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Die Fortschritte des menschlichen Wissensprojekts waren in den vergangenen Jahrhunderten enorm, aufregend und folgenreich. Doch eine bemerkenswerte Tatsache begleitet diese Entwicklungen: Während man früher glaubte, dass jeder Erkenntnisfortschritt unsere Unwissenheit schmälert, haben uns die jüngsten Entwicklungen gezeigt, wie wenig wir wissen. Zunehmendes Wissen steigert unsere Unwissenheit.

Was also wissen wir? Und wovon wissen wir heute, dass wir es nicht wissen? Und was haben wir über die Natur des Forschens selbst gelernt? Was sind die Grenzen des Wissens und wie können wir sie überschreiten?

Dieses fesselnde Buch, ein Standardwerk über die wissenschaftlichen Fortschritte der Menschheit, bietet neben einem außergewöhnlichen Lesevergnügen einen Überblick über drei der großen Bereiche des menschlichen Wissens – Grundlagenphysik, Menschheitsgeschichte und Hirnforschung. 

 

Die Grenzen des Wissens 

Originaltitel: The frontiers of knowledge
Autor:  A. C. Grayling
Übersetzer:  Jens Hagestedt
Verlag:  Hirzel S. Verlag
Erschienen:  15. März 2023
ISBN:  978-3-7776-3085- 4
Seitenzahl: 445 Seiten

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Umsetzung, Verständnis und Zielgruppe
Der Autor nimmt seine Leser auf eine ganz besondere Zeitreise mit, die in der früheren Menschheitsgeschichte beginnt und in der heutigen Zeit endet. Das Sachbuch ist jedoch keinesfalls eine Art Gegenüberstellung wie: „Auf der linken Seite können Sie nachlesen was wir wissen und auf der rechten finden Sie das bisher Unbekannte“, sondern es ist wie eine Geschichte bzw. Dokumentation vom „Wissen einst“ linear bis zu „Wissen jetzt“ aufgebaut.

Schon in der Einleitung spricht der Autor das „Paradoxon des Wissens“ an und erklärt, was es damit auf sich hat. Dabei zeigt er etliche wichtige Probleme auf, welche die Wissenschaft beschäftigen und erläutert dabei u. a. spannende und möglicherweise weniger bekannte Begriffe bzw. Herausforderungen wie z. B. das „Nadelloch-“ oder das „Kriterienproblem“, das „Parmenides-Problem“ und vieles mehr.

Auf kurzweilige und unterhaltsame Weise erklärt der Autor, warum unser heutiger Wissenszuwachs nur einen kleinen Teil - im Vergleich zu den Dingen, die wir nicht wissen – ausmacht. Es wird bald klar, wie viele Mängel und Unbekanntes unser heutiger Wissensstand aufweist, wie groß die Menge an Rätseln, neuartigen Entdeckungen oder genaueren Einblicken ist und dass noch viele unerwartete Fehleinschätzungen oder Irrtümer vor uns liegen.

Schon mit einem kurzen Blick in längst vergangene Zeiten zeigt der Autor, dass Forscher immer wieder vor spannenden Rätseln stehen. Sogar mit all dem aktuellen Wissen und unserer fortgeschrittenen Technik werden manchmal nur einzelne Puzzleteile herausgefunden – vor allem, wenn Texte oder mündliche Überlieferungen verloren gegangen sind oder lückenhaft weitergegeben wurden. Immer wieder stoßen Archäologen auf Gerätschaften oder Bauten, bei denen sie im Dunkeln tappen. Gerade hier reichen sich oft Naturwissenschaft und Geschichte die Hand, um gemeinsam zu Erkenntnissen zu kommen, da es durchaus einige übergreifende Bereiche gibt - wie man auch im Buch gut nachlesen kann.

Das Werk teilt sich nach dem Vorwort und der Einleitung in die drei großen Bereiche: „Naturwissenschaft“, „Geschichte“ und „Das Gehirn und der menschliche Geist“, die sich ihrerseits aus mehreren kleineren, mit zusammenfassenden Überschriften versehenen Kapiteln zusammensetzen. In den Rahmenbereichen „Naturwissenschaften“ und „Geschichte“ beginnt die Reise in grauer Vorzeit mit dem Ziel „Jetzt“. Dabei gibt es immer wieder einige Themenüberschneidungen, da es hier natürlich keine rasiermesserscharfe Abgrenzung geben kann. Gedanken über die Frage, wer dies oder jenes denn nun eigentlich erfunden oder entdeckt hat, wie sehr Religionen bei der Entwicklung der Menschen und der Wissenschaft eine Rolle gespielt haben oder auch wie man „Religion“ nun eigentlich definiert, werden im Buch aufgeworfen und so klar als möglich beantwortet.

Ob Aristoteles mit seiner Methaphysik, die Atomisten oder das Verhältnis von Einstein zur Quantentheorie bis hin zu Parmenides, Platon, dem Physiker Ernst Mach und vielen anderen – der Autor führt seine Leser zielstrebig durch die verschiedenen Zeit- und Wissensabschnitte und stellt viele  unterschiedlichen Genies mit ihrern jeweiligen Thesen und Erkenntnissen vor.

Im geschichtlichen Teil werden z. B. auch Sir Henry Rawlinson und Georg Smith vorgestellt, welche bei der Entzifferung der Keilschrift wichtige Arbeit geleistet haben. Ein kleiner Blick in Georg Smiths Vorgeschichte gewährt dabei auch einen interessanten Einblick in die menschliche Seite dieses Forschers und die Herausforderungen, vor denen er gestanden hat.

Im Buch werden auch immer wieder spannende Fragen aufgeworfen, wie z.B. im 3. Unterkapitel, in dem die Zweideutigkeit des Wortes „Geschichte“ erklärt wird, mit dem die Erforschung von vergangenen Ereignissen, aber auch die Ereignisse selbst bezeichnet werden können. Dabei erhebt sich dann zwangsläufig auch die Frage wie sehr wir uns sicher sein können, dass das, was wir über die Vergangenheit zu wissen glauben, auch tatsächlich so war. Und schließlich wird auch die Debatte angesprochen, in der diskutiert wird, ob die Archäologie nun als Natur- oder Geisteswissenschaft betrachtet werden soll.

Im dritten Großkapitel dreht sich alles um das Gehirn und den menschlichen Geist. Herz, Seele, Gefühle und das menschliche Bewusstsein - das Spektrum der Fachbereiche, die sich mit dem menschlichen Gehirn und dem Geist beschäftigen, ist recht umfangreich. Es reicht von der Neurowissenschaft über die (Neuro)Psychologie bis hin zur kognitiven Neurowissenschaft, der Neurologie oder der Philosophie des Geistes. Gemeinsam bilden sie sehr spannende und wichtige Bereiche die versuchen, den menschlichen Geist und das Zusammenspiel zwischen Gehirn, Gefühlen und Sinnen zu verstehen und zu erklären. Auch hier werden die Leser viele interessante Fakten und Wissenswerte Informationen über bekannte und kluge Menschen wie Hippokrates, Aristoteles oder John Locke finden.

Beim Lesen des Buches hat man schnell das Gefühl, dass man sich - schon von den ersten Sätzen an - in einer spannenden Dokumentation befindet. Nur, dass in diesem Fall die Bilder im Kopf entstehen und nicht auf dem Bildschirm präsentiert werden. Auf eine eingängige und kurzweilige Art und Weise versteht es der Autor, das Interesse seiner Leser zu wecken und sie so in Beschlag zu nehmen. Fakten und Behauptungen sind ebenso klar zu erkennen wie Annahmen, die oft mit Worten wie „vermutlich“, „wahrscheinlich“, „vielleicht“ beginnen.

Im Buch stellt der Autor A. C. Grayling gleich klar, dass das heutige Wissen unvollständig ist und immer neue Kenntnisse dazukommen. Er spricht auch an, dass einige heute populäre Meinungen möglicherweise korrigiert oder ganz verworfen werden, wenn neue Tatsachen, Untersuchungsmethoden oder Technologien zur Verfügung stehen. Dabei stellt er auch herausfordernde Fragen wie „Was wissen wir?“ oder „Was unterscheidet Wissen von Glauben und Meinung“.

Das Buch liest sich als spannender Wissens- und Fragenpool und wird einerseits bestimmt viele interessierte und neugierige Leser ansprechen und vielleicht auch zum Nachdenken bringen und andererseits - bei aller Wissensvermittlung - gut unterhalten können.


Aufmachung des Buches
Das geklebte Hardcover des Buches ist in weiß mit roter Schrift gehalten. Auf dem roten Schutzumschlag prangen im Gegensatz dazu der Titel in weißer Schrift, während der Autor und der Untertitel in schwarz gehalten wurde. Der Rückseitentext ist kurz und knackig, aber aussagekräftig und gibt einen guten Einblick in das Kernthema des Buches. Auf der vorderen Innenklappe finden sich die Aussagen von drei unterschiedlichen Autoren zum Buch. Auf der hinteren Innenklappe ist ein Foto inklusive Kurzvita des Autors zu sehen. Nach dem Impressum und vor dem übersichtlichen Inhaltsverzeichnis ist eine Widmung zu finden, der ein Vorwort und eine Einleitung folgen.

Die drei großen Abschnitte des Buches „Naturwissenschaft“, „Geschichte“ und „Das Gehirn und der menschliche Geist“ werden von kleineren Kapiteln gebildet und sind jeweils durch ein Leerblatt inkl. Bezifferung und Benennung des folgenden Teiles deutlich zu erkennen. Im Text selbst sind ab und zu Zahlen zu erkennen, die im Anhang - nach einer Danksagung und einer Bibliografie - unter „Anmerkungen“ nachgelesen werden können. Ein Register von A bis Z schließt das Werk gut ab. Auf den letzten drei Seiten werden die Bücher „Vom Staunen der Welt“ von Ernst Peter Fischer, „Das Gesetz der Ansteckung“ von Adam Kucharski und „Verschwörungsmythen“ von Holm Gero Hümmler aus dem Hirzel Verlagsprogramm kurz vorgestellt.


Fazit
Ein absolut empfehlenswertes Buch für alle neugierigen Leser, die auf konzentrierte, aber unterhaltsame Art und Weise mehr über das heutige Wissen und Nichtwissen erfahren möchten. Kurzweilig, informativ und gut verständlich geschrieben, besser geht es nicht! Genau SO macht Wissensvermittlung Spaß!


5 Sterne


Hinweise
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