Ein Mord, zwei Detektive und eine Zeugin, die nicht sprechen kann
Jim Glews ist Privatdetektiv im Ruhestand. Mit der Liebe zu seinem Beruf hat er auch seinen Sohn Bruno angesteckt, der überall ein Verbrechen wittert. Bruno liebt nur eins mehr, als Detektiv zuspielen, und das ist seine Katze Mildred. Zu gern würde er ihre Streifzüge durch die Hintergärten miterleben, daher bindet er ihr ein Halsband mit einer winzigen Kamera um. Eine Kamera, die plötzlich von größter Wichtigkeit ist: Als die Nachbarin brutal ermordet wird, findet die Polizei am Tatort blutige Pfotenabdrücke. Brunos Katze scheint den Täter gefilmt zu haben, ist aber seither spurlos verschwunden. Hat der Mörder sie beseitigt? Jim und Bruno stürzen sich in die Ermittlungen, fest entschlossen, Mildred - und den Täter - aufzuspüren ...
Originaltitel: The Cat who saw it all |
Die Grundidee der Handlung
Die Kurzbeschreibung auf der Rückseite des Buches ist bereits recht umfangreich, sodass es nicht viel hinzuzufügen gibt. Es ist allerdings Brunos Vater Jim Glew, der die Leiche findet und die Pfotenabdrücke entdeckt. Da Terry Rutter ihm vor einiger Zeit das Leben gerettet hat, fühlt Jim sich dazu verpflichtet, dessen Unschuld - die sein Nachbar beteuert - zu beweisen. Doch ist er wirklich so unschuldig, wie er es darstellt? Während Jim sich auf die Mordermittlungen konzentriert, arbeitet sein 11-jähriger Sohn Bruno an gleich zwei Fällen: dem Mord an Poppy Rutter und dem Verschwinden seiner geliebten Katze Mildred.
Die Grundidee des Krimis klingt vielversprechend, doch Sam Gasson verschenkt das Potential nahezu komplett.
Stil und Sprache
Der Einstieg in den Krimi verspricht eine spannende Handlung, doch schon bald flacht er spürbar ab. Alle ominösen Begebenheiten scheinen eher der blühenden Fantasie Brunos zu entspringen als tatsächlich vorhanden zu sein, wodurch man vieles des unzuverlässigen Erzählers in Frage stellt. Auch mit fortschreitender Handlung fehlt das gewisse Etwas und der Leser wird von dem Kriminalfall und den damit verbundenen Ermittlungen einfach nicht gepackt. Da der Verdächtige einem von Anfang an unsympathisch ist und sich dies eher noch steigert, je mehr man ihn kennenlernt, macht es das nicht einfacher, sich für den Beweis seiner Unschuld zu interessieren. Vielmehr ist es der Stil des Autors, der immer wieder für ein Aufmerken oder gar lautes Lachen sorgt. "Bruno wusste kaum etwas über guten Geschmack, außer dass der neugierige Alan keinen besaß" (Seite 190). Außerdem gelingt es Sam Gasson immer wieder, mit treffenden Worten die Atmosphäre der entsprechenden Szene zu unterstreichen: "Die Stille des Hauses versetze sie in Angst. Sie wurde sich der Wände bewusst und der Geräusche in den Wänden. Wie das Holz im Morgensonnenschein knackte. Wie die Wasserrohre gurgelten. Die heimlichen Laute, die ein Haus für sich behielt und in verzweifelten Momenten wie diesem offenbarte." (Seite 252)
Insgesamt betrachtet wirkt der Schreibstil jedoch eher unstet: Mal recht einfach gehalten, mal schon fast abgehoben und insbesondere Brunos Alter unangemessen. Die farbenfrohe Erzählweise rutscht teilweise ins übertrieben Grelle ab, was an Brunos Art liegen mag, dadurch aber nicht weniger künstlich übertrieben wirkt. Auch passt so manche aufgeblähte Aussage nicht zu Brunos Vater Jim, der als ehemaliger Privatdetektiv eher nüchtern und sachlich daher kommt: "Er schnarchte, als ob er eine tief liegende Hemmnis loswerden wollte. Vielleicht war seine Luftröhre von Schuld verstopft. Oder von Furcht. Vielleicht waren Terry Rutters Lungen von innen mit Mord verklebt, und der Schlaf bemühte sich, ihn davon zu befreien." (Seite 67)
Was leider gerade zu Beginn des Buches deutlich auffällt, sind die Verwechslungen bei Namen. So taucht plötzlich ein Ben auf, der wohl eher Dean - Brunos bester Freund - sein sollte. Da dies nicht nur einmal passiert, drängt sich die Vermutung auf, dass Dean in einer früheren Fassung des Buches Ben hieß und dies erst später - vielleicht aufgrund der Namensähnlichkeit der beiden Freunde - geändert wurde. Auch werden selten Bruno und Dean durcheinander gewürfelt, was noch mehr Aufmerksamkeit des Lesers fordert, als es die teilweise undurchschaubaren Begebenheiten eh schon tun.
Figuren
Bruno ist ein knuffiges Kerlchen und nimmt den Leser zu Beginn des Krimis mit seiner eigenwilligen Art für sich ein. Doch je länger man ihn begleitet, desto anstrengender und unglaubwürdiger wird diese Figur, die oft altklug oder gar aufmüpfig daherkommt. Er hat einen enorm starken Charakter und setzt sich über Anweisungen der Polizei und seiner Eltern einfach hinweg und meint, dabei im Recht zu sein. Sein Vater arbeitet hingegen so gut wie möglich mit der Polizei zusammen und riskiert seine Gesundheit, um für Terry Rutter sein Bestes zu geben. Dieser ist der Hauptverdächtige und Vater von Brunos bestem Freund Dean. Er ist ein richtiger Mistkerl und man gönnt es ihm regelrecht, dass er hinter Gitter kommt - ob nun für den Mord oder alles andere, was er sich zu Schulden kommen lassen hat. Die Ausarbeitung dieser und der weiteren Figuren ist mal mehr, mal weniger gut gelungen. Manche wirken authentisch und haben Ecken und Kanten, andere bleiben blass und unscheinbar und ihre Motive eher unglaubwürdig.
Aufmachung des Buches
Der Krimi ist als Klappenbroschur im Egmont LYX-Verlag erschienen. Das schlichte und gerade dadurch auffällige Coverdesign ist ansprechend, der mit Spotlack hochglänzend hervorgehobene Titel hebt sich auffallend vom schwarz-weißen Cover ab und passt zum komplett rot eingefärbten Buchschnitt. Die Verarbeitungsqualität ist einwandfrei.
Fazit
"Gone Cat" ist ein Krimi mit dem Spannungspotential einer Gute-Nacht-Geschichte und Figuren, für die sich der Leser kaum erwärmen kann.
Hinweise
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