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Kategorie: Naturwissenschaft und Technik

Für alle, die verstehen wollen, wie aus einfachsten Wechselwirkungen die komplexesten Phänomene entstehen! 

Vogelschwärme führen komplexe Manöver aus über uns am Himmel, Fische vollbringen Ähnliches in den Tiefen der See. Im asiatischen Dschungel zeigen Leuchtkäfer Lichtvorführungen, in denen Tausende von Käfern in perfekter, synchroner Harmonie strahlen. Diese und ähnliche Vorgänge haben dazu geführt, dass Mathematiker und Physiker sich mit Kollegen der Biologie zusammengefunden haben, um die dem Schwarmverhalten zugrunde liegende Struktur zu erforschen. Tatsächlich ist diese Struktur universell und ähnlich der, die man in der Physik vieler wechselwirkender Teilchen findet. Das Entstehen und die Struktur eines Vogelschwarms entsprechen in vieler Hinsicht der Magnetisierung von Eisen, bei der ganz plötzlich die Spins der meisten Atome in die gleiche Richtung weisen. Die Synchronisierung der Leuchtkäferstrahlung wiederum beruht auf Mechanismen, die der Lichtemission eines Lasers ähneln.

Heuschrecken haben keinen König beschreibt die verschiedenen Formen des Schwarmverhaltens von Tiergemeinschaften und stellt diesen dann die entsprechenden Strukturen in Physik und Informatik gegenüber. Doch keine Angst: es wird nur einfache Mathematik benötigt und auch die angeführte Physik und Biologie bewegt sich auf allgemeinverständlichem Niveau. Erleben Sie mit, wie aus einfachen Gesetzmäßigkeiten die komplexesten Phänomene entstehen können – ohne dass es einer zentralen Kontrollinstanz bedarf.

 

Heuschrecken haben keinen Koenig 

Autor: Helmut Satz
Verlag: Wiley-VCH GmbH 
Erschienen: 14. April 2021
ISBN: 978-3-527-34749-0
Seitenzahl: 142 Seiten

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Umsetzung, Verständnis und Zielgruppe
Ein Schwarm - ob es sich nun um Vögel, Fische oder Insekten handelt - agiert oft wie ein einziger Körper. Es gibt wohl kaum jemanden, den dieses Verhalten nicht fasziniert und die synchronen Bewegungen bei ihren schnellen Richtungswechseln nicht beeindruckt verfolgt. Irgendwann fragt man sich unweigerlich: „Wie funktioniert das eigentlich?“.

In seinem Buch erklärt der Autor unkompliziert und speziell auch für Laien gut verständlich, was es mit der Schwarmbildung so auf sich hat. Er zeigt Fragen und Probleme auf, vor denen die Wissenschaftler bei diesem Thema stehen, erläutert die heutigen Erkenntnisse so, dass es jeder Interessierte gut nachvollziehen kann und verknüpft dafür Beispiele aus der Tierwelt mit Mathematik und Physik.

Unerwartet kurzweilig und dabei in recht kurz gefasste Abschnitte unterteilt, versucht der Autor Licht in das Geheimnis rund um die „Schwarmbildung“ zu bringen. Fasziniert kann der Leser so entdecken, was das Verhalten eines Vogelschwarms mit der Magnetisierung von Eisen zu tun hat und erfährt, was es mit der 8. Plage in der Bibel, den Heuschreckenschwärmen auf sich hat. Gespannt folgt man den Erläuterungen des Autors, wenn er erklärt, wie es möglich ist, dass aus dem Einzelgänger „Heuschreck“ ein überzeugtes Schwarmtier wird.

Immer wieder werden die im Buch verwendeten Formeln und Fachbegriffe wie z.B. „Perkolation“ erläutert und mit eingängigen Beispielen gut fassbar erklärt. Dem Entstehen willkürlicher Verbindungen inklusive der Perkolation wurde so ein ganzes Kapitel gewidmet. Als Beispiel aus dem Tierreich wurden hier einmal mehr die Heuschrecken bemüht, aber auch Beispiele aus der Physik gebracht.

Wie es Vögel schaffen, dass sie – wenn sie hektisch aufflattern – sich formieren und als Teil des Ganzen einzugliedern erfahren die Leser im spannenden Kapitel „Die Stare Roms“. Ein anderer Abschnitt befasst sich wiederum mit der Ordnung im Chaos. Hier erfährt man, was es mit dem Curie-Punkt auf sich hat, riskiert einen Blick in das Verhalten von Eisenatomen und kann etwas über Grüppchen und Gruppenbildung lernen.

Wer ist nun eigentlich der Erste und wer gibt „den Ton“ an? Welche Bedingung es braucht, um einen Schwarm bzw. eine funktionierende Gruppe zu bilden und wie das Ganze denn eigentlich funktioniert, liest sich ebenso interessant wie spannend. Immer wieder vergleicht Helmut Satz Biologie, Informatik und Physik, um dem Geheimnis der Synchronität und Harmonie auf die Spur zu kommen und es zeigt sich bald, wie sehr sich viele Erkenntnisse der unterschiedlichen Fachrichtungen überschneiden.

Auf den Takt und die Harmonie kommt es nicht nur beim Tanzen an, aber wie und warum funktioniert Synchronität eigentlich? Sei es nun in der Luft unter Wasser oder auf der Erde, bei den Molekülen, ausgedrückt mittels Formeln in der Mathematik oder bei den Lichtspielen der Leuchtkäfer, dem Zirpkonzert der Grillen oder dem Herzschrittmacher. Der Autor spannt einen weiten Bogen von der Schwarmbildung als Phänomen selbst, über den Formationsflug der Zugvögel und die Wegbestimmung der Tiere oder das Zusammenspiel der Bewegungen von Lebewesen und Molekülen bis hin zur Aerodynamik, den staatenbildenden Insekten und der Verständigung unter den Tieren. 

Ein geniales Buch für alle neugierigen Menschen, die sich schon immer gefragt haben, wie es sein kann, dass Zugvögel in Formationen fliegen, dass es in Schwärmen keine „Unfälle“ gibt, ob es solche Phänomene auch in anderen Bereichen gibt und ob sich das alles irgendwie berechnen lässt. Hier werden aktuelle Erkenntnissen auch für Laien trotz aller Sachlichkeit sehr kurzweilig und gut verständlich erklärt. So bleibt das Buch von Beginn bis zum Ende spannend und garantiert seinen Lesern bestimmt etliche Aha-Erlebnisse.


Aufmachung des Buches

Das schlanke Broschurbuch zeigt einen Insektenschwarm gegen den Himmel fotografiert. Der Rückseitentext ist spannend und macht neugierig, gleich darunter ist auch die Kurzvita des Autors zu finden. Zahlreiche Illustrationen, Fotos und Grafiken im Buch bereichern den Text und machen die Erklärungen besser nachvollziehbar. Die verwendeten Fachausdrücke und Formeln wurden so einfach und allgemein verständlich wie möglich erklärt, das erlaubt auch völligen Laien, den Erläuterungen und Beispielen im Buch gut zu folgen. Die 20 Kapitel nach dem Vorwort und der Einleitung sind recht klar, übersichtlich, kurz und knackig gehalten, ein Epilog, zwei Anhänge, ein Literatur-, ein Personen- sowie ein Sachverzeichnis schließen das Buch ab.


Fazit
Absolut lesenswert! Heuschrecken haben keinen König ist ein faszinierendes Buch, in dem Beobachtungen aus der Tierwelt Erkenntnissen aus Physik und Informatik gegenüber gestellt werden und so das fesselnde Thema der Schwarmbildung auch für Laien kurzweilig und sehr gut verständlich erklärt wird. Es ist auf jeden Fall eines der interessantesten Sachbücher, die ich bis jetzt gelesen habe.


5 Sterne


Hinweise
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