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Kategorie: Sozialwissenschaft, Recht und Wirtschaft

Das Töten eines Menschen ist der Inbegriff von Gewalt. Männliche Gewalt ist seit Jahrtausenden das Mittel, um sich in den Besitz von Gütern zu bringen oder sich anderer Menschen, insbesondere Frauen, zu bemächtigen. Wer mit eigenen Händen tötet, weiß, dass er eine letzte Grenze überschreitet –unwiderruflich und nicht wieder gutzumachen. Ein Totschläger, ein Mörder, ist einer, der nie mehr zu uns gehört. Was sind das für Menschen, die so etwas tun? Was sind das für Männer, die sogar nach einer Bestrafung wegen Totschlags oder Mordes erneut töten?

In kurzen, spannenden Fallgeschichten, unterbrochen von Pausen des Nachdenkens, wird das prägnante Bild von 45 Männern gezeichnet, die sich durch Strafe nicht vom erneuten Töten abhalten ließen. Dies ist ein Buch über die Lust am Töten und den Ekel beim Töten, die Leichtigkeit und das Gewicht des Tötens. Es wird die enorme Vielfalt der Persönlichkeiten, der Verläufe und der Tatmotivationen demonstriert. Das Buch betrachtet unterschiedliche Motivgruppen: Raub und Bereicherung, sexuelles Begehren und Unterwerfung, Kampf mit Frauen und ihre Abstrafung und schließlich Gewaltlust und chronische Verrohung. Hinzu kommt eine Gruppe psychosekranker Täter. Auch innerhalb der einzelnen Gruppen sind die Verläufe verblüffend vielfältig. Das Geschehen entwickelt sich stets im Dreieck von Motivation, Selbstkonzept und sozialer Situation, welche die Tat nahelegt und möglich macht.

Es werden besondere Menschen sichtbar, die mehr mit uns gemein haben, als uns lieb sein mag.

 

Mord im Rueckfall 

Autor: Prof. Dr. med. Hans-Ludwig Kröber
Verlag: Medizinisch Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft
Erschienen: 14. Februar 2019
ISBN: 978-3-95466-429-0
Seitenzahl: 239 Seiten

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Umsetzung, Verständnis und Zielgruppe
Der Rückseitentext trifft den Kern des Buches sehr gut und der Leser kann sich dadurch gut auf das Thema einstellen. Gleich in der Einleitung des Buches stellt der Autor die Frage aller Fragen „Wird er es wieder tun?“ und wartet dazu mit vielen interessanten Fakten und Statistiken auf. Natürlich widmet er sich auch den immer wiederkehrenden Fragen wie „Warum töten die Menschen?“ „Welche Auslöser gibt es?“ und „Weshalb werden einige verurteilte Totschläger oder Mörder wieder rückfällig?“

Allgemein gut verständlich, sehr detailliert und mit nur wenigen, dezent eingestreuten Fachausdrücken lässt sich das Buch unkompliziert und gut lesen. Im ganzen Text, besonders aber bei den oft nicht wirklich nachvollziehbaren Erläuterungen der Psychologen und Fachleuten für ein besonders mildes Urteil und die oft haarsträubenden, nicht nachvollziehbaren Strafmaße, ist der leicht sarkastische Ton des Autors gut zu erkennen. Ich finde die Verbindung der sachlichen Tat- und Lebensbeschreibungen der Verurteilten in Verbindung mit dem recht lockeren, leicht ironisch-bissig angehauchten Schreibstil wirklich gut gelungen und sehr ansprechend.

In seinem Buch zeigt der Autor den Zusammenhang zwischen Gewalt und Macht auf und legt gut nachvollziehbar dar, warum manche Personengruppen gefährdeter sind, einen Mord zu begehen als andere. So bekommt der Leser eine gute Grundinformation, bevor es zum großen Kapitel der Motivgruppen geht, die sich in „Raubmord“, „Vergewaltigung und Tötung“, „Tötung des homosexuellen Partners“, „Sadistisch motivierten Taten“, “Reine Gewalt und die Gewöhnung ans Töten“ und „Schizophrene Mehrfachtöter“ aufsplitten. An der Menge der unterschiedlichen Falldarstellungen in den jeweiligen Kapitel erkennt man ganz gut, dass scheinbar einige Motive wesentlich häufiger vorkommen als andere.

Alle Fälle werden zuerst mit einem kurzen, psychiatrischen Zitat zum jeweiligen „Fall“ eingeleitet. Dann werden - beginnend mit dem ersten (teilweise erst versuchten) Mord - die einzelnen Tatverläufe inklusive Datum und Verurteilungen beschrieben. Diesem kürzeren Abriss folgt der Lebensweg und Werdegang des jeweiligen Täters von Kindheit an bis zum aktuellen „Ist-Zustand“, oft mit Hilfe der Aussagen und Erzählungen der jeweiligen Täter, die der Autor für ein Gespräch aufgesucht hat. Soweit es bekannt ist, werden in diesem Abschnitt die Auslöser, also das „Wann“ „Wer“, „Wo“, „Wie“, „Warum“ und die Aufdeckung der jeweiligen ersten Tat bis hin zur Verurteilung des Täters sehr anschaulich beschrieben. Auch die Zeit im Gefängnis und die nachfolgende Zeitspanne bis zum erneuten Mord wurde so genau wie möglich dokumentiert. So kann sich der Leser ein gutes Bild von den Verurteilten, ihrer Vorgeschichte und ihrer unterschiedlichen Motive machen.

Als Leser sollte man jedoch eines nicht außer Acht lassen: Da das Buch von wirklichen Mördern und ihren realen Fallgeschichten handelt, sollte man unbedingt davon ausgehen, dass die Fälle trotz aller Sachlichkeit in ihrer Grausamkeit und Heftigkeit durchaus bedrückend zu lesen sind. Den Leser erwartet nicht nur ein oft erschreckender Blick in die Abgründe der menschlichen Seele, der Gefühle und des menschlichen Geistes, sondern auch oft nicht nachvollziehbare Urteile, deren unbegreifliche Begründungen den Leser fassungslos zurücklassen. 

Das Buch ist mit Sicherheit für alle Menschen und Berufsgruppen interessant, die sich mit Tötungsdelikten beschäftigen. Sei es als Laie oder Experte. Als Krimiautor wird man ebenso auf interessante Fakten und Verhaltensweisen stoßen, wie vielleicht auch als Jurist, Psychologe, Pädagoge & Co, als Sozialarbeiter oder auch als Kriminalbeamter.


Aufmachung des Buches
Das Hardcoverbuch ist fadengebunden und der hellgrau/beige Buchdeckel ist mit einem Schutzumschlag versehen, dessen Covergestaltung in verschiedenen Rottönen gehalten wurde. Die eher schemenhafte Gasse und der Titel in Weiß unterstreichen das Thema auch farblich und wirken passend dramatisch. Der Rückseitentext gibt einen guten und spannenden Einblick in das Thema des Buches. Auf der rückwärtigen Innenklappe des Schutzumschlages ist auch eine bebilderte Kurzvita des Autors zu finden.

Das Inhaltsverzeichnis ist sehr übersichtlich gestaltet. Die grüßen Überkapitel wurden in einer größeren Schriftgröße und fett gedruckt, darunter etwas kleiner sind dann die Unterkapitel zu finden. Nach einer Einleitung folgen nach Motivgruppen zusammengefasst die einzelnen Fallbeschreibungen. Einer Zusammenfassung folgen ein Literaturverzeichnis und ein Epilog.


Fazit
Sehr interessant und überaus lesenswert für alle Leser, die sich für das „Davor“, das „Rundherum“ das „Dahinter“ von Tötungsdelikten interessieren und die sich über absurde Begründungen und unfassbare Urteile wundern möchten. Es ist aber auch für alle Menschen, die mit potentiellen, möglichen und/oder verurteilten Tätern zu tun haben, bestimmt eine sehr interessante Lektüre.


5 Sterne


Hinweise
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