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Sommer 1959. Die Freundinnen Ruth und Christa verlieben sich in den jungen Freikirchler Erich. Als dieser nach Chile geht, um beim Aufbau der christlichen Gemeinschaft Colonia Dignidad zu helfen, folgt ihm die lebenshungrige Christa, während Ruth zurückbleibt. Was als Abenteuer beginnt, wird bald zum Albtraum, auch für Christas Kind. Noch Jahrzehnte später plagt Ruth das Schuldgefühl, die beiden nicht aufgehalten zu haben.

 

Rabenfrauen HB 

Originaltitel: Rabenfrauen
Autor: Anja Jonuleit
Sprecher: Marion Martienzen, Marie Gruber, Birte Schnöink
Verlag: Der Audio-Verlag
Erschienen: Mai 2016
ISBN: 978-3-86231-662-5
Spieldauer: 504 Minuten, 6 CDs; gekürzte Lesung

Hier geht's zur Hörprobe


Die Grundidee der Handlung
Ruth und Christa haben ihr Leben noch vor sich. Die beiden jungen Frauen bereiten sich gerade auf ihr Abitur vor und jobben nebenbei bei einem Bauern, wo sie sich mit Käfer sammeln etwas Taschengeld verdienen. Das Jahr 1959 bringt einen heißen Sommer mit sich und die Freundinnen nutzen jede Gelegenheit, sich im nahen Fluss etwas Abkühlung zu verschaffen. Als just neben diesem Fluss eine Gruppe von Freikirchlern ihre Zelte aufschlägt, um in einem Lager ihren Glauben zu festigen, zieht ein attraktiver junger Mann die Aufmerksamkeit der beiden auf sich. Nicht ohne Eifersucht bemerkt Ruth, dass Erich und die schöne Christa etwas zu verbinden scheint. Als sich Erich der nach ihm schmachtenden Ruth während einer Gebetsnacht nähert, glaubt sich diese am Ziel ihrer Träume. Doch sie kann ihrer Freundin das Herz nicht brechen und schweigt. Selbst dann noch, als Christa mit der Gemeinschaft - und als Ehefrau von Erich - nach Chile zieht, um eine christliche Gemeinde zu gründen. Ruth versucht, mit Christa in Verbindung zu bleiben, doch ihre Briefe bleiben unbeantwortet. Ruth verdrängt alles, was sie an Christa erinnert. Jahrzehnte später lernt Ruths Tochter Anne eine deutsche Familie kennen, die aus Chile zurück nach Deutschland gekommen ist. Die beiden Erwachsenen berichten von fürchterlichen Zuständen in einer christlichen Gemeinschaft namens Colonia Dignidad. Dort herrschte eine Atmosphäre von Unterdrückung, Angst, Misshandlung und Missbrauch. Als Anne ihrer Mutter davon erzählt, reagiert diese fast panisch. Das macht Anne so neugierig, dass sie mit Nachforschungen über die seltstame Kolonie beginnt - und eine erschreckende Wahrheit zutage fördert.

Anja Jonuleit hat ihrem Roman ein Thema zugrunde gelegt, das die Gemüter noch immer bewegt, obwohl die Kolonie nach dem Abtauchen des Mannes, der die Schreckensherrschaft begründet hatte, bereits 1996 aus der Öffentlichkeit verschwunden ist und seit dem Schuldeingeständnis vieler Mitglieder im Jahr 2006 nicht mehr viel über die Colonia Dignidad zu lesen war. Sehr geschickt hat die Autorin ihre Figuren in die Geschichte der Colonia Dignidad integriert und dadurch die Möglichkeit geschaffen, sich intensiv mit dem Thema auseinander zu setzen. Sowohl Ruth als auch Christa sind von ihren Charakteren her sehr glaubwürdig und schlüssig. Etwas weniger überzeugend ist Anne, sie wirkt an einigen Stellen wie ein Mittel zum Zweck und ihre Recherchen sind da und dort etwas gesucht. Dennoch ist der Roman mitreißend und spannend geschrieben, das Thema wunderbar aufgearbeitet und präsentiert. Durch den jeweiligen Perspektivenwechsel - mal schildert Ruth die Ereignisse, mal kommt Christa zum Reden und mal ist es Anne, die aus ihrer Sicht die Dinge erzählt - bekommt der Roman viel Tiefe.


Darstellung des Hörbuchs
Der Verlag hat bei dieser Hörbuchproduktion gleich auf drei Sprecherinnen gesetzt: Marie Gruber ist die Stimme von Ruth, Marion Martienzen gibt Anne eine Persönlichkeit und Birte Schnöink spricht den Part von Christa. Diese Dreiteilung gibt dem Hörbuch eine starke Basis, auf der die jeweiligen Erzählstränge gut aufgebaut werden können. Alle drei Sprecherinnen verstehen ihr Fach: Sie lesen professionell und mit viel Engagement. Dadurch wird die Geschichte lebendig, kommt dem Hörer auch sehr nahe. Die lebendige Lesung von allen dreien und das optimale Zusammenspiel der drei unterschiedlichen Stimmen zeugen von einer guten Wahl der Sprecherinnen. Obwohl das Hörbuch gegenüber der Buchversion in einigen Teilen gekürzt ist, bleibt die Geschichte fast überall schlüssig und kommt nur an ganz wenigen Stellen leicht ins Stocken, weil da und dort etwas fehlt. Die gute Bearbeitung und die ausgezeichnete Umsetzung der Romanvorlage machen das Hörbuch zu einem intensiven Erlebnis. Dass keine musikalische Komponente beigefügt wurde, macht es nicht weniger effektvoll.


Aufmachung des Hörbuchs
Der Verlag punktet mit einem sehr schön gestalteten Cover - einem Klappkarton, der auf allen Seiten das Thema aufgreift und im Innenbereich genügend Raum lässt, um alle relevanten Fakten aufzulisten. So muss der Hörer nicht auf ein Beilegeblatt aufpassen. Allerdings ist der Klappkarton kein ideales Transportbehältnis, wer das Hörbuch unterwegs hören will, tut gut daran, es zusätzlich zu schützen, um den Verlust oder eine Beschädigung der leicht hinaus rutschenden CDs zu verhindern.


Fazit
Nicht nur für Menschen, denen der Begriff "Colonia Dignidad" etwas sagt, ist dieser Roman ein tiefgründiges Erlebnis. Der Hörer wird so behutsam an alles heran geführt, dass sich der ganze Schrecken dieser Kolonie und der darin herrschenden Zuständige offenbart. Rabenfrauen ist ein durch und durch gelungenes Stück Geschichte in attraktiver Form erzählt.


4 5 Sterne


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