon verlassen sollst“, stieß er hervor.
„Du … bist einer von ihnen.“ Ihre Stimme versagte. Er erwiderte nichts. Alle Antworten lagen in seinen Augen.

Als die junge Sturmjägerin Hel ausgesandt wird, um vier Dämonen zu finden, steht alles auf dem Spiel: die Zukunft der Magie sowie der Frieden zwischen den Zwergen, Isen und Menschen. Doch dann rettet ihr einer der Dämonen das Leben und stellt sie vor eine schreckliche Entscheidung: ihren Feind zu hassen oder zu lieben.

 

Autor: Jenny-Mai Nuyen
Verlag: cbt
Erschienen: 09/2009
ISBN: 978-3-570-16033-6
Seitenzahl: 464 Seiten


Die Grundidee der Handlung
Aradon ist ein Land am Abgrund. Abhängig von den schwindenden und immer schwieriger zu beschaffenden Lirium-Reserven, welche die Magierschaft so dringend benötigt und so großzügig verschwendet, wird das Land an den Rand eines Bürgerkrieges zwischen Menschen und Zwergen auf der einen und dem Volk der Isen, angegeführt von der mysteriösen Mutter Meer, auf der anderen Seite gedrängt. Doch damit nicht genug: Dämonen aus dem Alten Reich suchen Aradon heim und vernichten ganze Dörfer.

Hel, eine Sturmjägerin, wird mit 8 Gefährten auf die gefährliche Suche nach den Dämonen geschickt. Doch kommt es der Magierschaft tatsächlich nur hierauf an, oder verbirgt sich hinter ihren Absichten ein ganz anderes Ziel?


Stil und Sprache
Jenny-Mai Nuyen schreibt und beschreibt in diesem Auftakt zur Fantasyreihe „Die Sturmjäger von Aradon“ mit einfachen und klaren Worten und einer recht simplen Sprache, der man aber gut folgen kann. So braucht sie keine ausufernden Darstellungen, um dem Leser das Lebendige Land nahezubringen und in die Geschichte einzubinden. Die Fantasie des Lesers tut das Übrige und lässt die Landschaften und Szenen schnell vor dem inneren Auge entstehen. Als kleines Detail hat mir gefallen, dass die fliegenden Schiffe durchweg Vogelnamen tragen – sehr passend. Die junge Schriftstellerin hat sich in der Ausgestaltung ihrer Fantasy-Welt in jeder Hinsicht viel Mühe gegeben. Zum Beispiel haben sowohl die Isen als auch die Dämonen eine eigene Sprache bekommen, die aber nur bei den Dämonen an einer Stelle kurz übersetzt wird, ansonsten ergibt sich die Bedeutung mal mehr, mal gar nicht aus dem Inhalt der Geschichte. Nach dem Absturz des Schwebeschiffes „Schwalbe“ hält sich die Autorin teilweise bedeckt und spricht gerne mal in Rätseln, wenn es um Hels Retter und vorübergehenden Begleiter und dessen Sippschaft geht.

Die Kapitel sind von einer angenehmen und eher knappen Länge, die grundsätzlich für ein recht hohes Lesetempo sorgen könnten. Leider plätschert die Story, von der einen oder anderen spannenden und dann auch dynamisch geschriebenen Stelle (z.B. die Ereignisse in der Windigen Stadt) abgesehen, lange – über das erste Drittel des Buches hinaus – vor sich hin. Die Inhalte, von denen manche wesentlich später nochmal aufgegriffen werden, sind zwar nicht uninteressant, aber auch nicht richtig fesselnd. Hier hätte ich mir eine stärkere Verdichtung der Erzählung gewünscht. Die Handlung wird aus der dritten Person zunächst nur aus der Sicht von Hel beschrieben. Mit dem Ablauf von ungefähr einem Drittel des Buches verändert sich dann so einiges: die Spannung und auch die Dynamik des Buches nehmen langsam, aber kontinuierlich zu - die Spannung wird dann für den Rest des Buches aufrecht erhalten, das Tempo der Geschichte passt sich den Begebenheiten an. Zudem wird nun immer wieder mal ein zweiter Handlungsstrang eingeflochten, der aus der Sicht des Isen-Söldners Karat geschrieben ist. In beiden der parallel verlaufenden Handlungssträngen gelingt es Nuyen, den Leser sehr nahe an die Figur heranzuführen, aus deren Sicht nun erzählt wird, und ihn an den Gedanken und Empfindungen teilhaben zu lassen. Zu guter letzt findet sich zum Ende des ersten Drittels ein Kurzkapitel mit dem Titel „Zwischenzeit“, kurz darauf folgen noch zwei weitere. Diese kurzen Abschnitte sprechen auf eine mystische Weise in Rätseln, da eine Figur nur angedeutet wird, ohne dass man sie direkt fassen kann. An dieser Stelle soll nicht weiter darauf eingegangen werden, um dem Leser nichts zu verraten.

Ob man jetzt aus den neun Gefährten, zu denen auch ein Zauberer und eine Zwergin zählen und die von der Magierschaft auf eine gefährliche Mission geschickt werden, eine Parallele zu dem „Herrn der Ringe“ ziehen will, bleibt jedem Leser selbst überlassen. Zudem erinnerte mich auch ein Besuch in einem unterirdischen, in einem Gebirge liegenden Zwergenreich zunächst an den genannten Klassiker des Fantasy-Genres. Ich persönlich halte jedoch von solchen Vergleichen, wenn sie inhaltlich nicht recht identisch zur „Vorlage“ zu stehen scheinen, generell nicht viel. Jedenfalls schafft es die Autorin, der Gruppe ganz eigene und unabhängige Taten und Ziele zu geben, und auch das Zwergenreich hat auf den zweiten Blick nicht mehr viel mit dem „Herrn der Ringe“ gemein.


Figuren
Sämtliche Figuren sind liebevoll und so glaubhaft ausgearbeitet worden, dass sie dreidimensional und lebendig wirken. Allen voran natürlich Hel, eine junge Sturmjägerin, die an ihre Kindheit nur wenige, albtraumhafte Erinnerungen hat, in der das Lebendige Land ihre Angehörigen tötete. Sie ist durch eine lange Narbe im Gesicht entstellt und hat ein blindes Auge, daher trägt sie eine Augenklappe, um diesen Makel zu kaschieren. Doch ist ihr Auge nur für die erste, uns bekannte Sicht blind – so hat sie die einmalige Gabe der zweiten Sicht, mit der sie nicht nur Lirium, sondern auch sämtliche übrigen Lebensenergien als Lichter wahrnehmen kann. Damit wird sie zur begehrten Gefährtin im Auftrag der Magierschaft. Doch Hel ist nicht auf den Kopf gefallen und macht sich schnell ihre eigenen Gedanken über die wahren Hintergründe des Auftrages.
Ein Unikat ist Nova, Sohn des Kapitäns der „Taube“ und stellvertretender Schiffsführer. Zunächst erscheint er selbstverliebt und hechtet von einem Mädchen zum nächsten. Seine eigenartigen Moralvorstellungen sind einfach schräg und sorgen für manchen Lacher. Er macht aber im Laufe des Buches eine starke Entwicklung durch und überrascht damit, dass er ganz neue Seiten zeigt.
Sehr gelungen ist, dass einerseits alle Figuren ihre Stärken und Schwächen haben, was sie liebenswert und realistisch macht, andererseits aber in diesem Band der „Sturmjäger von Aradon“ viele Absichten und Motive noch im Dunkeln bleiben und der Leser nicht sicher sein kann, wer nun eigentlich der Gute und wer der Böse ist. Dies gibt genügend Potential für die Folgebände der Fantasy-Saga.


Aufmachung des Buches
Das gebundene Buch kommt in einem sehr schön und aufwendig gestalteten Schutzumschlag daher. Das Cover ist ein absoluter Blickfang. Im Vordergrund sitzt ein nichtmenschliches, offensichtlich weibliches Wesen mit langen Krallen und einer an Feen erinnernden Bekleidung, in ihrem steil stehenden, blonden Haaren scheinen magische Lirium-Funken zu tanzen. Der Hintergrund bildet ein in dunklen Grüntönen gehaltener Wald oder Sumpf. Die Figur kann jedoch nicht zugeordnet werden, passt sie doch allein schon wegen der Haarfarbe auf keine der im Buch beschriebenen weiblichen Charaktere.
Der Namenszug der Autorin wurde in einer verschnörkelten Art gedruckt, die so gestaltet ist, dass sie wie Blattgold wirkt. Auch die in den Ecken des Covers eingefügten Tribals sind auf diese Weise gestaltet, der Titel „Feenlicht“ wurde dezenter eingefügt. Besonders spannend ist aber, dass sowohl der Namenszug als auch der Titel versetzt mit Spotlack wiederholt wurde, den man erst bei einem seitlichen Blick erkennt. Auf dem Buchrücken setzt sich dieser Stil fort.

Im Buchinneren findet sich zunächst eine schöne, doppelseitige Karte des Lebendigen Landes, mit der man der Handlung folgen kann, sowie ein Inhaltsverzeichnis. Nach Abschluss der Geschichte entdeckt der Leser zehn Skizzen verschiedener Figuren, die in dem Buch vorkommen.

Obwohl ich mit meinen Büchern sehr pfleglich umgehe, muss ich nach dem ersten Lesen feststellen, dass sich die Buchdeckel etwas verzogen haben, so dass der hintere Buchdeckel – vom Buchrücken aus betrachtet – stärker nach vorne kommt als der vordere. Diesen Effekt habe ich auch bei dem Softcover-Comic „Feenland“ aus dem gleichen Verlag beobachtet.


Fazit
Die mit diesem Buch beginnende Saga der „Sturmjäger von Aradon“ braucht zunächst etwas, um in Fahrt zu kommen und Spannung zu entwickeln, hier hätte am Anfang eine etwas kompaktere Erzählung überzeugt. Es lohnt sich aber, bei der Geschichte zu bleiben, denn mit „Feenlicht“ ist Jenny-Mai Nuyen letztlich ein guter Einstieg in eine eigenständige Fantasy-Welt gelungen, die mit spannenden Abenteuern, aber auch rätselhaften Ereignissen zu unterhalten weiß. Nicht nur für Fans der Autorin eine Empfehlung wert.


4 Sterne


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