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Im bunten Zauber des berühmtesten Volksfestes der Welt kämpfen zwei Frauen in Zeiten der Umwälzung um Aufstieg, Anerkennung und Liebe. Der große Frauenroman zum größten Fest der Welt. In diesem Jahr gehen wir mit dem großen ARD-Mehrteiler »Oktoberfest 1900« auf die Wiesn und feiern ein mitreißendes Lesefest mit diesem Roman.

München, 1900: Dass sie ein einfaches Schankmädchen war, muss Colina verheimlichen. Denn jetzt ist sie aufgestiegen zur Gouvernante der jungen, eigenwilligen Clara. Deren Vater, der Brauereimagnat Prank, strebt nach Macht und Einfluss auf dem Oktoberfest. Auch Claras Verheiratung soll dabei helfen. Aber Clara will sich seinen Befehlen nicht unterordnen. Trotz Colinas Warnung flieht sie von zu Hause. Der Skandal droht alles zu zerstören. Doch dann entwickelt Colina mitten im Glanz und Getriebe des Oktoberfestes einen gewagten Plan: für sich und Clara will sie eine neue Chance aufs Glück erkämpfen.

»Das Oktoberfest ist ein überwältigender Ort, an dem man in einen Strudel gerät, der einem den Atem nimmt.« - Martina Gedeck, Hauptdarstellerin im großen ARD-Mehrteiler »Oktoberfest 1900«

 

 Oktoberfest 1900


Autor: Petra Grill 
Verlag: Fischer Ebooks
Erschienen: 1. August 2020
ISBN: 978-3-10-491301-8
Seitenzahl: 496 Seiten

 


Die Grundidee der Handlung
Dieser Roman ist etwas ganz besonderes: Wie schon der Klappentext aussagt, erscheint er kurz bevor die ARD im September eine sechsteilige Serie gleichen Namens ausstrahlt. Von daher ist anzunehmen, dass die Autorin Petra Grill hier an gewisse Vorgaben gebunden war – Handlung und Figurenzeichnung betreffend – was sicherlich nicht immer ganz einfach gewesen ist.

Aber um es gleich vorweg zu sagen: Sie hat diese Aufgabe ganz hervorragend gelöst und eine sehr interessante, spannende und vor allem historisch authentische Geschichte geschrieben, die auch „nur“ als Buch – für sich allein genommen – den Leser in ihren Bann zieht und bis zum Ende nicht mehr loslässt.


Stil und Sprache
Petra Grill lebt bis heute in ihrem Geburtsort in der Nähe von München. Von daher kennt sie sich nicht nur mit dem Oktoberfest, sondern auch mit der bayerischen Mentalität sehr gut aus. Ein wenig lässt sie das in der Sprache des Romans noch anklingen, aber der Dialekt hält sich so weit in Grenzen, dass ihn auch Leser aus anderen Regionen problemlos verstehen. Sollte einmal ein unbekannter Ausdruck – wie z.B. „Keferloher“ = ein Maßkrug aus Steingut – vorkommen, so ergibt sich die Bedeutung aus der weiteren Handlung. Diese erlebt man hauptsächlich aus Sicht von Colina – Biermadl und Gouvernante – und Oberwachtmeister Lorenz (Lenz) Aulehner von der Münchner Polizei, also zwei vollkommen gegensätzlichen Perspektiven, die aber das Ganze besonders interessant machen.

Das Buch liest sich leicht und flüssig. Anfangs ist man etwas irritiert, weil ein paar Kapitel an der spannendsten Stelle aufhören, aber im weiteren Verlauf wird das Fehlende praktisch „nachgeliefert“ und regt zum Nachdenken an. Zum Ende hin erhöht sich die Dramatik noch einmal, bis sich alle Fragen zufriedenstellend klären.

Das Oktoberfest ist seit der Hochzeit des Kronprinzen Ludwig – später König Ludwig I. von Bayern – mit Therese von Sachsen-Hildburghausen im Jahre 1810 eine feste Einrichtung in München – bis auf Kriegs- und Coronazeiten – und spielt(e) für die Stadt auch finanziell eine große Rolle. Die Autorin hat sich sehr intensiv mit der Geschichte dieser Veranstaltung befasst und erzählt die damaligen Begebenheiten mit großer historischer Genauigkeit

Da dieses Thema zur Zeit sehr kontrovers diskutiert wird, möchte ich hier erwähnen, dass im Buch eine so genannte »Menschenschau« vorkommt. So etwas hat bei den Oktoberfesten um die Wende zum 20. Jahrhundert tatsächlich stattgefunden und galt als besondere Attraktion, die sogar der Prinzregent Luitpold besucht hat. Die Autorin hat also hier wirkliche historische Ereignisse verarbeitet, die heute – zu Recht – als „rassistisch“ bezeichnet werden.


Figuren
Wie bereits erwähnt, ist davon auszugehen, dass Petra Grill sich in der Beschreibung ihrer Charaktere an den Darstellern der TV-Serie orientieren musste. Trotzdem gelingt es ihr, ihren Figuren ein eigenes Gesicht zu geben und sie so darzustellen, dass der Leser Interesse und Mitgefühl oder auch Abneigung für sie empfinden kann.

Die beiden Gendarmen Inspektor Eder und Oberwachtmeister Aulehner gehören mit Sicherheit zu den Sympathieträgern. Bei aller Pflichterfüllung bleiben sie doch menschlich, drücken schon mal „ein Auge zu“ und handeln auch manchmal recht unkonventionell, wo es ihnen angebracht erscheint. Wenn notwendig, können beide aber richtig durchgreifen, wie zum Beispiel bei den Machtkämpfen der reichsten Brauereibesitzer um die „Herrschaft“ auf dem Oktoberfest, mit der großer Einfluss, vor allem aber viel Geld verbunden ist. Zu leiden haben darunter besonders die von ihnen abhängigen Wirte und ihre „Biermadl“, auf deren Rücken diese Konfrontationen ausgetragen werden.

Eine von ihnen ist Colina, die es mit Ehrgeiz und Witz zunächst geschafft hat, ihrem angestammten Millieu zu entkommen und eine Stellung als Gesellschafterin anzunehmen, die aber dann doch – durch widrige Umstände – wieder auf der „Wiesn“ landet. Aber sie ist nicht gewillt, sich unterkriegen zu lassen und kämpft um eine neue Chance. Clara – Tochter des reichen Brauers Curt Prank – ist anfangs das genaue Gegenteil von Colina: Reich, verwöhnt und gelangweilt, bis sie erkennt, dass sie kein „Pfand“ für die Geschäfte ihres Vaters sein will.

Es ist im Jahre 1900 eine Welt der Männer, in der die beiden sich behaupten müssen, auch Colina wird von ihrer Vergangenheit – die sie hoffte, hinter sich gelassen zu haben – eingeholt. Petra Grill schildert das Schicksal ihrer Protagonisten glaubwürdig und mit viel Einfühlungsvermögen. Die Situation der Frauen, ihre Abhängigkeit von Vater, Ehemann und Arbeitgeber ist sehr gut dargestellt. Auch die Heuchelei der Gesellschaft - die einerseits zulässt, dass viele sich prostituieren müssen, um zu überleben, sie andererseits aber dafür verdammt und ausgrenzt - ist sehr gut beschrieben und macht den Leser von heute mehr als einmal sprachlos.


Aufmachung des Buches
Auf dem Cover des Ebooks schlendern mehrere Personen über einen Jahrmarkt. Obwohl man nur die Rückansicht sieht, gehören Kleidung und Frisuren der beiden Damen im Vordergrund eindeutig in die Zeit der Handlung – die Wende zum 20. Jahrhundert. Am weiß-blauen Himmel darüber steht in großen, roten Lettern der Titel und in dunklerem Blau der Untertitel und der Name der Autorin. Der Inhalt umfasst 45 nummerierte Kapitel und einen Epilog.


Fazit
„Oktoberfest 1900“ hat einen ganz eigenen Charme und überzeugt mit viel Lokalkolorit, einer ausdrucksvollen Sprache und einer fesselnden Handlung.
Mit Colina und Clara hat Petra Grill zwei starke und sympathische Frauenfiguren geschaffen, die mir wirklich imponiert haben. Daher gibt es von mir eine ganz klare Leseempfehlung.


4 5 Sterne


Hinweise
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Das gedruckte Buch erscheint am 26. August 2020

Der Link zu Informationen zur TV-Serie:
https://www.serienjunkies.de/news/oktoberfest-1900-event-serie-september-102568.html 

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