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Niall konnte sie auf dem Weg zum Club kaum ansehen. Er konnte sich nicht vorstellen, dass man ihm erlauben würde, eine Beziehung mit einer Sterblichen einzugehen, schon gar nicht mit einer, die unter dem ganz besonderen Schutz der Sommerkönigin stand.

Oder doch?

Seine Königin hatte ihn gebeten, für die Sicherheit der Sterblichen zu sorgen, also würde er genau das tun. Er konnte der Verlockung widerstehen.

Aber er musste trotzdem seine Hand zur Faust ballen. Dieses Verlangen, seine Haut an ihrer zu reiben, diesen Drang, ihr ganz nah zu sein, hatte er seit Jahrhunderten nicht mehr so stark verspürt.

 

  Autor: Melissa Marr
Verlag: Carlsen Verlag
Erschienen: 03/2009
ISBN: 978-3-551-58169-3
Seitenzahl: 334 Seiten


Die Grundidee der Handlung
Leslie hat es ganz und gar nicht einfach, seit ihre Mutter der Familie den Rücken kehrte. Das Zuhause ist in desolatem Zustand, Rechnungen stapeln sich unbezahlt und Lebensmittel sind meist auch keine zu finden. Ihr Vater lässt sich völlig gehen, ist ständig betrunken und geht seiner Spielsucht nach. Leslies Bruder Ren ist ebenfalls tief gesunken, verkehrt ob seiner Experimentierfreudigkeit gleich in mehreren Drogenkreisen und schreckt nicht einmal davor zurück, seine Geschäfte auf Kosten seiner Schwester zu schließen.
Nach außen ist Leslie stets bemüht, die Fassade eines geordneten Lebens aufrecht zu erhalten. Um die nötigsten Rechnungen auszugleichen und zudem ihrem Bruder weitestgehend aus dem Weg zu gehen, kellnert sie im Verlaine.
Ihr größter Wunsch ist ein eigenes Tattoo. Ein Symbol, das ihren Körper wieder zu ihrem Eigentum macht. Etwas, das ihr Leben verändert.
Als sie sich im Pin and Needles ein ganz spezielles Motiv aus Rabbits Unikatensammlung heraussucht, ahnt sie nicht, wie grundlegend diese Veränderung sein wird und in welchen Kreisen sie sich plötzlich wieder findet…


Stil und Sprache
„Gegen die Finsternis“ ist der zweite Roman aus der Sommerlicht-Serie der amerikanischen Autorin Melissa Marr. Von einer Fortsetzung im herkömmlichen Sinne lässt sich jedoch nicht sprechen. Jeder Band ist in sich abgeschlossen. Während sich der erste Teil der Reihe, „Gegen das Sommerlicht“, vornehmlich um Geschicke und Belange der sonnigen Vertreter unter dem Elfenvolk dreht, wird hingegen in „Gegen die Finsternis“, wie der Buchtitel schon vermuten lässt, die dunkle Seite der keltischen Mythologie in den Vordergrund gestellt.
Einen Wiedererkennungswert in vielerlei Hinsicht wird der Leser dennoch erleben. Sowohl Aufmachung und Figuren, auf die im Anschluss gesondert eingegangen wird, als auch Melissa Marrs unverkennbarer Stil bleiben in gewohnter Ausprägung erhalten.
Über sechsunddreißig Kapitel zuzüglich Pro- und Epilog kreiert die Autorin auch in diesem Buch eine intensive Atmosphäre und überzeugt mit interessanten Charakteren.
Sehr auffällig ist der starke Kontrast zur Handlung des vorherigen Romans, der ausgesprochen gut gelungen ist. In „Gegen die Finsternis“ sucht man Sequenzen à la Friede, Freude, Eierkuchen eher vergebens. Das Leben am Hofe der Finsternis kann, genauso wie das Leben der Sterblichen, hart und grausam wirken.
Melissa Marr schreibt in dritter Person Singular, gewährt aber hier und da Einblicke in Gedanken und Emotionen der Akteure.
Zahlreiche Perspektivenwechsel sorgen für einen abwechslungsreichen, lebendigen Textfluss und runden das Gesamtbild erfolgreich ab.
Da Leslies Tattoo im zentralen Geschehen steht, hat sich die Autorin abschließend in Form einer Anmerkung zu diesem Thema geäußert. Außerdem findet sich hier ein Entwurf zur Veranschaulichung wieder.


Figuren
Während „Gegen das Sommerlicht“ zum Großteil von dem Sommerkönig Keenan, seiner sterblichen Auserwählten Ashlyn, deren ebenso sterblichen Freund Seth, sowie dem Wintermädchen Donia getragen wurde, liegt der Fokus in „Gegen die Finsternis“ auf der Sterblichen Leslie, Irial, dem König des Hofs der Finsternis und Niall, Mitglied des Sommerhofs, die allesamt bereits im Vorband in Erscheinung getreten sind. Ein Wiedersehen mit Keenan und Ashlyn ist zwar ebenfalls gewährleistet, doch rücken sie im vorliegenden Buch zugunsten der Hauptprotagonisten eher in den Hintergrund.
Leslie bildet den Mittelpunkt des Geschehens. Infolge ihrer familiären Situation und ihrer Vergewaltigung ist sie arg angeschlagen und sehnt sich zunehmend nach einem Zustand völliger Gefühllosigkeit. Aus Scheu vor Mitleid und Getuschel wahrt sie nach außen den Schein eines normalen Lebens. Selbst in ihrem Freundeskreis wimmelt es von Halbwahrheiten.
Ein Tattoo soll ihr Macht über ihren Körper, der Glaube an eine Veränderung soll ihr Selbstsicherheit und Stärke bringen. Tatsächlich vollzieht sich eine vehemente Änderung ihres Selbst.
Melissa Marr vermittelt nachvollziehbar Verletzlichkeit und Hilflosigkeit des Mädchens bis hin zu dem Versuch, einen Ausweg aus ihrer Lage zu finden, bei dem sie nicht das Gesicht verliert. Auch die Wandlung, die sich parallel zur Tätowierung ergibt, wird anschaulich dargestellt.
Ähnlich hin und her gerissen fühlt sich Niall, Berater des Sommerkönigs Keenan. Einerseits wird seine Funktion - nachdem die auserwählte Sommerkönigin, Ashlyn, gefunden ist - zu aktuellen Friedenszeiten nicht mehr benötigt, andererseits schwelgt er immer öfter in Erinnerungen an gemeinsame Zeiten Seite an Seite mit Irial, dem König der Dunkelelfen. Auch, wenn er dem Hof der Finsternis vor langer Zeit den Rücken kehrte und am Sommerhof einen Treueschwur leistete, fühlt er dennoch Verbundenheit zu Irial und der plötzlich auftretenden Anziehungskraft, die von Leslie ausgeht, kann er kaum widerstehen. Doch eine Beziehung zu einer Sterblichen ist ihm infolge seines Eids streng untersagt.
Um derlei Restriktionen muss sich Irial nicht scheren. Er kann sich unbeschwert den Gelüsten des Hofs der Finsternis hingeben: Gewalt, Sittenlosigkeit, Terror, Gier und Raserei. Dunkelelfen benötigen als Nahrung bestimmte Empfindungen wie Angst, Wut, Lust und Maßlosigkeit. An diese versucht er durch Leslie als eine Art Kanal heranzukommen. Das Tattoo, gestochen mit einer ganz besonderen Tinte, soll die dafür nötige Verbindung herstellen.
Die Autorin betont mehrfach Unverfrorenheit und Kalkül der düsteren Vertreter unter den Elfen. Insgesamt werden sie der dunklen Atmosphäre ausnehmend gerecht.
Eine ganze Reihe weiterer Elfen bringen durch die Vielfalt ihres Aussehens Abwechslung ins Geschehen.


Aufmachung des Buches
Der Carlsen Verlag vertreibt auch den zweiten Band der Sommerlicht-Reihe, „Gegen die Finsternis“, in ansprechender, gebundener Form mit Schutzumschlag und Lesebändchen.
Sowohl der dunkle Fliederton des Einbandes als auch die überwiegenden Lila- und Schwarzabstufungen des Umschlags passen perfekt zum düsteren Grundtenor des Buches.
Das matt gehaltene Motiv zeigt eine junge Frau, die ihren Blick eher nachdenklich gen Boden neigt. Statt Haaren umranken ihr Gesicht angedeutete Federn.
Wie bereits beim Vorband „Gegen das Sommerlicht“ verschwimmen auch bei diesem Cover Makroaufnahmen von Blüten mit dem eigentlichen Bild des Umschlags.
Hier und da sind florale Ornamente als zusätzliche Eyecatcher in Hochglanz zu finden.
Der Buchrücken bietet einen reizvollen Appetithappen des Inhalts von „Gegen die Finsternis“ und macht neugierig auf mehr.


Fazit
„Gegen die Finsternis“ bietet eine weitere phantastische Reise in die Welt der Elfen und zeigt dabei ein deutlich anderes Gesicht!
Der Hof der Finsternis mit seinen Mitgliedern bildet einen starken Kontrast zu den Sommerelfen aus „Gegen das Sommerlicht“. Dementsprechend kühl und düster ist die Atmosphäre, sehr trüb der Einstieg ins Geschehen.
Wer aber die dunkle Seite nicht scheut, erlebt eine fesselnde, überraschende Geschichte, die einen neuen Blick auf das Elfenvolk ermöglicht. Für jung und alt gleichermaßen spannend.



Hinweise
Rezension von Patricia Merkel
Herzlichen Dank an den Carlsen Verlag für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars.


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