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Berlin 1934: Unter einer Eisenbahnbrücke wird ein toter SA-Mann gefunden – an der Mauer prangt eine kommunistische Parole. Die Geheime Staatspolizei geht von einem politischen Mord aus, aber Kommissar Gereon Rath ermittelt in eine andere Richtung. Als ein zweiter SA-Mann erschlagen aufgefunden wird, deutet alles auf eine Mordserie hin. Während der Ermittlungen wird die politische Lage immer brisanter und der Druck auf den Kommissar nimmt zu: Seine Frau gerät in SA-Haft und er selbst erhält einen unmissverständlichen Mordauftrag.

 

Lunapark 

Autor: Volker Kutscher
Verlag: Kiepenheuer & Witsch 
Erschienen: 10. November 2016
ISBN: 978-3462049237
Seitenzahl: 560 Seiten

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Die Grundidee der Handlung
Die politische Stimmung 1934 im Deutschen Reich droht umzuschlagen. Die SA, die Hitler 1933 zur Macht verholfen hat, wird immer brutaler. Immer mehr unbescholtene Bürger geraten in SA-Haft, so auch Charly, Gereon Raths Frau. Rath selbst bekommt während seines neuen Falls nicht nur die Macht der SA zu spüren, auch die Berliner Unterwelt, allen voran der aufgelöste Ringverein der Nordpiraten, getarnt als SA-Sturm, macht ihm das Leben schwer.

Als unter einer Berliner Eisenbahnbrücke ein SA-Mann ermordet aufgefunden wird, übernimmt zunächst Rath die Ermittlungen und trifft auf seinen ehemaligen Mitarbeiter Reinhold Gräf, der ihm jetzt nicht nur im Rang eines Kommissars ebenbürtig ist. Wie Rath erfährt, arbeitet Gräf inzwischen für die Geheime Staatspolizei und sieht hinter dem Mord ein politisches Motiv, allen voran sind die Kommunisten verdächtig. 
Die Obduktion ergibt zweifelsfrei, dass der Tote erstickt worden war, dennoch hält die Gestapo an einem Mord fest, da der Tote Misshandlungen aufweist. 
Im Hintergrund des Röhm-Putsches beginnt Rath - wie immer - eigenständig zu ermitteln und legt sich ein ums andere Mal mit seinem ehemaligen Freund Gräf an. Als ein zweiter SA-Mann ermordet aufgefunden wird, sieht sich Gräf in seiner These bestätigt und geht von einem Serienmörder aus. Rath hat berechtigte Zweifel, wie seine Untersuchungen ergeben und versucht diese auch Gräf mitzuteilen, der aber unwirsch abwinkt und durch diese Morde eine Chance sieht, seine eigenen Karriereziele zu verfolgen.



Stil und Sprache
Haben die politischen Ereignisse in den bisherigen Romanen um Kriminalkommissar Gereon Rath eher den Rahmen gebildet, der mit Fortsetzung immer dicker wurde, so ist in diesem Buch schon deutlich die düstere politische Atmosphäre zu spüren. Ein Jahr nach der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten hat sich eine gefährliche Gemengelage aus Angst und Brutalität entwickelt. 
Die Hauptstadt ist auch hier nicht nur bloße Kulisse, sie atmet in jeder Zeile des Romans ihren Liebreiz aus. Sei es durch das Berlinerische seiner Akteure, den ruppigen Charme der Berliner oder einfach dadurch, dass Kutscher uns in das Berlin der 30er Jahre mit seinen Straßen, Cafés, Nachtclubs und auch in die Zeit des Nationalsozialismus` führt.

 Neben der Haupthandlung um die Morde der SA-Männer enspinnt sich eine Nebenhandlung mit Charly, die inzwischen einen immer wichtigeren Gegenpart zu ihrem Mann spielt. Eine alte Freundin bittet sie um Hilfe, ihren Freund, einen Kommunisten, aus den Klauen der SA zu befreien. Die beiden Handlungen überschneiden sich hin und wieder, ohne dass die Protagonisten es merken, wodurch zu der äußeren Spannung eine Binnenspannung entsteht.

In allen bisherigen Romanen ist das Zeitgeschehen akribisch recherchiert und die Plots zeichnen sich durch Komplexität aus. Die Nazis gegen die Kommunisten, rechtschaffene Bürger gegen Antisemiten, dazwischen stehen sich diametral die Polizeiapparate gegenüber. Trotz seiner Komplexität ist der Roman alles andere als kompliziert. Der Spannungsbogen bleibt über den gesamten Roman erhalten und entwickelt sich beinahe zu einem Pageturner.



Figuren
Die Zeiten haben sich geändert. Rath versucht das Politische zu ignorieren, kann sich bisher mit einem schlampigen Deutschen Gruß durchmogeln, geht seiner Aufgabe als Mordermittler nach und schlägt, wenn er auf dem legalen Weg nicht weiterkommt, auch schon mal einen Nebenweg ein. Als Einzelgänger hat er wenige Freunde und auch dem Leser ist Rath nicht immer sympathisch. 
Seit dem ersten Roman unterhält Rath eine Beziehung zum Berliner Unterweltboss Johann Marlow und steht seitdem auf Marlows Gehaltsliste. Von dem Geld bestreitet er seit dem letzten Roman für sich und Charly eine große Wohnung im angesehenen Bezirk Charlottenburg. Charly gegenüber erklärt er, er habe von einem entfernten Verwandten geerbt. 
Im aktuellen Fall droht Dr. M, wie Marlow auch genannt wird, ihn auffliegen zu lassen, wenn er nicht einen Widersacher für ihn töte, der direkt mit dem aktuellen Fall zu tun habe. Diese Aufgabe, von der er noch nicht weiß, ob er sie durchführen wird, führt ihn in den titelgebenen Lunapark. Der Lunapark war einst ein glanzvoller Vergnügungspark und wurde 1933 von den Nationalsozialisten geschlossen.



Raths Frau Charly ahnt, ihr Mann ist in der Hand Marlows. Als das moralische Gewissen ist sie zunächst wütend, doch dann benötigt sie selbst Hilfe und wendet sich vertrauensvoll an ihn. Sowohl Charly als auch Gereon Rath sind in ihren Ambivalenzen komplex und wirken dadurch authentisch. 

Friedrich Thomann, genannt Fritze und Pflegekind von Charly und Gereon, ist Feuer und Flamme für die HJ-Bewegung und schließt sich dieser an. Charly scheint in dieser Familie die einzige zu sein, die die Zeichen einer größeren Gefahr durch das neue Regime erkennt. Sie versucht, ihn die HJ und die Uniform auszureden und geht mit ihm barscher um, als sie eigentlich beabsichtigt und entfernt sich dadurch von ihm mehr als ihr lieb ist.


Aufmachung des Buches
Das 560 Seiten starke Taschenbuch gliedert sich in drei Teile: Luna Plena, Interludium und Luna Minor, mit insgesamt 95 Kapiteln.
Das Cover bildet den Lunapark zu seiner Hochzeit ab. Passend zur Zeit ist das Foto in schwarz-weiß gehalten.


Fazit
Lunapark ist der bisher stärkste Roman aus der Gereon-Rath-Reihe. Düster, spannend, ausgeklügelt und historisch korrekt. Man darf sich auf folgende Bände freuen!


5 Sterne


Hinweise
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Backlist:
Band 1: Der nasse Fisch
Band 2: Der stumme Tod
Band 3: Goldstein
Band 4: Akte Vaterland
Band 5: Märzgefallene

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