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1920 nimmt sich die bekannte Schriftstellern Lena Christ auf dem Münchner Waldfriedhof das Leben. Für viele bis heute unerklärlich, denn die Dichterin hatte den gesellschaftlichen Durchbruch geschafft. Sie war vom unehelichen Kind, von der geprügelten, ausgebeuteten Frau aufgestiegen zur anerkannten Schriftstellerin. Aus den Gärten des Herzens schöpfte sie eine Kraft und Fantasie, die ihr niemand nehmen konnte. Ihre leuchtende Sprachkraft, ihr sprühender Witz machten ihre Romane und Erzählungen unverwechselbar. Sie verkehrte in Münchner Künstlerkreisen und wurde über die Grenze Bayerns hinaus berühmt.
Asta Scheib wirft in ihrer Romanbiographie, die gleichzeitig ein eindrucksvolles Stück Zeitgeschichte ist, ein ganz neues Licht auf das Leben und Wirken der Lena Christ und versucht gleichzeitig, das Rätsel um ihren Tod zu lüften.

 

  Autor: Asta Scheib
Verlag: Hoffmann und Campe
Erschienen: August 2002
ISBN: 978-3455064957
Seitenzahl:  415 Seiten


Die Grundidee der Handlung
Lena Christ (1881–1920) ist wie viele talentierte Schriftsteller und Künstler schon sehr jung durch eigene Hand aus dem Leben getreten.
Ihre Kindheit war alles andere als schön und durch ihre Flucht in die erste Ehe kam sie vom Regen in die Traufe. Erst als sie sich alles von der Seele schreibt bekommt sie das erste Mal Anerkennung zu spüren, die aber wiederum durch die Präsenz ihres zweiten Ehemannes überschattet wird.
Asta Scheib hat sich dem Leben der außergewöhnlichen Autorin angenommen, hervorragend recherchiert und in einen wunderbaren Roman verpackt.


Stil und Sprache
Asta Scheib erzählt nicht, sie liefert einen Film. In scheinbar unaufregender Sprache reiht sie Wort für Wort so, dass dem Leser weder Schreibstil noch Sprache sonderlich auffallen. Erst wenn man bewusst und das schon nach vielen gelesenen Seiten überlegt, WIE die Autorin die Geschichte eigentlich erzählt, erst dann wird man bemerken, dass dies in so unspektakulärer, aber feiner Weise geschieht, dass man meine einen Film anzusehen. Nur schwer lässt sich der Stil Asta Scheibs fassen, so perfekt lässt sie sich auf ihre Erzählung ein und gibt ihr somit den kompletten Raum.

Mit dieser Romanbiografie bringt Asta Scheib dem Leser das geniale Schreibtalent, verknüpft mit dem tragischen und schweren Leben Lena Christs näher. Mit unglaublicher Empathie, psychologischem Feingefühl und akribischer Recherche gelingt es ihr, die ganze Tragik um die Person Lenas zu erfassen und dem Leser so zu vermitteln, dass er eine wahre Berg- und Talfahrt der Gefühle durchmacht. Asta Scheib bringt einem die Zeit so nahe, als wäre man selber am Beginn des 20. Jahrhunderts durch München und Bayern spaziert und da auch all den bekannten Schriftstellern und Dichtern, wie z.B. auch Ludwig Thoma, begegnet.


Figuren
Lena Christ ist die unbestrittene Protagonistin in diesem Buch. Warum dies betonen, wo es doch um ihre Biografie geht? Wer das Buch liest wird verstehen, dass es ihr zweiter Ehemann Peter Jerusalem (später Peter Benedix) bis über ihren Tod hinaus immer wieder versucht hat, Lena als „seine Schöpfung“ und als „alleiniges Nichts“, zu bezeichnen. Noch Jahre nach ihrem Tod versuchte er in stümperhafter, peinlicher und armseliger Weise ihren wohlverdienten Ruhm zu ernten.
Als Leser wird man erschüttert, tief getroffen und wütend werden und wenn man könnte, würde man die Zeit zurückdrehen, um Lena bei all dem Unrecht, das ihr geschieht, beistehen zu können. Man hofft und bangt mir ihr, gönnt ihr jeden noch so kleinen Lichtblick und Glückseligkeit und wird mitgerissen im Staunen ob all der Brutalität, Ungerechtigkeit und Borniertheit von Lenas Mutter und ihres Ehemannes Peter Jerusalem, die sich erdreisten, diese am Rücken eines von Kindheit an gequälten Menschen zu entladen und sich so selbst Genugtuung zu beschaffen.

Asta Scheib jedoch zeichnet ohne laute Worte die Geschehnisse so, wie sie wirklich gewesen sein könnten. Man glaubt jedes einzelne Wort und will es auch glauben. Genug und viel zu viel hat Lena Christ mitgemacht, als dass man ihr nicht wenigstens den Triumph über die Anerkennung ihrer schriftstellerischen Leistung lassen und von Herzen gönnen würde.


Aufmachung des Buches
Ein schönes, solides Buch in gebundener Ausführung. Der kartonierte Umschlag ist in feinem Vanillegelb gehalten und am Schutzumschlag ist das Profilporträt einer jungen Frau vom Gemälde des spanischen Malers des Realismus Julio Romero de Torres zu sehen.

Das Buch ist in 46 Kapitel unterteilt und am Ende findet man ein ausführliches und aufschlussreiches Nachwort der Autorin. Das gelbe Lesebändchen macht das schlichte, aber schöne Buch komplett.


Fazit
Eine feinfühlige und wunderbare Romanbiografie, die einen dazu anhalten wird, die oft schon vergessenen Bücher der Autorin Lena Christ zu lesen. Durch Asta Scheib wird man neugierig auf den Menschen, der hinter der Geschichte steckt, und wie kann man diesen besser kennen lernen, als dass man seine Werke liest.
Romanbiografien sind Asta Scheibs absolute Stärke und wer gut recherchierte Bücher liebt und gern mehr über außergewöhnliche Menschen erfährt, wird mit Scheibs Büchern eine Bereicherung finden. Lena Christs Leben war wie das vieler Frau in der damaligen Zeit. Asta Scheib jedoch gibt ihr nochmals den Rahmen, auf ihr wunderbares Talent aufmerksam zu machen und dies absolut verdient.
Ein absolut empfehlenswertes Buch!


5 Sterne


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