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Kategorie: Ab 14 Jahre

„Der 12. September 2015. Ich weiß, dass ich gerade im Seniorenheim stehe. Ich weiß, dass ich meinen Opa besuche. Ich weiß, wer ich bin. Nepomuk. Ich bin Nepomuk. Mein Opa weiß es nicht. Meine Freundin holt mich ab, Miranda. Wir packen unsere Sachen und fahren los, Richtung Nordsee. Einfach so, von einem Moment auf den anderen, ganz spontan. Ich hasse Spontanität!

Wir kommen in Büsum an, mein Kopf tut weh, immer öfter, immer stärker. Miranda fühlt sich verfolgt, immer öfter, immer stärker. Doch ich nehme sie nicht ernst, bin abgelenkt, suche etwas. Etwas. Etwas stimmt nicht, etwas ist seltsam – was läuft hier falsch? Ich weiß es nicht. Und dann … Tod. Zu spät. Nur ein wenig, nur 30 Sekunden. Nur 30 Sekunden früher, dann wäre … Vielleicht wäre dann alles anders.“

 

30 Sekunde zu spaet 

Autor: Kaja Bergmann
Verlag: bookspot
Erschienen: 11/2016
ISBN: 978-3956690754
Seitenzahl: 176 Seiten


Die Grundidee der Handlung
Laut Buchbeschreibung soll 30 Sekunden zu spät den jugendlichen Lesern den sogenannten Butterfly-Effekt näher bringen. Davon bemerkt man zunächst aber nicht viel, denn zuerst erzählt Nepomuk seine Geschichte: Zutiefst deprimiert von der fortschreitenden Demenz seines Großvaters beschließt Nepomuk, mit seiner Freundin Miranda nach Büsum zu fahren. Nach einigen Schwierigkeiten kommen sie auch dort an und Nepomuk macht sich auf die Suche nach – ja, nach was eigentlich?

Im zweiten Teil dann erzählt Miranda – fast – die gleiche Geschichte noch einmal aus ihrer Sicht, nur Details sind anders und führen auch zu einem vollkommen anderen Ende. Hier kommt dann auch der Butterfly-Effekt zum Tragen, bei dem kleinste Veränderungen zu Beginn eine ganz Kette von Ereignissen vollkommen verändern. Am Ende dann weiß man als Leser nicht wirklich, was tatsächlich passiert ist, welche Version der Handlung nun eingetreten ist oder ob beide Aufzeichnungen nur Hirngespinste sind…ganz schön harter Stoff.


Stil und Sprache
Kaja Bergmann verliert nicht viele Worte. Kurz und lakonisch sind ihre Sätze, oft wirken sie fast abgehackt. Zwar erzählt Nepomuk aus der Ich-Perspektive, dennoch kommt man ihm nicht wirklich nahe. Das mag anders sein, wenn man „Der Mephisto-Deal“ gelesen hat und zumindest einige der Figuren von dort schon kennt. So aber steht man als Erstleser eher am Rand, beobachtet die Szenerie von außen und bleibt zwangsläufig auf Distanz.

Wer außerdem einen spannenden Thriller erwartet, braucht viel Geduld, denn lange Zeit passiert nicht allzu viel und am Ende geht dann alles ganz schnell. Ja, und dann beginnt alles von vorn, ein Zeitsprung zurück und jetzt erzählt Miranda ihre Sicht der Ereignisse – mit einem völlig anderen Ergebnis allerdings. Hier hat man am Ende wenigstens ein bisschen das Gefühl einer Auflösung des Ganzen, was jedoch durch ein paar Schlusssätze direkt wieder zunichte gemacht wird. Alles in allem lässt mich dieses Buch etwas ratlos zurück, vor allem darüber, wie ich es bewerten soll.


Figuren
Wie schon erwähnt könnte man die beiden Protagonisten dieses Romans bereits kennen, mir waren sie jedoch vollkommen unbekannt. Zwar wird im Laufe der Geschichte ab und zu angedeutet, dass es eine Vergangenheit gibt, wirkliche Erkenntnisse gewinnt man aber nicht. Nepomuk leidet zudem unter rasenden Kopfschmerzen und zeitweise sogar unter Wahnvorstellungen, in denen sich Menschen in Schafe verwandeln und ähnliches. Da ist man als Leser nie so ganz sicher, was wahr ist und was Nepomuk nur phantasiert bzw. träumt.

Miranda hingegen wirkt etwas realitätsnäher und vernünftiger, sie versucht zumindest, Nepomuk zu einem Arztbesuch zu bewegen. Trotzdem, so richtig nah an sie heran kommt man auch an sie nicht und so schaffen es beide Hauptdarsteller nicht, wirklich zu fesseln. Schade.


Aufmachung des Buches
Das recht dünne Taschenbuch ist in Klappbroschur aufgemacht und zeigt auf dem Cover eine große 30, die aus blau schimmernden Sternen zu bestehen scheint. Die Null wird außerdem von einem grünlich glänzenden Schmetterling ausgefüllt, was wohl den im Buch thematisierten Butterfly-Effekt darstellen soll. Schön! Innen gibt es mehrere große Teile und meist recht kurze Kapitel, die mit dem jeweiligen Datum überschrieben sind.


Fazit
Als Thriller würde ich diesen kleinen Roman eher nicht bezeichnen, mit Abstrichen ist er trotzdem lesenswert und bietet außerdem Stoff zum Nachdenken auch über die Geschichte hinaus.


3 5 Sterne


Hinweise
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