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"Minderwertig" ist ein intelligenter und zugleich hochemotionaler Action-Thriller, in dem eine an Multipler Sklerose erkrankte Ex-Kommissarin privat um Hilfe bei der Suche nach der hochschwangeren Melissa gebeten wird. Sabine Sommer organisiert ihr Leben abseits der Fürsorge mit Hilfe des Persönlichen Budgets, indem sie eigene Assistenzkräfte für ihre Pflege beschäftigt. Ihre Recherchen bringen sie auch wieder in Kontakt mit Dennis Jäger, der Liebe ihres Lebens, den sie wegen ihrer Krankheit verließ. Er ist Mitglied einer Task-Force, die sich mit dem Verschwinden zahlreicher hochschwangerer Frauen beschäftigt. Von ihm erfährt sie, dass offenbar grausame Genexperimente an ungeborenen Kindern durchgeführt werden. Was beide nicht ahnen: Sie werden von einer mächtigen Gruppe, die seit 3.500 Jahren ihren Platz in der Evolution zurückerobern will, beobachtet und abgehört.

Neben historischen Fakten, neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen der Genforschung und intensiven Rückblicken in eine durch eine grausame Erkrankung zerstörte Liebe, zeigt das Buch auf faszinierende Weise, wie sich Menschen mit Behinderung ein selbstbestimmtes Leben dank des Persönlichen Budgets bewahren können.

 

Minderwertig 

Autor: Frank Müller
Verlag: epubli Verlag
Erschienen: 7. November 2019
ISBN: 978-3-453-43968-9
Seitenzahl: 208 Seiten

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Die Grundidee der Handlung
Sabine Sommer, eine ehemalige Polizeikommissarin, leidet unter Multipler Sklerose und ist aufgrund ihres schwer beeinträchtigten Körpers auf fremde Hilfe angewiesen. Die Krankheit verlangt ihr körperlich und emotional viel ab. Umso spannender wird ihr Leben, als sie von ihrer Nachbarin, deren Tochter plötzlich verschwunden ist, um Hilfe gebeten wird und plötzlich wieder ihr kriminalistischer Spürsinn gefragt ist. Mit Hilfe ihrer Assistentinnen beginnt sie „herumzuschnüffeln“ und begegnet dabei einen mehr als gut bekannten Kollegen. Die beiden kommen einer unfassbaren Verschwörung auf die Spur, die schon vor tausenden Jahren ihren Ursprung hatte. Es dauert nicht lange und die Sache spitzt sich gefährlich zu...

Die Idee, einer Gruppe rassistischer Fanatiker mit Macht und Geld, eine körperlich schwer beeinträchtige, ehemalige Kommissarin als scharfsichtige Hauptfigur gegenüberzustellen, wurde sehr gelungen umgesetzt. Der spannende Reihenauftakt ist absolut lesenswert!


Stil und Sprache
Die Geschichte ist in der dritten Person, mit dem Schwerpunkt auf den unterschiedlichen Figuren geschrieben. Die Handlungsorte werden sehr plastisch und gut vorstellbar in Szene gesetzt und die Figuren heben sich durch ihre Besonderheiten von den üblich verwendeten Charakteren ab. Was Melissa, dessen Verschwinden der Grund für die Nachforschungen von Sabine Sommer ist, vom Zeitpunkt an, als sie ihrem Traummann kennengelernt hat bis zu ihrer Schwangerschaft erlebt, wird in Form von besprochen Bändern eingestreut. Diese kurzen Rückblenden werden von einem der Gegenspieler abgehört. So erfährt der Leser einiges zu den Hintergründen der schwangeren Frauen, zu der Ideologie, nach der die Antagonisten handeln und sie zeigen gleichzeitig deren rücksichts- und gefühlloses Vorgehen.

Die Schauplätze sind gut vorstellbar und so plastisch beschrieben, sodass man sich als Leser ein gutes Bild machen kann. Einige genauere Beschreibungen zu Genetik und den diversen Auswüchsen und Möglichkeiten, die daraus hervorgehen, wurden so allgemeinverständlich wie möglich, und so umfangreich wie nötig gestaltet.

Die Geschichte liest sich im Prinzip wie eine – gelungene – „eierlegenden Wollmilchsau“. Sie verknüpft die Geschicke einer ehemalige Kommissarin, die zwar körperlich extrem eingeschränkt ist, dabei aber nichts von ihrem scharfen Verstand eingebüßt hat, mit einem übermächtigen Gegner, der vor absolut nichts zurückschreckt. Zu den spannenden Thriller-Elementen werden nebenher die Herausforderungen einer Behinderung gezeigt, dabei aber auch auf einen kräftigen Schuss „Action“ nicht verzichtet. Eine kräftige Portion Genetik verquirlt mit einer extrem rassistischen Weltanschauung trifft auf kriminalistisches Gespür und Kombinationsgabe. Und das alles auf 208 Seiten, sparsam gewürzt mit dem unterschwelligen Hauch einer (ehemaligen) Liebesbeziehung.

Die Kombination der unterschiedlichen Aspekte der Geschichte ist sehr gut gelungen und recht ausgewogen. Das Ende des Reihenauftaktes ist unüblich und auch unerwartet, sowie „nicht ganz rund“. Netterweise wurde auf ein offenes Ende und einen „Hook“ verzichtet, trotzdem hat der Leser am Schluss das untrügliche Gefühl, dass das noch nicht das Ende der Geschichte sein kann. Dazu bleiben auch zu viele Fragen offen. Da aber zumindest ein weiterer Folgeband geplant ist, fallen diese Kritikpunkte erst einmal weg, da stark anzunehmen ist, dass es im nächsten Buch oder in den nächsten Bänden weiter geht und alle Ungereimtheiten und Fragen aufgegriffen und beantwortet werden.

Alle Bücherfreunde, die einen spannenden und ungewöhnlichen Thriller – weit ab vom üblichen „08/15-Einheitsbrei“, dessen Handlung und Figuren sich oft nicht allzu sehr voneinander unterscheiden - suchen, der mit außergewöhnlichen Figuren, Situationen und Schauplätzen punktet, werden von diesem Roman absolut positiv überrascht sein und dürfen sich auf eine Fortsetzung freuen.


Figuren
Sabine Sommer, ehemalige Kommissarin, leidet unter Multipler Sklerose und organisiert ihren Alltag mit Hilfe des „Persönlichen Budgets“ und ihrer persönlichen Pflegeassistentinnen. Als sie von einer verzweifelten Mutter gebeten wird, nach ihrer schwangeren Tochter zu suchen, erwacht in Sabine der eingeschlafene Jagdinstinkt und ihr Leben wird sehr schnell wesentlich interessanter.

Dennis Jäger, Mitglied einer Task-Force und der ehemalige Verlobte von Sabine, trifft wieder auf die Frau seines Lebens und gerät mit ihr zusammen in den Fokus rücksichtsloser Verbrecher. Dr. Peter Barlow ist Genetiker und ein Frauenmagnet, etwas, das er gut einzusetzen vermag. Seine Gefühlskälte und Rücksichtslosigkeit kann er ebenso hervorragend verbergen wie „Der Aufräumer“, der fürs Planen und teilweise auch fürs Grobe zuständig ist und der das geistige Kräftemessen mit seinen Opfern liebt – so er denn eines für intelligent genug empfindet, dass er sich mit ihm beschäftigt. Der „Kleinfingerlose“ ist ein gnadenloser Killer, der exakt das tut, was man ihm befiehlt.

Alle Figuren sind gut ausgearbeitet und wirken mit ihren Wünschen, Bedürfnissen, Eigen- und Besonderheiten plastisch und dreidimensional. Man kann ihre Bemühungen aus ihrer jeweiligen Warte heraus gut nachvollziehen und sich so gut in die Protagonisten einfühlen. Die Krankheit der Hauptfigur wurde gut ausgewogen in die Geschichte eingeflochten, lässt aber den anderen Figuren und der Handlung selbst mehr als genug Raum, um sich zu entfalten.


Aufmachung des Buches
Die Covergestaltung des Taschenbuches in schwarzweiß besticht durch ihre Einfachheit. Der Titel „Minderwertig“ mit dem Zusatz „Sabine Sommer Kommissarin a. D.“ suggeriert auch gleichzeitig den Beginn einer Reihe bzw. zumindest einen weiteren Band. Die Rückseite des Buches ist ebenfach sehr einfach mit schwarzer Schrift auf weißem Grund gehalten und der Rückseitentext gibt einen guten Einblick in die Geschichte.

Das Buch besteht aus 208 Seiten, die in 19 Kapitel aufgeteilt wurden. Die Rückblenden und die „Geschichte“ am Schluss heben sich gut vom restlichen Text ab, da sie in kursiv gedruckt sind. Die umfangreichen Rückblenden sind in Form von besprochenen Bändern dargestellt und werden bis zu Kapitel 19 in die Handlung eingeflochten.


Fazit
Es kommt selten vor, dass mich eine Geschichte überrascht, dieser hier ist es gelungen! „Minderwertig“ ist ein ungewöhnlicher und spannender Thriller, der sich nicht nur durch seine ungewöhnlichen Figuren, sondern auch durch das gelungene Zusammenspiel von Handlung, Figuren und Schauplätzen von der breiten Masse abhebt. Absolut lesenswert! Ich bin schon sehr gespannt auf den Folgeband. Frank Müller ist auf jeden Fall ein Autor, den man im Auge behalten sollte.


4 5 Sterne


Hinweise
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