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Die Ordensschwester Neenah hat Angst, ihre Augen zu schließen, denn der Traum würde wiederkommen. Einmal mehr würde sie gejagt werden, gefoltert, getötet. Einmal mehr würde sie diese Verzweiflung spüren, diese Kaltblütigkeit, diesen Schmerz.
Als ihre Freundin, die Novizin Christine, ermordet aufgefunden wird, beginnt der Traum real zu werden. Die Jagd auf Neenah hat begonnen, denn sie kennt ein Geheimnis. Ein Geheimnis, das ihre Verfolger um jeden Preis lüften wollen. Ein Geheimnis, das Christine das Leben kostete. Ein Geheimnis, das Neenahs Flucht zu einer aussichtslosen Odyssee werden lässt – bis sie schließlich erkennt: Sie selbst ist das Geheimnis.

 

  Autor: Gian Carlo Ronelli
Verlag: Sieben Verlag
Erschienen: 04/2008
ISBN: 978-3-940235-15-2
Seitenzahl: 233 Seiten


Die Grundidee der Handlung
In der zweiten Episode der Goweli-Trilogie stößt Spezial Agent Mark Grimley erneut an die Grenzen des Fassbaren. Er untersucht, zusammen mit FBI-Neuling Humphrey Bogárt – der Name wird französisch ausgesprochen – den Selbstmord der Novizin Christine. Das wäre eigentlich kein Fall für das FBI, wären nicht der Leiter der Gerichtsmedizin und der Biochemiker, der die Leiche untersucht hat, im FBI-Gebäude ermordet worden.
Auch 30 Jahre später gilt es, einen Mord auszuklären. Joshua steht vor einem Rätsel. Irgendjemand hatte ziemlichen Spaß daran, Stanley Biggs so langsam wie möglich ins Jenseits zu befördern. Als ob das nicht schon genug wäre, hatte Biggs offensichtlich die restliche Zeit vor seinem Tod dazu benutzt, sich mit der Bruchkante einer Magnetkarte die Haut vom Gesicht zu reißen.
Zwei Fälle, die auf den ersten Blick nichts miteinander zu tun haben, zumal ja auch 30 Jahre dazwischen liegen. Das verbindende Element scheint das „Experiment Brainstorm“ zu sein.


Stil und Sprache
Um es gleich vorweg zu sagen, „Die unbefleckte Empfängnis“ ist kein Buch, das man mal eben so zwischendurch lesen kann. Es erfordert ein gehöriges Maß an Aufmerksamkeit. Das geht schon mit den Zeitsprüngen los – den 2. vom Jahr 2010 ins Jahr 2040 habe ich beim ersten Mal schon direkt verpasst. Man sollte also auch die Überschriften aufmerksam lesen.
Aber von vorne: Der Prolog spielt im Jahr 1990. Die eigentliche Geschichte startet dann im Juli 2010. Kapitel 2 spielt dann auch im Juli, allerdings im Jahr 2040. Nun wechseln sich zwei Handlungsstränge ab, Juli 2010 und Juli 2040. Was sich jetzt auf den ersten Blick kompliziert anhört, ist nach den ersten Kapiteln ganz selbstverständlich geworden. Auch die einzelnen Figuren, es gibt ja jetzt in jedem Handlungsstrang Haupt- und Nebenfiguren, kann man zügig auseinander halten. Was fehlt, ist die Verzahnung der beiden Stränge. Da muss man als Leser eine Menge Geduld mitbringen. Aber es lohnt sich auf jeden Fall, diese Geduld aufzubringen und das Buch nicht vor dem grandiosen Ende zuzuklappen.
Beide Handlungsstränge entwickeln, unabhängig von einander, eine Spannungskurve, die allmählich ansteigt. Dazu tragen natürlich die wechselnden Handlungsorte in ihren jeweiligen Jahren bei. Dass ein Kapitel immer dann zu Ende ist und die Zeit wechselt, wenn es gerade spannend ist, versteht sich von selbst. Der Autor versteht es vorzüglich, den Leser in den Bann des Buches zu ziehen und ihn nicht mehr loszulassen.

Gian Carlo Ronelli erzählt seine Geschichte in einer schönen klaren Sprache. Wie schon im ersten Teil der Goweli-Trilogie gibt es auch hier wieder eine Menge bildhafter Vergleiche. Es ist nicht schwierig, sich Grimley auf seiner Harley Davidson vorzustellen, wenn er wie folgt beschrieben wird: „Er erinnerte an den davon reitenden Indianer, der am Horizont mit dem Flimmern der Mittagshitze verschmolz.“ (S. 53). Ich könnte durchaus noch mehr von diesen schönen Bildern aufzählen. Sie bereichern das Lesen ungemein und machen es zu einem wirklichen Vergnügen. Einige Szenen allerdings wirken gerade durch diese Bilder sehr brutal. Ich denke da z.B. an die Szene der Kreuzigung. Das ist so direkt beschrieben, nicht jedermanns Sache.
Die Handlungen werden jeweils in der 3. Person erzählt, aus Sicht der einzelnen Figuren. Dadurch gibt es Passagen, in denen der Leser mehr weiß, als die agierenden Personen. Das trägt auch dazu bei, die Spannung immer schön hoch zu halten.
Wechsel der Perspektive werden innerhalb eines Kapitels durch einen Absatz und fünf Sternchen angezeigt. So behält man als Leser immer gut den Überblick.

Zu Beginn der Kapitel, die im Juli 2040 spielen, stehen jeweils einige Zahlen. Sie beginnen bei 128.345 und zählen dann runter bis Null. 16 Kapitel lang habe ich mich gefragt, was das soll, dann kam die Erklärung. Die Idee, die dahinter steckt, ist genial und hat mir sehr gut gefallen.

Bei manchen Textpassagen hatte ich leichte Verständnisschwierigkeiten, z.B. an den Stellen, bei denen es um RITA und die Zeitlinie geht. Das hat aber eher mit meiner mangelnden Vorstellungsgabe bei diesen Dingen zu tun und sollte nicht dem Autor angekreidet werden. Aber auch die Leser, die auf diesen Gebieten nicht so fit sind, werden keine Schwierigkeiten haben, der Geschichte und letztendlich auch der Lösung des Ganzen zu folgen. Wenn man es auch beim Lesen zunächst nicht meint, es kommt der Zeitpunkt, an dem beide Handlungsstränge nahtlos ineinander greifen und alles einen Sinn ergibt. In diesem Zusammenhang sei besonders auf das letzte Kapitel, das im Übrigen im Juli 2015 spielt, verwiesen – mehr wird nicht verraten.
Den Epilog habe ich als Ausblick auf den dritten Teil der Trilogie verstanden. Wenn das von Ronelli nicht so gedacht war, habe ich den Zusammenhang dieses Buches mit dem Epilog nicht entdecken können.


Figuren
Die Hauptperson ist, wie im ersten Band „Der letzte Engel“, FBI Agent Mark Grimley. Er ist ein Indianer und wird Medizinmann genannt. Seine Methoden sind für seine Kollegen etwas fremdartig, denn er vertraut auf die Hilfe seiner Vorfahren und bittet sie um Hilfe und Unterstützung. Seine bevorzugten Waffen sind Messer und Tomahawk. Aus seiner Sprache ist das Wort „Goweli“ entnommen. Es ist das Buch mit der Geschichte ohne Anfang und ohne Ende. „Es kommt für jeden von uns die Zeit, da Goweli in sein Leben tritt, da unser Kapitel beginnt.“ (S. 159)
Mark muss eine schwierige und schwerwiegende Entscheidung treffen. Seine Gefühle und Gedankengänge sind absolut klar dargestellt. Als Leser kann man sich genau in seine Situation hineinversetzten, nicht, dass man vor so einer Entscheidung stehen möchte.
Grimley bekommt einen Praktikanten aufs Auge gedrückt, einen FBI-Neuling, der nun einem erfahrenen Hasen über die Schulter gucken soll. Der arme Kerl heißt Humphrey Bogárt, wobei der Nachname französisch ausgesprochen wird – macht natürlich niemand. Er hat ordentlich Bammel vor dem Indianer, man erzählt sich ja die merkwürdigsten Dinge über ihn, aber er will von dem Besten lernen. Bo, wie er sich selber gerne nennt, ist ein sympathischer Kerl, mit dem Herzen auf dem rechten Fleck. Er hat ein paar Macken, die beim Lesen schon mal für einen Grinser sorgen. Letztendlich wächst er über sich hinaus und wird für Grimley zum echten Freund und Bruder.

Ordensschwester Neenah hat Albträume, so schlimme, dass sie nicht traut, Schlafen zu gehen. Plötzlich werden die Träume Realität und sie ist auf der Flucht. Neenah hat unbedingtes Gottvertrauen. In diesem Gottvertrauen ist sie überzeugend und glaubhaft dargestellt. Auch sie trifft eine schwerwiegende Entscheidung. Diese Entscheidungsfindung macht sie sich nicht leicht. Als Leser kann man ihren Gedankengängen aber gut folgen.

Es gibt noch etliche Figuren mehr. Alle werden gut in die Geschichte eingeführt und sind glaubhaft und dreidimensional.

Die Hauptfigur des Jahres 2040 ist Joshua, ein Polizist, der den Mord an Stanley Biggs aufklären soll. Die ganze Untersuchung wird für ihn zu einer persönlichen Angelegenheit, als seine Schwester Janie, anscheinend von den gleichen Leuten, überfallen und schwer verletzt wird. Janie ist alles, was er hat, die Eltern sind schon lange tot. Um die Täter zu finden, ist er durchaus bereit, die Grenze zwischen gut und böse zu überschreiten. Auch er ist glaubhaft und dreidimensional gezeichnet. Seine Gedankengänge sind transparent, und der Leser kann sich mit ihm identifizieren.
Ihm zur Seite steht Dan, ein Freund aus Kindertagen. Mit 12 haben sie einen Schwur geleistet, gemeinsam kämpfen, gemeinsam sterben. Sie konnten damals nicht ahnen, dass sie einmal in die Situation kommen würden, wo sich dieser Schwur erfüllen sollte.

Auch im Jahr 2040 gibt es nicht nur Joshua, Dan und den toten Mr. Briggs, sondern noch einige Personen mehr. Sie sind mit genau so viel Hintergrund ausgestattet, wie es für den Fortgang der Geschichte notwendig ist. Keine bleibt blass oder platt.


Aufmachung des Buches
„Die unbefleckte Empfängnis“, auch dieser Titel ist wieder sehr treffend gewählt, ist der 2. Teil der Goweli-Trilogie. Im Gegensatz zu manchen anderen Trilogien, können bei Ronelli die Teile völlig unabhängig voneinander gelesen werden. Selbst die Hauptfigur, der FBI-Agent Mark Grimley, der ja in allen drei Teilen seinen Platz gefunden hat, ist in diesem Teil in einer ganz anderen Lebenssituation als im ersten Band.

Das Buch liegt in broschierter Ausgabe vor. Allerdings ist das Format etwas größer als sonst bei Taschenbüchern üblich. Trotz der Größe lässt es sich gut handhaben. Das Druckbild ist klein, aber sehr klar und somit gut zu lesen. Beim ersten Aufschlagen fällt auf, dass die Seiten viel weiter bedruckt sind, als sonst allgemein üblich. Somit passt mehr Text auf eine Seite. Im herkömmlichen Taschenbuchformat mit gängigem Schriftbild wäre dieses Buch sicher um einiges dicker und unhandlicher geworden.

Das Cover ist schwer zu beschreiben. Es ist ziemlich dunkel und zeigt einen Ausschnitt aus einer alten Wand, vielleicht in dem Kloster der Heiligen Jungfrau Maria. Bei genauem Hinsehen sieht man ein Kreuz in oder vor der Wand. Der Titel der Trilogie und der Name dieses Teiles stehen in relativ kleinen roten Buchstaben im oberen Teil des Covers. Der Name des Autors steht, noch kleiner, darüber.
Das Bild der Vorderseite geht auf der Rückseite weiter. Dort gibt es dann auch eine Inhaltsangabe, die aber nur die Geschichte des Jahres 2010 betrifft.

Der Text ist in einen Prolog, 23 Kapitel und einen Epilog eingeteilt. Die Kapitel spielen abwechselnd in verschiedenen Jahren. Zur Orientierung haben sie eine Überschrift, die die Jahreszahl und den Ort der Handlung nennt. Also bitte, immer schön auch genau die Überschriften lesen.


Fazit
„Die unbefleckte Empfängnis“ ist der gelungene 2. Teil der Goweli-Trilogie. Meine Erwartungen nach dem Lesen des ersten Teiles sind voll erfüllt worden. Auch dieser 2. Teil lebt von dem Mix aus Spannung und Mystik. Gerade die konsequente Aufteilung in zwei Handlungsstränge mit 30 Jahren dazwischen hat mir gut gefallen. Ein besonderer Moment war der Punkt, als es beim Lesen „klack“ machte und ich plötzlich verstanden habe, wie die beiden Teile ineinander passen.
Ich bin mehr als gespannt auf den letzten Teil der Trilogie „Die Offenbarung“.


5 Sterne


Hinweise
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Backlist:
Band 1: Der letzte Engel

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