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Kategorie: 400 – 1100 Frühmittelalter

Der erste Roman über Heinrich I und seinen Aufstieg zum König der Deutschen - Priska Lo Cascio lässt das Spiel der Königsmacher beginnen.
Frankfurt im Jahr 911: Als Ludwig IV. im Sterben liegt, ruft er die Adeligen und Stammesfürsten des Ostfränkischen Reiches zu sich. Unter den vielen Reisenden zur Königswahl sind auch der sächsische Krieger Liuthar und Sarhild, eine fränkische Adelige, deren Familie beim König in Ungnade gefallen ist. Unversehens werden die beiden zum Spielball der Fürsten. Denn die Großen des Reichs wählen den Franken Konrad zum neuen König und übergehen damit Liuthars Landesherrn Heinrich, künftiger Herzog der Sachsen, der auf Rache sinnt. Zugleich erfährt Sarhild, dass der kranke König keines natürlichen Todes stirbt. In einer Welt, in der jeder jeden hintergeht, bleibt Sarhild und Liuthar nur eines: Den Aufstieg Heinrichs voranzutreiben …

 

Das Spiel der Koenigsmacher 

Autor: Priska Lo Cascio
Verlag: Droemer eBook
Erschienen: 26. Februar 2018
ISBN: 978-3-426-43948-7
Seitenzahl: 560 Seiten

 


Die Grundidee der Handlung
Das Ostfränkische Reich Anfang des 10. Jahrhunderts. Nach dem Tod des erst 18-jährigen Ludwig IV. - genannt "Ludwig, das Kind" - wählen die Landesfürsten den Franken Konrad zu seinem Nachfolger. Sie erwarten, dass er ein schwächerer Herrscher sein wird, als der Sachsenherzog Otto oder dessen Sohn Heinrich - der sich auch Hoffnungen auf den Thron gemacht hat - was ihren eigenen Machtansprüchen entgegen käme. Tatsächlich ist der neue König sehr fromm und Wachs in den Händen des Klerus und kann den Kämpfen und Intrigen seines Adels - von denen jeder nur den Vorteil seiner Sippe im Blick hat - nicht viel entgegensetzen. Aber das Reich hätte einen starken Anführer bitter nötig, denn die ständigen Überfälle der Ungarn, die immer wieder plündernd und mordend über die Grenze kommen, ließen sich nur gemeinsam bekämpfen.
Priska Lo Cascio schildert „Das Spiel der Königsmacher“ - bei denen es sich nicht, wie der Klappentext vermuten lässt, um die fiktiven Figuren Sarhild und Liuthar handelt - und den Aufstieg Heinrichs von Sachsen zum deutschen König, sehr anschaulich, fesselnd und mit großer historischer Genauigkeit.


Stil und Sprache
Über das 10. Jahrhundert ist bisher sehr wenig geschrieben worden. Von den Königen, Bischöfen und Herzögen, die in diesem Buch wichtige Rollen spielen, waren mir einige dem Namen nach bekannt, von anderen hatte ich noch nie gehört. Ich habe daher - noch während des Lesens - selbst ein wenig recherchiert und bin wirklich sehr beeindruckt, wie perfekt die Autorin die historischen Personen und Ereignisse in ihre Geschichte integriert und mit den fiktiven Elementen zu einem interessanten und überaus stimmigen Ganzen verbunden hat. Die Sprache ist der Zeit angepasst und daher sehr authentisch. Dass die Orte mit ihren damaligen Namen benannt werden, trägt auch dazu bei - die heutigen Bezeichnungen findet man im Nachwort. Die Schilderungen sind sehr bildhaft, detailliert und gut nachvollziehbar, man fühlt sich wirklich in diese Epoche hinein versetzt und nimmt Teil am Leben der Menschen von damals, spürt die Not des einfachen Volkes, verabscheut die Machenschaften und Intrigen der Herrschenden und bangt um das Schicksal der Protagonisten, von denen einige dem Leser schnell ans Herz wachsen.
Es gelingt Priska Lo Cascio außerordentlich gut - über einen Zeitraum von mehr als 1000 Jahren hinweg - für ihr Publikum ein sehr spannendes Stück deutscher Geschichte wieder lebendig zu machen.

Figuren
Viele der handelnden Personen sind historisch und haben tatsächlich so agiert, wie hier beschrieben.
Die fiktiven Protagonisten Sarhild und Liuthar tragen die Handlung. Durch ihre Augen erlebt man das Geschehen hautnah mit und kann auch dabei die verschiedenen Denkweisen zwischen Franken (Sarhild) und Sachsen (Liuthar) sehr gut nachvollziehen und verstehen. Allerdings ist davon auszugehen, dass nicht sie die „Königsmacher“ sind - wie der Klappentext vermuten lässt. Damit sind wohl eher die tatsächlichen historischen Anführer der verschiedenen Stämme - der Franken, Sachsen, Alemannen und Bayern - gemeint, und natürlich auch die Kirchenfürsten, die damals große Macht und bei der Königswahl ein gewichtiges Wort mitzusprechen hatten.
Das Geschick der echten Babenbercher - Sarhilds Familie - hat sich wirklich so abgespielt, wie es hier erzählt wird. Auch die verwandschaftlichen Verhältnisse mit den Sachsen sind belegt, da die Mutter Heinrichs I. eine Babenbercherin war.
Heinrich v. Sachsen, der künftige König und seine Familie sind die historischen Hauptpersonen. Er und seine zweite Frau Mathilde - Mutter des späteren Otto I. „des Großen“ - vor allem aber sein ältester Sohn Thankmar, der aus der Ehe mit Heinrichs erster, verstoßener Frau Hatheburg stammte, sind sehr treffend und glaubwürdig dargestellt.
Die Liebesgeschichte zwischen Sarhild und Liuthar ist sehr schön und überhaupt nicht „kitschig“ erzählt. Sarhilds Schicksal zeigt wieder einmal auf, wie wenig Frauen zu dieser Zeit galten. Sie waren ein Unterpfand ihrer männlichen Vormünder und konnten nach Belieben verheiratet oder auch ins Kloster geschickt werden - wie Hatheburg von Merseburg, nachdem Heinrich sich durch das reiche Erbe von Mathilde mehr Besitz und Machtzuwachs versprach.
Priska Lo Cascio hat alle ihre Charaktere sehr liebevoll und vielschichtig gezeichnet. Es sind lebendige Menschen mit Stärken und Schwächen, die bis in die Nebenfiguren überzeugen. Man kann ihr Denken und Handeln jederzeit nachvollziehen und Interesse und Anteilnahme oder auch Abneigung für sie empfinden.


Aufmachung des Buches
Das Cover des eBooks zeigt den Ausschnitt einer Miniatur aus dem „Codex Manasse“ - einer Buchmalerei aus dem 14. Jahrhundert - auf dunkelrotem Hintergrund. Darüber prangen in großen Goldlettern der Titel und in schwarzen Druckbuchstaben der Name der Autorin.
Auf vier Hauptabschnitte verteilen sich 46 datierte und mit Ortsnamen versehene Kapitel. Der umfangreiche Anhang beginnt mit einem Personenregister, in dem die historischen Figuren kursiv gedruckt sind. Es folgen drei Listen mit den Ortsbezeichnungen von damals und heute, Begriffserklärungen und Literaturhinweisen. Anmerkungen der Autorin zur Geschichte des 10. Jahrhunderts, ein ausführliches Kapitel über die Herrschaft Konrads III., sowie eine Danksagung  beschließen das Buch.


Fazit
Priska Lo Cascio hat mit „Das Spiel der Königsmacher“ ein wirklich faszinierendes Buch geschrieben, das dem Leser einen wunderbaren, eindrucksvollen Blick in eine längst vergangene Zeit bietet: Spannend, informativ und sehr authentisch.
SO muss ein historischer Roman - der dieses "Prädikat" verdient - meiner Meinung nach sein. Daher empfehle ich ihn sehr gern weiter.


5 Sterne


Hinweise
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Das Buch ist auch als gebundene Ausgabe verfügbar.