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Ich schaute in den Spiegel. Ein fremdes Wesen erwiderte meinen Blick: glänzende Tieraugen, lange, spitze Eckzähne. Und dann war die Erscheinung wieder verschwunden. Meine eigenen ängstlich schauenden Augen sahen mich an. Als ich den Mund öffnete, hatten sich meine Zähne verändert. Sie wirkten größer, die Eckzähne spitzer.

Als Ariella dreizehn wird, spürt sie, wie eigenartige Veränderungen in ihr vorgehen. Sie beginnt, Fragen zu stellen nach ihrer verschwundenen Mutter, nach den Gründen, weshalb der Vater sie so von der Umwelt abschirmt und warum er nicht altert. Allmählich kommt sie der Wahrheit näher: Ihr Vater wurde vor ihrer Geburt durch einen Biss zum Vampir – und alles deutet darauf hin, dass auch Ariella Vampirin ist…

 

  Autor: Susan Hubbard
Verlag: cbj Verlag
Erschienen: 01 / 2009
ISBN: 978-3-570-13748-2
Seitenzahl: 413 Seiten


Die Grundidee der Handlung
Ariella wächst in der Obhut ihres Vaters Raphael Montero in einer großzügigen viktorianischen Villa in Saratoga Springs, New York, auf. Ihre Mutter Sara Stephenson ist nach ihrer Geburt verschwunden. Einzelheiten zu den Umständen und Hintergründen erfährt Ariella lange Zeit nicht. Ihre gesamte Kindheit verbringt sie weitestgehend abgeschnitten von dem Rest der Welt. Ihre sozialen Kontakte beschränken sich neben ihrem Vater auf dessen persönliche Köchin und Haushälterin Mary Ellis Root, dem wissenschaftlichen Mitarbeiter und Assistenten seines biomedizinischen Forschungsunternehmens Seradrone Dennis und der guten Seele Mrs McGarritt, die für das Wohl des jungen Mädchens zuständig ist, kocht, putzt und wäscht. Um Ariellas Bildung kümmern sich der Vater und Dennis höchstpersönlich, und das nicht zu knapp. Welches dreizehnjährige Kind kann schon ohne Mühe Definitionen zu Chromatismus oder Isomerisierung herunterbeten oder gar elektromagnetische Strahlenphänomene erörtern?! Ihr Leben ist geordnet, vorhersehbar und eintönig. Dennoch mangelt es Ariella viele Jahre augenscheinlich an nichts, ist sie es nicht anders gewohnt. Doch eines Tages wächst ihre Neugier und Mrs McGarritt vertritt resolut die Meinung, das Kind müsse mal aus dem Haus. Vater Montero ist zunächst wenig angetan, doch für Ariella eröffnen sich ganz neue Möglichkeiten. Sie erfährt, was es heißt, ein normaler Teenager zu sein, findet Freunde und genießt ihre neue Freiheit.
Die Freude währt nur kurz. Kathleen, die Tochter der McGarritts und beste Freundin von Ariella wird tot aufgefunden. Und außerdem sehnt sich Ariella immer mehr nach ihrer Mutter. Die Zeit ist gekommen, sich aktiv auf die Suche zu begeben…


Stil und Sprache
„Das Zeichen des Vampirs“ ist der erste Band aus Susan Hubbards Reihe um Ariella Montero und gleichzeitig ihr erster Jugendroman. Abweichend von derzeit gängiger Literatur um Vampire dominiert im vorliegenden Buch jedoch weder eine Romanze zwischen Mensch und Vampir, noch basiert er auf bloßem Humor. Vielmehr wird in einer Art Baukastenprinzip in drei großen Abschnitten, über neunzehn Kapitel zuzüglich Pro- und Epilog hinweg, die Identität der dreizehnjährigen Ariella Montero beleuchtet. Ähnlich einem ganz normalen Teenager macht sie Veränderungen durch, ihr Interesse an der Welt und den Zusammenhängen wird mit zunehmendem Alter geweckt und Fragen bezüglich ihrer Herkunft, der Geschichte ihrer Familie, warten auf Antworten. Gäbe es nicht die Verbindung zur Gesellschaft der Vampire, ließe sich fast behaupten, der Roman behandle, auf den Punkt gebracht, das Erwachsenwerden eines jungen Mädchens.
Aber ganz so normal ist Ariellas Leben dann doch wieder nicht… Bereits im Prolog deutet Susan Hubbard an, dass Ariella ein Problem mit ihrer wahren Identität hat. Im weiteren Verlauf des Geschehens erfährt der Leser zunächst in Rückblicken über Ariellas Vergangenheit, erhält gleichsam wichtige Informationen über ihre Mutter und vor allem ihren Vater, begibt sich dann mit ihr auf die abenteuerliche Suche nach ihrer Mutter und erlebt gegen Ende des Romans zusammen mit Ariella einige überraschende Wendungen. Mit dem Epilog ist der Autorin schließlich noch ein krönendes Highlight gelungen, das ein weiteres Aha-Erlebnis für den Leser in sich birgt.

„Das Zeichen des Vampirs“ ist in erster Person Singular aus Sicht Ariellas geschrieben. Hin und wieder wendet sie sich an eine zweite Person Singular, so dass für den Leser der Eindruck entsteht, direkt involviert zu werden. Viel wörtliche Rede und hier und da eingefügte Gedichte und Zitate halten den Text lebendig und abwechslungsreich. Susan Hubbard hat einen sehr angenehmen Schreibstil, ihre Sprache harmonisiert bestens mit der Handlung des Buches.

Empfohlen wird „Das Zeichen des Vampirs“ ab zwölf Jahren, wird jedoch auch ältere Semester gut unterhalten.


Figuren
Im Fokus des Romans steht Ariella Montero, kurz Ari. Und mit ihr eine Handvoll Charaktere wie beispielsweise ihr Vater Raphael, auch genannt Raff, ihre Mutter Sara Stephenson und Raphaels Angestellte Dennis, Eileen McGarritt, Ari nennt sie liebevoll Mrs McG, und schließlich die wenig sympathische Mary Ellis Root.
Auch außerhalb der Villa trifft sie auf Figuren, die für den Verlauf der Handlung teils von immenser Bedeutung sind. So zum Beispiel Kathleen und Michael, beides Sprösslinge von Mrs McGarritt, Jane, die ihr auf ihrer Reise gen Süden Unterkunft gewährt oder auch Malcolm, der bereits im Leben ihrer Eltern eine wichtige Rolle spielte.
Raphael Montero, ein stattlicher Herr mit schwarzem Haar und immer adrett gekleidet, leitet die im Kellergeschoss befindliche Firma Seradrone. Seine Tochter Ariella packt er geradezu in Watte und man gewinnt schnell den Eindruck übertriebener Fürsorge. Dass er nicht ganz unbegründet handelt, wird im weiteren Geschehen deutlich. Ariella hat zunächst keine Ahnung vom wahren, vampirischen Wesen ihres Vaters. Sie wächst im Glauben auf, er leide unter der seltenen Krankheit Lupus und muss daher nach strikten Regeln leben. Emotionen haben in seinem Leben wenig Raum.
Ariella, schwarze lange Haare und, abgesehen von den Augen, ganz der Vater, ist in ihrem jungen Alter schon sehr wissend mit scharfem Verstand. Kein Wunder, ist ihr Leben doch bei festem Tagesablauf konsequent auf Bildung ausgerichtet. Sehr gut nachzuvollziehen sind ihr Erstaunen und ihre Freude, als sie im Hause der McGarritts das reale, farbenfrohe Leben in einer großen Familie mit Fernsehen, Shoppen und weiteren Freizeitgestaltungen kennen lernt. Allerdings wächst beim Beobachten der vollständigen Familie ihre Sehnsucht nach der eigenen Mutter, für deren Verschwinden sie bis dato noch keine Erklärung bekommen hat. Ihr Vater hat in der Regel auf alle Fragen die passende Antwort, nur im Zusammenhang mit Ariellas Mutter wird er äußerst wortkarg, meidet das Thema oder weicht aus.

Trotzdem Susan Hubbard ihre Erzählung recht nüchtern, fast neutral, wiedergibt, schwingt doch immer wieder eine emotionale Atmosphäre um die Akteure. Auch die Nebenfiguren wirken, trotz ihrer geringen Zahl, vielseitig und lebensnah.


Aufmachung des Buches
„Das Zeichen des Vampirs“ ist in gebundener Ausgabe im cbj Verlag, dem Kinder- und Jugendbuchverlag der Verlagsgruppe Random House, erschienen. Der rote Einband wird von einem Hochglanz-Schutzumschlag umhüllt, der durch sein ungewöhnliches Motiv und ein intensives Farbspiel Aufmerksamkeit erregt. Unter Verwendung einer Fotografie von Leanne Lim-Walker zeigt das Cover, auf größtenteils schwarzem Grund, das spärlich beleuchtete Profil eines jungen Mädchens und deren Hand, die eine Blüte in intensiv leuchtender, roter Farbe hält. Zwischen Mund und Zentrum der Blume bewegen sich eine Art rote Nebel- oder Rauchschwaden, die dem Ganzen einen mystischen Touch verleihen. Am unteren Buchrand prangt in großen, roten Lettern der Titel des Romans. Auf der Buchrückseite offenbart sich dem Leser ein Auszug des Buchinhalts in roter, und eine kurze Inhaltsangabe in weißer Schrift.
Die Aufmachung wirkt insgesamt sehr edel.


Fazit
„Das Zeichen des Vampirs“ ist ein Jugendroman, der fernab üblicher Vampirgeschichten, Jung und Alt zu unterhalten vermag. Ein interessanter Handlungsaufbau und ein ansprechender Schreibstil sorgen für angenehme Lesestunden. Ariellas Abenteuer machen neugierig auf den zweiten Teil der Serie, der hoffentlich bald auch in Deutschland erscheint.



Hinweise
Rezension von Patricia Merkel
Herzlichen Dank an den cbj-Verlag für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars.


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