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Kategorie: Krimis

Wer hat Angst vor der Wahrheit?

Als die kleine Linnea Berg vermisst gemeldet wird, ist ganz Fjällbacka auf den Beinen und sucht nach ihr in den umliegenden Wäldern. Schon einmal wurde ein Mädchen dort getötet. Dreißig Jahre ist das nun her. Und über allem liegt düster ein Schatten aus noch fernerer Vergangenheit, aus der Zeit der Hexenverfolgung. Schriftstellerin Erica Falck recherchiert schon eine Weile in dem alten Fall. Mit ihrem Mann, Hauptkommissar Patrik Hedström, bringt sie Licht in das Dickicht aus Geschichten und Gerüchten. Doch wer hat ein Interesse, sie zu streuen? Und warum beging der Chef der Polizeistation Tanum damals Selbstmord?

 

Die Eishexe 

Originaltitel: Häxan
Autor: Camilla Läckberg
Übersetzer: Katrin Frey
Verlag: List
Erschienen: 01/2018
ISBN: 978-3471351079
Seitenzahl: 752 Seiten

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Die Grundidee der Handlung
Tja, wenn das mal so einfach wäre … eigentlich geht es um einen aktuellen Vermisstenfall. Ein kleines Mädchen wird gesucht, Linnea ist schon öfter ausgebüxt und liebt die ihren Hof umgebenden Wälder. Ganz Fjällbacka sucht nach ihr, darunter auch die syrischen Flüchtlinge, die in einer Notunterkunft am Rande des Ortes leben. Viele der Suchenden erinnern sich an einen Fall, der vor 30 Jahren die kleine Stadt erschütterte. Damals starb ein kleines Mädchen und der Fall wurde nie wirklich aufgeklärt. Die beiden tatverdächtigen Mädchen von damals sind wieder im Ort, aber können sich die Ereignisse von damals wirklich wiederholen?

Neben diesen beiden Kriminalfällen, deren Zusammenhang man schnell erahnen kann, rollt Camilla Läckberg noch einen weiteren Erzählstrang auf. Dieser dreht sich im Jahr 1672 um eine Magd, die im Pfarrhaus dient und als Hexe verdächtigt wird. Wie diese – durchaus interessante – Geschichte zu den aktuellen Ereignissen passt, klärt sich erst auf den allerletzten Seiten, so dass es erst einmal schwer fällt, die Verbindungen zu erkennen und dieser Erzählstrang irgendwie alleine stehen bleibt. Und damit nicht genug, Camilla Läckberg packt außerdem noch eine Fluchtgeschichte in die 750 Seiten sowie diverse andere Nebenhandlungen, die einerseits die Handlung bereichern, andererseits aber auch immer wieder vom aktuellen Fall wegführen.


Stil und Sprache
Dass ich ein Fan der Reihe um Erica Falck und Patrik Hedström bin, liegt vor allem daran, dass Camilla Läckberg ihre Leser von der ersten Seite an mitnimmt in ihre Welt, die Kleinstadt Fjällbacka. Dort trifft man auf jede Menge gute alte Bekannte und ist fast nebenbei noch direkt vor Ort, wenn spannende Kriminalfälle gelöst werden. So auch in diesem Band, in dem zumindest zu Beginn der eigentliche Fall fast ein bisschen ins Hintertreffen gerät. Immer wieder abwechselnd berichten verschiedenen Protagonisten – jeweils in der dritten Person – auf unterschiedlichen Zeitebenen und aus ebenso unterschiedlichen Blickwinkeln. Da geht der rote Faden zeitweise etwas verloren, vor allem wenn es zurückgeht ins Jahr 1672 zu Elin Jonsdotter.

Allerdings fasziniert spätestens ab der Hälfte der mögliche Zusammenhang zwischen den einzelnen Fäden, die da gewoben werden doch so sehr, dass man als Leser das Buch nur ungern zur Seite legt. Und nach dem großen Finale wird dann alles fein säuberlich aufgedröselt und fast jede Frage beantwortet. Insgesamt vom Spannungsbogen eher durchschnittlich, begeistert „Die Eishexe“ dennoch durch den geschickten Schreibstil und die hochinteressanten Akteure und ihre Geschichten.


Figuren
Erica Falck und Patrik Hedström sind dem regelmäßigen Leser der Reihe natürlich bestens bekannt. Inzwischen hat sich in ihrem Familienleben eine gewisse Regelmäßigkeit eingestellt, die drei Kinder werden langsam größer, damit aber nicht weniger anstrengend. Die wahren Highlights spielen sich dieses Mal an anderer Stelle ab: Patriks Mutter will noch einmal heiraten, ein Filmstar ist in der Stadt und auch Fjällbacka hat mit Anfeindungen der dort lebenden Flüchtlinge zu kämpfen. Neben den beiden Protagonisten gibt es also jede Menge weitere handelnde Figuren, die alle über eine Hintergrundgeschichte und eine ausreichende Charakterzeichnung verfügen. Da zeigt sich genau, mit welchen oft falschen Annahmen wir unseren Mitmenschen begegnen, wie wenig wir ahnen, was in ihnen steckt und zu welchen Taten sie fähig sein können, wenn sie dazu getrieben werden.

Camilla Läckberg versteht es perfekt, diese unterschiedlichen Charaktere und ihre Probleme, Sorgen und Ängste mit wenigen Worten zu skizzieren, ihnen ein Gesicht zu geben und Mitgefühl beim Leser zu wecken. Hatte ich schon gesagt, dass dies eine meiner liebsten Krimireihen ist?


Aufmachung des Buches
Das gebundene Buch zeigt auf dem Schutzumschlag einen abgesägten Baum, auf dem ein Vogel sitzt. Dahinter kann man einen Wald nur erahnen, dieser liegt vollständig im Nebel, das Gras im Vordergrund ist mit Frost überzogen. Eine stimmungsvolle Gestaltung, allerdings spielt die Handlung komplett im Hochsommer … Innen sind die Kapitel nicht nummeriert, lediglich bei einem Wechsel der Zeitebene findet sich ein entsprechender Hinweis.


Fazit
Ein Fall, der sich erst langsam aufbaut und sich in all seinen Facetten erst zum Ende hin zeigt, dafür sorgt die Autorin mit einer wunderbaren Figurenzeichnung für ein großartiges Lesevergnügen.


4 5 Sterne


Hinweise
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Backlist:
Band 5: Engel aus Eis
Band 6: Meerjungfrau
Band 7: Der Leuchtturmwärter
Band 8: Die Engelmacherin
Band 9: Die Schneelöwin

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