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Kategorie: Biografien

Was bringt der Mensch mit bei seinem Eintritt ins Leben?

 Was hinterlässt er, wenn er geht?

"Ich komme aus einfachen Verhältnissen, bin Sohn einer Bauernfamilie. Meine Eltern hätten nie gedacht, dass ich der vierzehnte Dalai Lama sein könnte." Der Dalai Lama erzählt aus seiner Kindheit: wie er als Junge am liebsten den Reisenden spielte - seine Koffer packte und allen auf Wiedersehen sagte; welche Spuren zu ihm als Nachfolger des dreizehnten Dalai Lama führten; und wie er die Prüfungen der Delegation zur Auffindung des Dalai Lama bestand. Noch heute staunt er darüber, dass man ihn damals in seinem kleinen Dorf, weitab von der großen Welt, überhaupt finden konnte.
Doch dieses Buch ist nicht einfach die Autobiographie des Dalai Lama, es ist seine spirituelle Autobiographie. Darin geht es nicht nur um das eine, private Leben; es geht um viel mehr. Es ist ein Rückblick, der den Blick auf die Zukunft mit enthält. Drei Anliegen hat er sich als vierzehnter Dalai Lama verschrieben: der Förderung der menschlichen Werte, dem Dialog der Religionen und der tibetischen Sache. Was konnte hierbei verbessert werden - und was bleibt noch zu tun? 

 

  Autor: Dalai Lama (Sofia Stril-Rever)
Verlag: Diogenes
Erschienen: 07/2009
ISBN: 978-3-257-06736-1
Seitenzahl: 312 Seiten

 
Stil und Sprache
Wie immer gelingt es dem Dalai Lama, durch seine einfache und bescheidene Art dem Leser, trotz der oftmals schwierigen Thematik, seine Worte nahe zu bringen. Zudem sind in diesem Buch noch einzelne Textstellen von der Herausgeberin mit einem begleitenden Kommentar versehen, die dem Leser zusätzliche Informationen bieten. Der Leser kann dem Dalai Lama auf seinem Weg folgen, er erhält Einblicke in seine Meditationen und seine Beweggründe. So wird wieder einmal deutlich, dass dem Dalai Lama drei Dinge wichtig sind: Mitgefühl, Frieden - und allen voran natürlich die Befreiung Tibets, für die er unermüdlch kämpft und sich nicht scheut, dies wieder und wieder deutlich zu machen. Ein Buch, das sich dank der bildreichen und humorvollen Sprache des Dalai Lama flüssig lesen lässt, da er es versteht, mit klaren, unkomplizierten Worten seine Lehren jedem Leser nahe zu bringen, ohne dabei belehrend oder gar aufdringlich zu wirken. Wenn seine Reden zitiert werden, besonders die zum 10.März verschiedener Jahre aus Anlass des Jahrestags des Exils, sieht man einen roten Faden, der sich durch die Worte des Dalai Lama zieht. Immer weist er auf eine friedliche Lösung der Konflikte hin, immer wieder verweist er auf Mitgefühl und Liebe und darauf, dass er als Mensch redet, nicht als Politiker. Egal, für welchen Zweck die Reden geschrieben sind, sie sind sorgfältig poliert und ausgewogen, informativ und lehrreich. Er baut einfache Vergleiche ein, die dennoch in ihrer Deutlichkeit nicht eindringlicher sein könnten, so - nur als ein Beispiel - wie ein dem Mitgefühl gewidmeter Geist einem überquellenden Wasserreservoir gleicht, das eine ständige Quelle von Energie, Entschlossenheit und Güte ist - er ist auch wie ein Same, der weitere Eigenschaften hervorbringen wird, oder wie ein Elixier, das eine besondere Kraft hat. Dank dieser lebendigen Vergleiche werden die Texte des Dalai Lama nie gleich, obwohl das Thema oftmals identisch ist. In den öffentlichen Reden jedoch wird man den besonderen Humor des Dalai Lama vermissen, dort redet er eindringlich und mit dem notwendigen Ernst. Liest man die anderen Texte durch, in denen er über sich und sein Leben erzählt, wird man an einigen Stellen einen leisen Humor finden, der sich angenehm lesen und den Dalai Lama in der Tat als Menschen erscheinen lässt, und nicht als wiedergeborenen politischen Führer eines unterdrückten Landes.


Aufmachung des Buches
Es ist ein gebundenes Buch mit Schutzumschlag und Lesebändchen. Vom Cover lächelt der Dalai Lama dem Leser entgegen, die Aufmachung ist betont schlicht gehalten.

Das Buch gliedert sich in drei Teile:
I - Meine Aufgabe als Mensch
II - Meine Aufgabe als buddhistischer Mönch
III - Meine Aufgabe als Dalai Lama

In allen drei Teilen findet sich eine großzügige Kapitelaufteilung, die einzelne Reden und Textstücke des Dalai Lama aus verschiedenen Jahren beinhalten. Die Herausgeberin Sofia Stril-Rever kommentiert fast jeden der Texte noch einmal kurz und gibt hilfreiche Hinweise auf den einen oder anderen Sachverhalt. Zudem finden sich zu allen Texten diverse Fußnoten, denen man die Quelle entnehmen kann. Im dritten Teil wird der Sinn dieses Buchs deutlich, wenn der Leser die verschiedenen Reden des Dalai Lama anlässlich des 10. März lesen kann, so auch der Hinweis darauf im Nachwort, dass dieses Buch im Gedenken an den fünfzigsten Jahrestag des Exils des Dalai Lama einen Sieg feiern möchte. Den Sieg des Friedens, um den der Dalai Lama seit Jahrzehnten als Verfechter des Friedens kämpft.


Fazit
Wie alle Bücher des Dalai Lama ist dies kein Buch, das man nur einmal liest und dann im Regal deponiert. Es ist ein Buch, das man wieder und wieder hervornimmt, diese und jene Passage noch einmal lesen und sich Gedanken darüber machen wird. Im Schlusswort wird klar, warum dieses Buch in diesem Jahr erscheint: am 10. März war der 50. Jahrestag des Exils nach der Annexion Tibets durch China. Der Titel "Meine spirituelle Autobiographie" ist irreführend, denn nur an zwei kurzen Stellen, die gesamt keine vierzig Seiten des Buchs beanspruchen, spricht der Dalai Lama von seiner Kindheit und seinem Weg zur Dalailamaschaft. Diese Passagen lesen sich sehr amüsant, der Dalai Lama versteht es, mit einem Humor zu reden, der das Herz anrührt.

Dieses Buch erhält von mir 4,5 Sterne - den halben Stern ziehe ich wegen dem irreführenden Titel ab. Es ist keine Biographie, sondern ein Buch mit gesammelten Texten des Dalai Lama und lediglich einem kleinen Teil mit Rückblick auf seine Kindheit.


4 5 Sterne


Hinweise

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