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Kategorie: Romane

Sie erzählt um ihr Leben …

Jeden Tag erwählt der Kalif ein Mädchen. Jeden Abend nimmt er sie zur Frau. Jeden Morgen lässt er seine Braut hinrichten. Bis die eine auftaucht, die um jeden Preis überleben will. Doch kann ein einzelnes Mädchen den Lauf der Geschichte verändern?

 

Zorn und Morgenroete 

Originaltitel: The Wrath and the Dawn
Autor: Renée Ahdieh
Übersetzer: Dietmar Schmidt
Verlag: One
Erschienen: 02/2016
ISBN: 978-3-8466-0020-7
Seitenzahl: 393 Seiten

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Die Grundidee der Handlung
Shahrzad ist von eiskalten Rachegefühlen und dem Wunsch nach Vergeltung erfüllt, als sie sich dem Kalifen von Chorasan freiwillig als Braut anbietet. Der König aller Könige soll sterben – durch ihre Hand. Doch die hasserfüllten Gefühle werden durch das Leben hinter den Palastmauern buchstäblich erstickt. Denn der Kalif hat ein dunkles Geheimnis. Ein Geheimnis, dass ein anderer meint, zu kennen und der doch so sehr falsch liegt. Denn was den Kalifen bewegt bzw. nicht bewegt, ist noch viel grausamer als all das, was sich Shahrzad auch nur im Entferntesten vorstellen konnte. Und als sie langsam begreift und die Wahrheit erkennt, ist sie willens, für etwas ganz anderes zu kämpfen: Ihre tiefe Liebe zu Chalid, dem Kalifen von Chorasan.

Stellenweise sehr gestelzt, unglaublich blumig und doch irgendwie auch sehr poetisch hat Renée Ahdieh Zorn und Morgenröte in Worte gefasst.


Stil und Sprache
Der Roman ist in der personalen Erzählperspektive geschrieben und hat einen unglaublich poetischen und zugleich aber auch sehr ausführlichen Schreib- und Wortstil. An einigen Stellen ist das leider viel zu viel des Guten. Um ehrlich zu sein, einige Seiten ziehen sich wie Gummi und sind in etwa genauso interessant.

Keine Frage, der Schreibstil der Autorin ist ungewöhnlich. Sie beschwört durch ihre opulenten und wohl auch typischen orientalischen Beschreibungen vor dem Auge des Lesers eine sowohl farbenprächtige wie auch fremde Umgebung herauf und zeigt eine Welt, die in der heutigen Zeit altmodisch und eigenartig wirkt. Sicher, ich hab es auf vielen Seiten auch genossen, diese Welt zu erleben, aber wirklich fasziniert oder gar gepackt hat mich der Roman leider nicht. Im Gegenteil, ich war sehr froh, als ich ihn beendet hatte und mit einem buchstäblichen Seufzer der Erleichterung zuklappen und weglegen konnte.

Ja, dieser Roman hat seine guten Seiten. Und ja, er ist bis zu einem bestimmten Grad auch schön zu lesen. Doch es gibt auch Stellen, wo sich einem die Logik nicht erschließt, wo die Autorin um die Dinge herum eiert und die Langsamkeit, mit der Renée Ahdieh die Geheimnisse lüftet, hat etwas von Schneckentempo. Und leider gibt sie, sobald eines gelüftet ist, dem Leser ein neues zum Nachgrübeln, was den Lesespaß zusätzlich etwas trübt.


Figuren
In Zorn und Morgenröte werden zwar eine Menge großer Gefühle präsentiert, aber alle wirken wie durch eine Wand dargestellt. Zwischen den Figuren und dem Leser bleibt eine gewisse Distanz bestehen, die auch die eine oder andere wundervolle Szene nicht aufheben kann. Hass, Durst nach Rache und Liebe machen die einzelnen Charaktere zu dem, was sie sind: Kämpfer auf verlorenem Posten.

Shahrzad ist eine kleine Kämpferin im wahrsten Wortsinne. Klein an Statur und groß im Herzen. Sie handelt oft aus dem Instinkt heraus, denkt nicht wirklich über ihr Handeln nach und trägt daher oft auch die schmerzhaften Konsequenzen. Aufgeben oder gar klein beigeben ist für sie einfach keine Option. Sie hat ein scharfes Mundwerk und weiß sich schon nach wenigen Stunden am Hofe so auszudrücken, dass sie die Dinge erfährt, die sie wissen muss. Ihre Stärke und ihr Drang, den Tod ihrer Freundin Shiva zu rächen, geraten jedoch bedrohlich ins Wanken, als sie sich dem Kalifen auf eine Weise nähert, wie sie es nie für möglich gehalten hat.

Chalid ist ein junger Mann, der eigentlich nie dazu bestimmt war, die Stellung einzunehmen, die er nun innehat. Doch als ihn das Schicksal zum Kalifen macht, ist für ihn klar: so grausam, wie sein Vater war, wird er nie sein. Seine Jugend lässt ihn schwerwiegende Fehler begehen und so muss er eines Tages bitter erkennen, dass er ganz genau wie sein Vater geworden ist. Der Mann, den er am meisten hasste. Das Gute an ihm, er ist lernfähig. Und dank seiner Frau sieht er nach und nach auch ein bisschen Gutes in dem, was er ist.


Aufmachung des Buches
Der Roman liegt mir als hellblau gebundenes Buch vor. Ein blauer Schutzumschlag mit Kupferfarbenen glänzenden Rankenelementen und ein kupfernes Leseband runden die schöne Aufmachung ab. Auf dem Cover blickt ein Auge den Betrachter forschend an. Auf der Buchrückseite stehen ein paar Worte zum Roman vor dem wunderbaren blaufarbigen Hintergrund. Auch hier sind einige kupferne Ranken zu sehen. Hält man den Titel leicht schräg, glänzen diese auf dem kompletten Schutzumschlag. Im Inneren findet man gleich am Anfang und direkt am Ende eine Karte, die Chorasan zeigt. Sieht so richtig edel aus.


Fazit
Eine stellenweise absolut wunderschön geschriebene Geschichte, daran besteht kein Zweifel. Aber aufgrund der Inhaltsbeschreibung hab ich mir eindeutig mehr davon erwartet. Schade, aber für mich war das, trotz aller orientalischen Pracht und Glorie, nur ein durchschnittliches Leseerlebnis.


3 Sterne


Hinweise
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