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Er würde Glück haben heute, das wusste er. Er würde sich eine Frau schnappen, sie zusammenschnüren und an einen ungestörten Ort bringen, wo er sie nehmen und zum Schreien bringen konnte, bis der Zug anhielt. Was er anschließend mit ihr machen sollte, wusste er noch nicht. Er tastete in seinen Taschen nach dem Seil und dem Messer und spürte, wie der Zug schon langsamer wurde. Auch wenn er sich noch ein wenig gedulden musste, weil um diese Uhrzeit noch zu viele Menschen unterwegs waren. Bis dahin würde er wie sein Lieblingstier ein Netz spinnen und sich darin auf die Lauer legen. Und er würde nicht heimgehen, bis er fündig geworden war. Er musste das Dröhnen in seinem Kopf beenden, er musste den Zug anhalten. Und er musste es bald tun.

 

 Todesfalle Campus

Autor: Dagmar Isabell Schmidbauer
Verlag: Edition Renumero
Erschienen: 15. März 2016
ISBN: 978-3-943395-03-7
Seitenzahl: 396 Seiten


Die Grundidee der Handlung
Eine Studentin wird brutal gefoltert, vergewaltigt und schließlich bestialisch hingerichtet. Und das alles in der Universität, während auf dem Campus gerade rauschende Feste gefeiert werden. Natürlich hat niemand etwas gesehen oder gehört, doch Kommissarin Franziska Steinbacher und ihr Kollege Hannes Hollermann geben sich nicht sofort geschlagen, egal wie aussichtslos die Lage erscheint. Sie beginnen ein Phantom zu jagen, das, und das scheint leider sicher, bald wieder zuschlagen wird...

Was bringt einen Menschen dazu, solch grausame, bestialische Taten zu begehen und wie kann er das mit seinem Gewissen vereinbaren? Dies sind nur zwei Fragen, denen die Autorin nachgeht, während sie, wie der Täter, ein Netz spinnt, das immer dichter und undurchsichtiger wird, vor allem für die Ermittler. Wird es ihnen gelingen, die Fäden zu durchdringen?


Stil und Sprache
Erzählt wird erneut aus der beobachtenden Perspektive, da es zwingend notwendig ist, sich an verschiedenen Plätzen aufhalten zu können, auch wenn die Ermittler nicht vor Ort sind. So ergeben sich Perspektivwechsel, die einerseits das Geschehen im Fluss halten, andererseits baut sich somit nach und nach ein Gesamtbild auf, dem schlussendlich nur noch wenige Puzzleteile zugeordnet werden müssen. Zeitweise befindet man sich auch in der Gesellschaft des Täters, ohne ihn jedoch namentlich zu kennen. So erfährt man einiges über seine Gedanken und seine Kindheit. Zwangsläufig fragt man sich, ob man dieser Person bereits begegnet ist, oder ob es ihm wirklich gelingt, im Verborgenen zu bleiben. Oder schafft er es gar, sich soweit zu verstellen, dass er alle täuschen kann? Neben den Ortswechseln trägt zusätzlich der flüssige Schreibstil der Autorin nachhaltig dazu bei, die Handlung im Fluss zu halten.

Im Großen und Ganzen steigt die Spannungskurve stetig an, ebenso wie das Tempo immer weiter an Fahrt aufnimmt. Manche Sequenzen mögen einen Tick zu lang erscheinen, wodurch sich leichte Stockungen ergeben, doch diese sind schnell überwunden, so dass sie auch bald schon wieder in Vergessenheit geraten. Es ist nicht nur an den Ermittlern, die richtigen Schlüsse zu ziehen. Der Leser, der vermeintlich mehr Informationen zur Verfügung stehen hat, tut sich allerdings ebenso schwer. Manche Zusammenhänge lassen sich leicht erschließen, andere Verbindungen zeigen sich erst, wenn man quasi konkret darauf hingewiesen wird. So muss man ständig auf der Hut sein, denn bereits auf der nächsten Seite könnte die nächste Überraschung warten, die das ganze bisherige Bild aus dem Konzept bringen kann.


Figuren
Nicht nur in ihrer privaten Beziehung taut Franziska Steinbacher langsam auf. Man hat nun auch als Leser das Gefühl, mehr von ihr, ihren Gedanken und Gefühlen vermittelt zu bekommen. Sie wirkt nicht mehr unnahbar und schafft es, eine erste Bindung zum Leser herzustellen. Kollege Hannes Hollermann tritt zunächst betrachtungstechnisch in den Hintergrund, wurde er schließlich im Vorgängerband eingehender bedacht. Zum Ende hin zeichnet sich ab, dass er in einem möglichen Nachfolger auch privat wieder mehr Beachtung finden wird.

Wieder fallen die Beschreibungen der Nebenfiguren eher minimalistisch aus, was allerdings auch wieder einen guten Grund hat. Einige Lösungsansätze wären deutlich früher sichtbar gewesen, hätte man jegliche Charaktereigenschaften bereits gekannt. Somit ist es nur folgerichtig, das Nötigste preis zu geben, um im weiteren Verlauf auf weitere Details hinzuarbeiten.


Aufmachung des Buches
Auch bei diesem vierten Band wird der Reihencharakter eingehalten. Das Cover zieren geschwungene Bögen in einem knalligen Grün. Im Hintergrund scheint sich der Campus sowie die Universität Passau abzuzeichnen. Im Vordergrund sieht man scheinbar eine Studentin in aufreizender Pose und Kleidung, beziehungsweise ihren Körper und dass sie ein Buch in Händen hält. Ob sie gerade lernt, oder es sich nur um eine Zurschaustellung handelt, lässt sich nicht sagen. Ebenso wenig, ob sie sich allein an diesem Ort befindet. Allerdings stellt man sich sofort die Frage nach der Verbindung zum Inhalt.


Fazit
Ein gelungener Krimi mit einem Spannungsbogen, der nicht als einziger zeitweise bis zum Zerreißen gespannt ist. Auch der vierte Passau-Krimi kann ordentlich punkten und bekommt daher eine klare Empfehlung.


4 5 Sterne


Hinweise
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Backlist:
Band 1: Marionette des Teufels
Band 2: Der Tote vom Oberhaus
Band 3: Und dann kam das Wasser

Er würde Glück haben heute, das wusste er. Er würde sich eine Frau schnappen, sie zusammenschnüren und an einen ungestörten Ort bringen, wo er sie nehmen und zum Schreien bringen konnte, bis der Zug anhielt. Was er anschließend mit ihr machen sollte, wusste er noch nicht. Er tastete in seinen Taschen nach dem Seil und dem Messer und spürte, wie der Zug schon langsamer wurde. Auch wenn er sich noch ein wenig gedulden musste, weil um diese Uhrzeit noch zu viele Menschen unterwegs waren. Bis dahin würde er wie sein Lieblingstier ein Netz spinnen und sich darin auf die Lauer legen. Und er würde nicht heimgehen, bis er fündig geworden war. Er musste das Dröhnen in seinem Kopf beenden, er musste den Zug anhalten.

Und er musste es bald tun.

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