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Wie jedes Jahr seit dem Tod seiner Frau rüstet sich Kommissar Kimmo Joentaa für die Einsamkeit der finnischen Weihnachtstage mit einem Glas Milch und einer Flasche Wodka. Aber seine Ruhe wird gestört. Zuerst wird ein Gerichtsmediziner erstochen aufgefunden. Kurz darauf entgeht der bekannteste Talkmoderator des Landes, Kai-Petteri Hämäläinen, nur knapp einem Mordanschlag. Joentaas Team stößt rasch auf eine Verbindung – das Mordopfer war wenige Wochen vor seinem Tod zu Gast in Hämäläinens TV-Show ...

 

Im Winter der Loewen 

Autor: Jan Costin Wagner
Verlag: Goldmann Verlag
Erschienen: Februar 2011
ISBN: 978-3442459155
Seitenzahl: 288 Seiten

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Die Grundidee der Handlung
Kimmo Joentaa muss einen weiteren Verlust verkraften: der Gerichtsmediziner und Kollege Laukkanen ist beim Skifahren erstochen worden. Der junge Vater gehörte zwar nicht zum engen Freundeskreis Joentaas, dennoch trifft ihn dieser Mord mehr als seine Kollegen. Erinnert er ihn doch schmerzlich an seine zu früh verstorbene Frau Sanna.

Kurz nach dem Mord an Laukkanen wird der Puppenbauer und Produzent von sehr echt wirkenden Leichenpuppen fürs Fernsehen Mäkela auf ähnliche Weise ermordet. Fieberhaft suchen Joentaa und sein Team nach einer Verbindung zwischen den beiden Opfern. Eine Spur führt zu einer Talkshow um den beliebten Moderator Kai-Petteri Hämäläinen, bei der beide zusammen aufgetreten sind. Joentaas Team glaubt nicht an diesen Zusammenhang, bis Hämäläinen am ersten Weihnachtsfeiertag einen Mordanschlag nur knapp überlebt …


Stil und Sprache
„Im Winter der Löwen“ ist nun Wagners dritter Roman um den Kommissar Kimmo Joentaa. Die im südfinnischen Turku angesiedelten Krimis sind ein Genuss, vor allem deshalb, weil er die Erwartungen dieses strapazierten Genres selten erfüllt. Wagner bleibt seinem knappen und reduziertem Stil treu. Er verliert nicht viele Worte, erzeugt Spannung durch Andeutungen oder schlichtweg durch Weglassen. Der Leser wird zum Mitdenken aufgefordert, was ihm aber bei der Empathie, die Wagner mit präzisen Beschreibungen und einer stringent erzählten Handlung evoziert, nicht schwerfällt.

Hämäläinen, der schon in „Das Schweigen“ einen kurzen Auftritt hatte, erholt sich nach dem Anschlag im Krankenhaus und plant wider aller Vernunft, die große Silvestershow zu moderieren. Joentaa rennt die Zeit davon, denn, ohne dass beide es wissen, wird der Mörder Gast in der Show sein. Hier zeigt sich Wagners Größe und seiner Nichtbedienung von Klischees und Erwartungen. Anstatt zu einem krachenden Showdown aufzulaufen, lässt er die beiden sich minutenlang stumm gegenübersitzen. Dennoch lässt Wagner seine Kritik an diesen Fernsehformaten durchblicken, die eine „Mischung aus Seriosität und Volksnähe“ pflegen will, aber dem Publikum nur ein Höchstmaß an Emotionen darbietet. Eine Scheinwelt, die sich Hämäläinen auch privat zu eigen gemacht hat.

Der finnisch-düstere Hintergrund gibt den Ton vor. Ausschweifungen gehören nicht zu Wagners Repertoire, er bevorzugt den zügig-eleganten Stil und gewährt dabei überzeugende und bewegende Einblicke in seine Figuren.


Figuren
Im Vordergrund steht in diesem Roman die Aufklärung des Falls und nicht, wie in den beiden Vorgängerromanen, das menschliche Schicksal rund um Joentaa und seine Trauerverarbeitung. Die Trauer um Sanna ist zwar noch präsent, aber Jahre nach ihrem Tod ist sie nicht mehr der zentrale Punkt seines Lebens.

Die Handlung setzt am Heiligabend ein. Joentaa bereitet sich wie in den Jahren zuvor darauf vor, Weihnachten alleine in seinem Haus mit Wodka und Milch zu feiern und sich der Trauer um Sanna hinzugeben. Nur dass dieses Mal alles anders wird. Zum einen wird sein Kollege brutal ermordet, zum anderen steht die Prostituierte Larissa vor seiner Tür und nistet sich bei ihm ein. Joentaa lässt sie gewähren und während der Ermittlungen ertappt er sich dabei, trotz der präsenten Trauer um seine Frau, dass seine Gedanken zu Larissa schweifen und er sich seit langem wieder darauf freut, nach Hause zu kommen.
 
Joentaas Kollege Heinonen ist häufig unkonzentriert und verschwindet hin und wieder aus dem Büro. Joentaa findet heraus, dass dieser dem Glücksspiel verfallen ist. Er beteiligt sich über das Internet an Sportwetten, hat schon die Summe einer Eigentumswohung verspielt. Joentaa will helfen, will mit dessen Frau sprechen, aber als er die Chance dazu hatte, lässt er sie das Lügengebilde, das beide um ihre Ehe aufgebaut haben, erzählen.

Hämäläinen, der Talkmaster, hingegen scheint den Ernst seiner Lage nicht zu erkennen. Anfänglich verharrt er einer einer Art Schockstarre, aber kaum zwei Tage nach dem Anschlag beharrt er darauf, die Silverstershow zu moderieren. Stur, eigensinnig und mit aufgesetztem Lächeln der medialen Scheinwelt, glaubt er, sicher vor einem erneuten Anschlag zu sein.

Während man den wortkargen Ermittlungen folgt, erhält man zugleich einen Einblick in das Seelenleben der Täterin. Wagner interessiert sich nicht nur für die Ermittler, sondern auch für die Täter. Wie wird ein Durchschnittsmensch plötzlich zum Mörder? Schnell erfährt der Leser, dass die Täterin durch einen tragischen Unfall in einer Eishalle Mann und Sohn verliert, ihre ganze Familie. Sie ist eine gebrochene Frau. Dennoch hat es Wagner hier ein bisschen übertrieben und kommt gefährlich nah an die Grenzen zum Manierismus.


Aufmachung des Buches
Ein handliches Taschenbuch mit einem düsteren Cover. Die Handlung des Buch erstreckt sich vom 24. Dezember bis zum 01. Januar und die einzelnen Kapitel sind jeweils mit der Zeit der Handlung überschrieben.


Fazit
Ein Lichtblick um den traurigen Joentaa. Geht es in diesem Krimi doch wieder mehr um die Suche nach dem Täter als um seine Trauerbewältigung. Dennoch nicht ganz so stark wie die beiden Vorgängerkrimis.


4 Sterne


Hinweise
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Backlist:
Band 1: Eismond
Band 2: Das Schweigen 

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