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Kategorie: Mythen und Historik

Wie weit darf man für seinen Glauben gehen ?

Nach der Trennung ihrer Eltern, Heinrich VIII. und Katharina von Aragon, wird Prinzessin Mary Tudor zum Bastard erklärt und von der Thronfolge ausgeschlossen. Entsetzt muss sie mit ansehen, wie ihr Vater sich zum Oberhaupt der Kirche erhebt und gewaltsam den Weg für die Reformation in England ebnet. Als es ihr später trotz aller Widerstände gelingt, sich den englischen Thron zu erkämpfen, ist Mary sicher: Dies ist der Wille Gottes!

Und so versucht sie, England zurück zum Katholizismus zu führen ...

 

Bloody Mary 

Autorin: Kristina Gehrmann
Illustratorin: Kristina Gehrmann
Verlag: Carlsen
Erschienen: 2. März 2020
ISBN: 978-3-551-79349-2
Seitenzahl: 336 Seiten
Altersgruppe: ab 14 Jahre

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Die Grundidee der Handlung
Prinzessin Mary – einziges überlebendes Kind des englischen Königs Heinrich VIII. und seiner ersten Gattin Katharina von Aragon – ist von Geburt an zur Thronfolgerin bestimmt. Ihr Vater kann sich jedoch nicht damit abfinden, keinen Sohn zu haben und versucht, vom Papst die Scheidung von Marys Mutter zu erreichen, um eine neue Ehe mit Anne Boleyn einzugehen. Als ihm dies nach jahrelangen Bemühungen nicht gelingt, erklärt er sich selbst zum Oberhaupt der Kirche, verstößt Königin Katharina, macht damit Mary zum Bastard und bereitet so der Reformation in England den Weg. Doch auch Anne bekommt nur eine Tochter – Elizabeth - und erst Heinrichs dritte Gemahlin schenkt ihm den ersehnten männlichen Erben, stirbt aber wenig später im Wochenbett. Heinrich heiratet noch drei Mal, doch diese Ehen bleiben kinderlos. In seinem Testament setzt er beide Töchter wieder in die Thronfolge ein. Sein Sohn Edward VI. stirbt bereits mit 16 Jahren, sodass Mary dessen legitime Nachfolgerin ist und als Maria I. gekrönt wird.

Mary war streng katholisch erzogen worden, der Glaube hatte damals einen ganz anderen Stellenwert, die Herrscher fühlten sich für das „Seelenheil“ ihrer Untertanen verantwortlich. Von daher ist es ganz natürlich, dass sie ihr erstes Ziel darin sah, England wieder „in den Schoß der Kirche“ zurück zu führen, wenn nicht freiwillig, dann mit Gewalt. Durch die Verbrennung von fast 300 „Ketzern“ kam sie zu ihrem Namen „Bloody Mary – Maria, die Blutige“. Kristina Gehrmann stellt Maria Tudor – die erste regierende Königin von England – in Wort und Bild historisch sehr nachvollziehbar und genau dar und gibt damit ihren Lesern einen sehr guten Einblick in die Geschichte der Tudors und die Zeit der Renaissance.


Beurteilung der Zeichnung / Textdarstellung
Die Autorin lässt Mary Tudor ihr ereignisreiches Leben selbst erzählen. Dazu hat sie die Ich-Form gewählt, die die Illustrationen begleitend erklärt. Zusätzlich finden bei wichtigen und aufschlussreichen Szenen Dialoge in „wörtlicher Rede“ zwischen den verschiedenen Personen statt. Die Texte sind in schwarzen Druckbuchstaben auf weißem Grund sehr deutlich und gut sichtbar und machen daher das Lesen mühelos und angenehm. Es gibt aber auch viele Bilder, die für sich selbst sprechen, sodass die Darstellungen nicht durch die Schrift überfrachtet sind.

Kristina Gehrmann schildert den Zeitraum zwischen 1518 und 1558 und zeichnet sehr authentisch die damalige Mode – Giebelhauben, Roben, Juwelen oder das Habit der Geistlichkeit – die Ausstattung der Räumlichkeiten, den Tafelschmuck und die Schlösser, samt ihrer Umgebung nach. Auch die Sprache dieser Zeit gleicht sie ihren Figuren an: Am Hof ist sie sehr viel vornehmer, als beim einfachen Volk, das in Marys Leben ebenfalls eine wichtige Rolle spielt. Es gelingt ihr zudem hervorragend, die jeweilige Stimmung einer Situation einzufangen, sei es durch den Gesichtsausdruck und die Haltung der betroffenen Personen, als auch durch die Wahl der Farben. Es gibt fröhliche Szenen, wie zum Beispiel Feste mit strahlenden, bunt gekleideten Höflingen, aber auch immer wieder dunkle und bedrückende Ereignisse, die Marys Leben überschatten und sich durch die verschiedensten Grautöne eindrucksvoll nachempfinden lassen.

Die Illustrationen sind in nass-in-nass Malerei mit Tusche entstanden. Diese Technik wird in einem gesonderten Kapitel ausführlich erklärt.


Aufmachung des Comics
Das Buch ist ein veredeltes Hardcover in den Farben Rot und Gold. Die Darstellung der Mary Tudor basiert auf einem Portrait aus dem 16. Jahrhundert. Der Name der Autorin/Illustratorin, sowie der Titel erscheinen in erhabenen Goldlettern.

Die Übersicht am Anfang zeigt, dass sich die 336 Seiten auf vier Kapitel, eine kurze Schilderung wichtiger Personen – „was wurde eigentlich aus ..?“ – , einem "Making of" über die Entstehung des Buches und besonders die verwendete Mal-Technik der Illustrationen, sowie die Vita der Autorin verteilen. Erwähnenswert ist, dass jedem der vier Kapitel eine doppelseitige Abbildung voran gestellt ist, die zusammen mit einem dazu passenden Vers – im englischen Original und leider ohne Übersetzung – eine Vorschau des darin zu erwartenden Inhalts ergibt. Es handelt sich bei den Texten um authentische Lieder/Gedichte aus der Zeit der Tudors und bei Kapitel 4 um ein Gebet für Königin Mary


Fazit
„Bloody Mary“ ist der erste Comic, den ich zu einem geschichtlichen Thema gelesen habe. Die Dynastie der Tudor interessiert mich seit vielen Jahren und ich war daher gespannt, wie Kristina Gehrmann das Schicksal von Maria I. in diesem Buch umgesetzt hat. Ich bin wirklich sehr begeistert, denn historisch ist ihr das außerordentlich authentisch und spannend gelungen. Ich könnte mir gut vorstellen, dass man junge Menschen mit solch einer "Graphic Novel" für Geschichte interessieren kann und freue mich schon auf Elizabeth I., deren Leben die Autorin als nächstes bearbeiten will.


5 Sterne


Hinweise
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