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Franka ist weg. Spurlos verschwunden seit Weiberfastnacht. Sie sitzt in einer kleinen dunklen Kiste und spürt ihr Herz klopfen. Noch.
Draußen macht Lissy sich auf die Suche nach ihrer Freundin. Aber wer immer Franka in seiner Gewalt hat, er ist jetzt auch hinter Lissy her.

 

  Autor: Agnes Hammer
Verlag: script5
Erschienen: 15.09.2009
ISBN: 978-3-839-00104-2
Seitenzahl: 274 Seiten


Die Grundidee der Handlung
Lissy ist ein Mädchen mit vielen privaten Problemen. Die Mutter gibt Geld aus, das sie nicht haben. Der Vater ist obdachlos und hat ein enormes Alkoholproblem. Lissy war schon seit Ewigkeiten nicht mehr in der Schule, klaut und hat ihr Leben einfach nicht mehr im Griff. Als dann auch noch Franka spurlos verschwindet, geht alles drunter und drüber. Doch Lissy überlässt das Auffinden Frankas nicht der Polizei, sondern beginnt, selbst nach ihr zu suchen. Dabei scheint sie nicht zu bedenken, dass dies für sie selbst ebenfalls gefährlich werden könnte …


Stil und Sprache
Die Autorin führt uns anhand zweier Handlungsstränge, beide in der dritten Person abgefasst, durch das Geschehen. Zum einen begleiten wir Lissy, die fast das ganze Buch über mehr mit ihren eigenen Problemen beschäftigt ist, als dass das Hauptaugenmerk auf dem spurlosen Verschwinden Frankas liegen könnte. Zum anderen bekommen wir durch die Augen des Entführers von Franka die andere Seite der Geschichte geschildert. Und hier liegt meiner Meinung nach das größte Problem des Romans, denn es fehlt einfach die Sichtweise des Opfers, um richtig mit Franka mitfühlen und mitfürchten zu können. Die Distanz zu ihr ist einfach so groß, dass es den Leser leider nicht allzu sehr kümmert, was letztendlich mit ihr passiert. Hätte Agnes Hammer hier dem Leser Zutritt in Frankes Gedankenwelt gestattet, wäre aus dem Roman deutlich mehr herauszuholen gewesen. Doch so begleiten wir Lissy mit all ihren Problemen und Sorgen durch ihr völlig versautes Leben und hoffen, dass sie nochmal die Kurve kriegt, statt dass wir uns Sorgen um Franka machen.

Das Erzähltempo ist recht hoch, was an dem kurzen Rahmen der Handlung liegt, beginnt der Roman doch am Dienstag vor Weiberfastnacht und endet bereits am Aschermittwoch in der darauffolgenden Woche. Die einzelnen Kapitel sind mit den jeweiligen Wochentagen überschrieben, gefolgt von einer Textpassage in einer anderen Schriftart, bis es mit der eigentlichen Handlung weitergeht.
Die Sprache ist den Figuren und deren Umgebung angepasst und somit auch sehr direkt (z.B. auf Seite 15: „grobe, billige Schlampe“). Spannung kommt jedoch erst im letzten Drittel des Romans so richtig auf und ganz zum Schluss, wenn das Geschehen auf den Höhepunkt zusteuert, mag man das Buch wirklich nicht mehr aus der Hand legen. Doch für einen Psychothriller reicht das einfach nicht, da erwarte ich von Anfang an Spannung, die mich nicht mehr loslässt.


Figuren
Am Anfang werden die einzelnen Figuren fast schon zu detailliert beschrieben. Zudem hätte Agnes Hammer die Beschreibungen besser in den Verlauf der Handlung eingebaut, statt die Äußerlichkeiten mehr oder weniger am Stück runter zu rattern. Doch schon bald haben die Figuren Gestalt angenommen und wirken absolut lebensecht. Genau so stellt man sich die Jugendlichen, die Obdachlosen und die Karneval-Anhänger vor!

Lissy, die Hauptfigur, findet sich selbst sehr gutaussehend, ist zunächst jedoch alles andere als sympathisch. Sie bestiehlt ein türkisches Mädchen, verletzt es sogar. „Manchmal wohnte ein Tier in ihr, wütend und behaart wie ein Wildschwein. Es warf sich gegen ihren Brustkorb, es wollte raus.“ (Seite 10/11). Dieses Tier bzw. die Beschreibungen des Tiers begleiten uns durch das ganze Buch, doch was es genau damit auf sich hat, erfahren wir nicht. Mit der Zeit ist es nervig und man ist versucht, diese Sätze einfach zu überspringen.
Glücklicherweise entwickelt Lissy sich, je mehr der Leser sie kennen lernt, zu einem nicht mehr ganz so unsympathischen Mädchen. Sie zeigt Mitgefühl und Hilfsbereitschaft und setzt sich für Franka ein.
Franka ist ganz anders als Lissy. Sie ist ein hübsches, stilles Mädchen und am liebsten für sich allein. Sie schreibt Gedichte und liest viel. Doch viel mehr erfährt der Leser nicht über sie, was es schwer macht, mit ihr zu fühlen.
Leider bleibt auch der Antagonist in diesem Roman recht farblos. Zwar erfährt der Leser einiges von ihm, da er den zweiten Handlungsstrang mit seinen Gedanken beherrscht, doch es fällt schwer, sich ein Bild von ihm zu machen und seine Motive nachzuvollziehen.


Aufmachung des Buches
Optisch hat mich das Buch auf den ersten Blick nicht hundertprozentig überzeugen können, doch auf den zweiten Blick muss gesagt werden, dass es gut zum Inhalt passt. Auch auf den Innenseiten der Klappbroschur wird das rot angestrichene Holz weitergeführt, hinten lässt sich ein Teil der Klappe sogar heraustrennen und als Lesezeichen oder – wie in klein daran steht: „Zum Abtrennen und Weiterempfehlen“ - verwenden. Da ich mit meinen Büchern sehr pingelig bin, habe ich natürlich nichts abgetrennt … Eine lustige Idee ist es dennoch.

Gut gefällt mir das angenehm zu lesende Schriftbild. Die Schriftgröße ist genau richtig, sodass auch langes Lesen die Augen nicht ermüdet.


Fazit
Laut Verlagshomepage handelt es sich um einen Psychothriller. Ich muss leider sagen, dass ich das „Psycho“ gänzlich vermisst habe und auch der „Thriller“ viel zu lange braucht, um in Fahrt zu kommen. Wer also ein spannendes Buch sucht, wird hier enttäuscht werden. Wer jedoch eine eher lockere Lektüre rund um das Leben sozial nicht besonders gut gestellter Jugendlicher lesen möchte, wird sich mit Lissy und ihren Freunden wohl fühlen.


3 Sterne


Hinweise
Dieses Buch kaufen bei: amazon.de

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