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Kategorie: Romane

„Es ist viel schwieriger, eine gute Fischsuppe zu kochen, als an eine neue Identität zu kommen. Meine ist perfekt. Ich heiße neuerdings Dr. Bernhard Sommerfeldt. Ich bin praktischer Arzt. Ich habe mich in dem schönen Städtchen Norddeich niedergelassen. Die Leute kommen gerne zu mir. Ich höre ihnen zu. Behandele nicht nur ihre Wunden, sondern entsorge auch schon mal den gewalttätigen Ehemann. Ich bin ein Mann mit Prinzipien. Und ich scheue vor Mord nicht zurück.“

 

Totenstille im Watt 

Autor: Klaus-Peter Wolf 
Verlag: Fischer 
Erschienen: 22. Juni 2017
ISBN: 978-3-596-29764-1
Seitenzahl: 416 Seiten

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Die Grundidee der Handlung
Kaum, dass Bernhard Sommerfeldt in Norddeich aufkreuzt und seine Absicht erklärt, sich im Dorf als praktischer Arzt niederzulassen, sind sämtliche Bewohner sofort Feuer und Flamme. Doch ahnen sie nicht, was hinter dem netten Lächeln, den warmen Worten und treffenden Diagnosen steckt. Denn der feine Herr Doktor hat einen ausgesprochenen Gerechtigkeitssinn, den er häufig auf ganz eigene Art und Weise auslebt...

Mit „Totenstille im Watt“ und seiner neuen Hauptfigur zieht Klaus-Peter Wolf eine klare Grenzen zu den bekannten Ostfriesenkrimis, obwohl das Setting annähernd gleich daher kommt. Entsprechend gut gelungen ist dieser Aspekt. Bei Inhalt und Umsetzung wird es durchaus Gesprächsbedarf geben, die Meinungen werden gegensätzlicher nicht sein können.


Stil und Sprache
Dr. Bernhard Sommerfeldt kommt von Beginn an selbst zu Wort, zieht den Leser somit recht schnell in den ihm gegebenen Dunstkreis. Dennoch benötigt man eine gewisse Zeit, um tatsächlich im Geschehen anzukommen, der Stil erscheint einerseits hektisch, andererseits aber auch langatmig, man kann sich schwerlich für eine Stimmung entscheiden. Somit zieht sich auch die Eingewöhnungsphase ein wenig hin, trotz eingängiger Sprache und Kapiteln mit angenehmer Länge.

Schon im Klappentext wird Sommerfeldts Passion weder verharmlost noch vertuscht, der Leser weiß also, auf was beziehungsweise auf wen er sich einlässt, sobald die erste Seite aufgeschlagen ist. Dennoch gelingt es Wolf, neben einem roten Faden auch diverse Spannungselemente einzustreuen, durch die der Leser dazu angehalten wird, am Ball zu bleiben. Großartige Wendungen dürfen nicht erwartet werden, das ein oder andere Überraschungsmoment versteckt sich dann aber doch noch zwischen den zahlreichen Seiten.

Thematisch gesehen stellt man sich im Grunde durchweg die Frage nach der Moral. Kann man ein solches Handeln gutheißen, gar vertreten? Sollte nicht mehr hin- anstatt darüber hinweggesehen werden? Kurzum: Gedanklich kann man in diversen Situationen in eine Zwickmühle gelangen, aus der man sich mal mehr, mal weniger schnell befreien kann, auf welche Art auch immer.


Figuren
Wie bereits erwähnt erzählt Dr. Sommerfeldt das Geschehen aus der eigenen Perspektive, und obwohl er versucht, niemanden allzu nah in sein Innerstes vordringen zu lassen, erfährt man durchaus interessante Neuigkeiten über die Person Bernhard Sommerfeldt. Man darf sich aber natürlich auch nichts vormachen, denn man ist weit davon entfernt, seinen Charakter verstehen zu können, schließlich weiß man eigentlich überhaupt nicht, wer er wirklich ist. Hier stellt sich die Frage, ob man dem in möglichen Folgebänden auf den Grund gehen wird.

Die Darstellung der weiteren Figuren unterliegt der Subjektivität des Ich-Erzählers. Empfindet er eine Person als besonders erwähnenswert, positiv wie negativ, wird man in sämtliche Geheimnisse eingeweiht. Ist ein Charakter weniger interessant für Dr. Sommerfeldt, so findet er entsprechend wenig Betrachtung. Sicherlich hätte man über den ein oder anderen gerne mehr erfahren, aber hätte das im Nachhinein auch den Rahmen gesprengt, weshalb verständlicherweise Prioritäten gesetzt werden mussten.


Aufmachung des Buches
Das Taschenbuch aus dem Fischer-Verlag zeigt passend zum Titel eine Ansicht des Wattenmeers auf dem Cover. Eine einzelne rote Boje setzt gekonnt den Farbakzent, während der Rest des Titelbildes in Blaustufen gehalten ist, wodurch Ruhe und Stille dargestellt werden. Dennoch ahnt man, dass dies trügt und im Untergrund noch einiges brodelt, was sicherlich bald ans Licht kommen wird.


Fazit
Die Abgrenzung zu bereits bekannten Werken des Autors gelingt absolut. Der etwas zähe Einstieg jedoch verleidet dem Leser ein bisschen den Genuss, welcher auch nicht mehr in voller Gänze zutage tritt, sobald man mit Figuren und Inhalt warm geworden ist.


3 5 Sterne


Hinweise
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