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Kategorie: 1450 – 1600 Renaissance

Europa 1582: Während die Religionskriege Nachbarn zu Feinden machen, sind Gelehrte, Alchemisten und die Spione der Mächtigen auf der Suche nach der Sprache der Schöpfung, mit der Gott die Welt erschaffen hat. Denn diese Ursprache, so glaubt man, hat noch immer die Macht, das Gesagte entstehen zu lassen.
Der sprachbegabte Jacob Greve entdeckt in den Diensten des englischen Hofastronomen John Dee das geheimnisvolle Buch Soyga, das den Schlüssel zur Ursprache enthalten soll. Daraufhin macht er sich auf eine gefahrvolle Reise quer durch Europa, um es zu enträtseln. Doch Jacob ist nicht der einzige, der dem Geheimnis auf der Spur ist. Die radikale katholische Liga hat die Übersetzerin und Spionin Margarète Labé auf Jacob angesetzt, und auch der zwielichtige Alchemist Edward Kelley hat großes Interesse an Jacobs Talenten …
Im von Kriegen zerrissenen Europa Ende des 16. Jahrhunderts lässt Katharina Kramer die Helden ihres historischen Romans das Rätsel um das geheimnisvolle Buch Soyga ergründen und Jacob, Margarète und Edward das Wesen der Sprache selbst erforschen.

 

Die Sprache des Lichts 

Autor: Katharina Kramer
Verlag: Droemer Knaur
Erschienen: 20. März 2021
Format: ePub
ISBN: 978-3-426-45860-0
Seitenzahl: 496 Seiten

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Die Grundidee der Handlung
GOTT sprach: „Es werde Licht“ .. so sagt es die Schöpfungsgeschichte im Alten Testament aus.
Daraus schlossen im Mittelalter Gelehrte und Theologen, dass Gott tatsächlich eine Sprache gebraucht haben muss, um die Welt zu erschaffen: Die „Sprache der Engel“ oder auch die „Sprache des Lichts“. Die Suche nach dieser ganz besonderen Sprache ist das Thema dieses Romans und Katharina Kramer beschreibt sie in ihrem Debüt ungemein fesselnd und spannend und bindet dabei den historischen Hintergrund sehr authentisch und glaubwürdig in ihre Geschichte ein.


Stil und Sprache
1582 toben bereits – noch vor dem Ausbruch des 30jährigen Krieges – die Kämpfe zwischen Katholiken und Protestanten um den „wahren Glauben“, wobei es aber auch um sehr viel mehr geht, nämlich Macht und Einfluss in Europa, die Unabhängigkeit der Niederlande von den verhassten Spaniern und die Rolle, die die protestantische, englische Königin – Elizabeth I. – dabei spielen möchte. Sie unterstützt die Bestrebungen in erster Linie, um ihren Erzfeinden Spanien und Frankreich soviel Schaden wie möglich zuzufügen. Auch dem – ebenfalls protestantischen – König Heinrich v. Navarra ist sie zunächst eine Verbündete und versorgt ihn mit Truppen und Geld.
Jede der verfeindeten Parteien versucht zu beweisen, dass GOTT selbst auf ihrer Seite steht. Daher gestaltet sich die Suche nach der „Ursprache“, mit der ER die Welt erschuf, zu einem Wettlauf zwischen den gegnerischen Lagern. Das mysteriöse Buch „Soyga“ – das sich anfangs im Besitz des englischen Gelehrten John Dee befindet und vermutlich die verschlüsselte Lösung enthält – spielt dabei eine wichtige Rolle.

Katharina Kramer hat hier einen außerordentlich komplexen und interessanten Roman geschrieben. Es geht um die Sprache(n) schlechthin, und ich muss gestehen, dass ich tatsächlich am Anfang etwas überrascht und manchmal sogar ratlos war. Der historische Hintergrund ist mir bekannt und vertraut, aber ob alle diese hier verwendeten Sprachen auch wirklich stimmen, wenn sich da zwei "Sprachgenies" unterhalten, nach jedem dritten Satz vom Spanischen ins Lateinische, Englische, Deutsche, sogar Walisische wechseln und sämtliche alten Griechen und Römer zitieren, das kann ja kein Leser wirklich überprüfen. Ähnlich ging es mir bei den Rätseln aus Mathematik, Magie und Kryptologie. So habe ich manche dieser Passagen einfach nur überflogen, bis hin zu den Szenen, wo ich mich durch meine Kenntnis der geschilderten Zeit wieder sicher fühlte.
Ungeachtet der oftmals schwer verständlichen Wechsel von einer Sprache zur nächsten habe ich mich aber dadurch nicht entmutigen lassen, sondern wollte trotzdem unbedingt wissen, wie es weiter geht.
Eine „leichte Lektüre“ ist also bei diesem Buch nicht zu erwarten. Man muss schon Vieles sehr aufmerksam – manchmal auch mehrmals - lesen, um zu verstehen, worum es eigentlich geht. Aber dann wird man mit einer ganz besonderen, wirklich bemerkenswerten Geschichte belohnt, die man (ich) in dieser Form noch nicht gelesen hat. Erst das aufschlussreiche Nachwort und die Danksagung der Autorin geben umfassend und einleuchtend Auskunft über die Entstehung und die Geheimnisse - nicht nur des Buches „Soyga“ - sondern dieses Romans, sodass ich dann doch beruhigt sein konnte und die Arbeit von Katharina Kramer nur umso mehr würdigen und bewundern muss.


Figuren
Die beiden Hauptprotagonisten sind fiktiv, aber außerordentlich interessante Personen.
Jakob Greve ist ein Genie, dem die verschiedenen Sprachen nur so zufliegen, der aber darüber nicht immer sehr glücklich ist, weil er sich dadurch – gegen seinen Willen und zu seinem oftmaligen Nachteil – sehr von seinen Mitmenschen abhebt. Für ihn ist Sprache eine Sinfonie von Farben, Formen und Tönen, die ihm viel mehr negative, als positive Gefühle beschert und ihn immer wieder in sehr gefährliche Situationen bringt. So „sieht“ er z.B. wie Edward und Margarète sprechen und kann die Herkunft von Fremden schon allein daran unterscheiden:

Zitate: "dein Midlands-Akzent klingt hellgrün an den Rändern, viel weniger blau als der Londoner Akzent, aber beide sind viereckig" oder
Bearnesisch - die Sprache von Navarra - sind "kleine, filzige violette Ovale, die sich schnell von rechts nach links bewegen, umkreist von roten und gelben Punkten"

Margarète Labé ist eine junge Witwe bürgerlicher Herkunft, aber intelligent und sprachbegabt. Ein adliger Gönner hat das Potenzial erkannt, das in ihr steckt und sie zu einer Spionin für die Sache der Katholischen Liga ausgebildet. Eigentlich ist sie auf Jakob angesetzt, um ihn auszuschalten, aber die Liebe geht eben immer wieder seltsame Wege.
John Dee war ein bekannter Gelehrter und Mathematiker, der sich mit den verschiedensten Themen befasste und zu Beginn der Neuzeit praktisch zwischen Wissenschaft und Mystik stand. Viele seiner Zeitgenossen hielten ihn für einen „Zauberer“, Königin Elizabeth diente er als Astrologe und Berater. Er hat tatsächlich nach der „Sprache der Engel“ geforscht und daher ist seine Rolle in diesem Buch wirklich glaubhaft und nachvollziehbar.

Viele weitere Personen aus dem am Anfang genannten Verzeichnis sind historisch und haben so gelebt und gehandelt, wie es hier geschildert wird, allen voran Kaiser Rudolf II., Elizabeth von England, Heinrich v. Navarra und seine Schwester Catharina v. Boubon.



Aufmachung des Buches
Das Cover des Ebooks zeigt einen Mann und eine Frau in der Kleidung des 16. Jahrhunderts vor dem schemenhaften Hintergrund einer Landkarte.
Der Einblick in die Handlung entspricht dem Klappentext des Prints .. siehe oben .. daran schließt ein Verzeichnis an, in dem die überwiegend historischen Personen mit * gekennzeichnet und mit weiteren Erläuterungen beschrieben sind.
Die folgenden 42 Kapitel und der Epilog sind mit aussagekräftigen Überschriften versehen, die dem Leser bereits ankündigen, was ihn auf den nächsten Seiten erwartet. Der Anhang umfasst ein Glossar, sehr interessante und für das Verständnis wichtige Anmerkungen der Autorin zum historischen und faktischen Hintergrund, eine Auswahl der verwendeten Quellen und die Danksagung.


Fazit
Ich habe selten ein Buch gelesen, das mich so sehr fasziniert und beeindruckt, mir aber auch gleichzeitig so viel Aufmerksamkeit abverlangt hat, wie dieses. Es ist sprachlich sehr anspruchsvoll und nicht einfach so „zum Herunterlesen“, aber es ist jetzt schon eins meiner Highlights 2022.


5 Sterne


Hinweise
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