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Mord und Magie im Londoner Untergrund

Sie sind schon mal mit der Londoner U-Bahn gefahren? Und sie glauben zu wissen, wie es dort unten zugeht? Oh nein. Sie haben keine Ahnung. Lassen Sie sich von Peter Grant, Police Constable und Zauberer in Ausbildung, erzählen, was man tief unter der Baker Street, Southwark oder Oxford Circus alles entdecken kann, wenn man ein Gespür für Magie hat: Vergessene Tunnel, viktorianische Abwässerkanäle, uralte Künste und rachsüchtige Geister sind nur der Anfang …

 

Ein Wispern unter Baker Street 

Originaltitel: Whispers Under Ground
Autor: Ben Aaronovitch
Übersetzer: Christine Blum
Verlag: dtv
Erschienen: Juni 2013
ISBN: 978-3-423-21448-3
Seitenzahl: 448 Seiten

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Die Grundidee der Handlung
Der Tod eines amerikanischen Studenten, bei dessen Ermordung Magie – oder, wie sich Detective Chief Inspector Seawoll ausdrücken würde, abstruser Scheiß – eine Rolle spielte, ruft sowohl das Folly als auch eine Vertreterin des FBI auf den Plan. Aber damit nicht genug für Peter Grant und Lesley May zu tun – Nightingale ist auf der Suche nach Angehörigen der „Little Crocodiles“, einer Gruppe von im geheimen magisch Praktizierenden. Während der Mordfall Peter Grant sprichwörtlich in die Londoner Unterwelt führt, stürzt die Jagd auf die geheime Gruppe die drei Polizisten des Folly in große Gefahr …

Auf ganz eigene und unnachahmliche Art versteht es Ben Aaronovitch, den Leser durch eine Story voller Witz und Magie zu führen und dabei kurzweilig zu unterhalten. Zwar kann man Ein Wispern unter Baker Street auch einzeln lesen, ich empfehle aber, zunächst die beiden ersten Bücher der Reihe zu kennen, um in den vollen Genuss von Ben Aaronovitch magischem London zu kommen.


Stil und Sprache
Der dritte Band ist nach Tagen gegliedert – „Sonntag“ eröffnet das Buch und führt durch eine abwechslungsreiche Woche bis in die Weihnachtsfeiertage hinein. Zusammen mit Peter Grant lernt man auch in diesem Buch nach und nach London und seine Geheimnisse kennen, und seine wohldosierten Ausführungen zu viktorianischen Bauweisen und der Geschichte Londons sind so humorvoll verpackt, dass man nicht selten lachen muss und trotzdem immer wieder etwas dazu lernt. Grant erzählt aus erster Person, gibt direkten Einblick in seine Gedanken und Überlegungen und spricht auch den Leser immer wieder direkt an, ganz so, als sei er sich dem omnipräsenten Blick über die Schulter durchaus bewusst.

Ben Aaronovitch verquirlt in seinem Plot Historisches, Architektonisches und immer wieder Aspekte und Ansichten zur Polizeiarbeit, versteht es aber, dies so kurzweilig und gewürzt mit mal feinem, mal bissigem englischen Humor herüberzubringen, dass bei seinen Beschreibungen zu keinem Zeitpunkt ein Hauch von Langatmigkeit Einzug hält. Dafür schreibt er einfach zu bildlich und nutzt überaus geschickte Vergleiche, so z.B. das Betreten eines Tatorts mit dem Einlass in einen Nachtclub (Seite 37). Gleichzeitig macht er die Arbeit der Polizisten und allen voran natürlich Peter Grant transparent, so dass auch Leser gut folgen können, die sich mit britischen Ordnungshütern sonst nicht beschäftigen. Reichlich Anspielungen auf den „Herrn der Ringe“ von J.R.R. Tolkien oder auf Rowlings „Harry Potter“ tauchen in den Dialogen immer wieder auf und geben ihnen eine zusätzliche Würze.

Recht schnell erzeugt Ben Aaronovitch Spannung, als es für Grant und die Mordkommission darum geht, die ominöse Tat an dem Sohn eines amerikanischen Senators aufzuklären. Zur Mitte des Buches hin konnte ich mich des Eindrucks nicht erwehren, dass es einige Längen gibt, die von eher kurzen Spannungsspitzen und natürlich dem ganz eigenen Humor durchbrochen wurden, während es danach wieder schwungvoll voran und bis in ein würdiges Finale geht. Der Autor greift verschiedene, scheinbar unabhängige Aspekte und Details auf, die er zum Ende hin geschickt  zu einem Strang zusammen führt und verknüpft – auch wenn der Leser zwischenzeitlich nicht bei allen  Einzelheiten einzuschätzen vermag, was diese mit dem Fall zu tun haben, so bleibt im Abschluss doch nichts vergessen und ergibt dann einen Sinn.


Figuren
Aaronovitch lässt auch in diesem Band viele Charaktere auftreten, doch behält der Leser jederzeit den Überblick. Die Figuren sind – je nach ihrer Bedeutung – nachdrücklich ausgearbeitet oder bleiben eher blaß. Glaubhaft wirken sie jedoch alle, auch wenn nicht wenige von ihnen zuweilen recht skurrile Züge an sich haben. Aber gerade das macht sie so liebenswert.

Zach Palmer, ebenso Kumpel des Verstorbenen wie dreister Schmarotzer, hält Peter Grant mächtig auf Trab. Er weiß wesentlich mehr, als er der Mordkommission einzugestehen bereit ist, und doch ist er mit seiner offenen Unverschämtheit kaum zu durchschauen. Die FBI-Agentin Reynolds spielt hingegen eher eine untergeordnete Rolle und bleibt lange Zeit dementsprechend blass und wenig aussagekräftig. Erst in der zweiten Hälfte des Buches gewinnt sie an Farbe, auch wenn der Fokus nur selten direkt auf ihr liegt. Schon mehr Substanz haben da die Vorgesetzten in der Mordkommission, Seawoll und Stephanopoulos, auch wenn ihre Rollen nur wenig mehr Anteil am Ganzen haben. Nightingale rückt dafür wieder stärker ins Rampenlicht und hat zunächst wenige, aber nicht unwichtige Auftritte – zum Ende hin erhält er dann mehr Präsenz. Der Schwerpunkt liegt jedoch klar auf DC Peter Grant, der diese Reihe unnachahmlich gestaltet – sowohl spannend, wie auch humorvoll. Gemäß dem Motto von Seite 16 „Wie jeder junge Mann seit Anbeginn der Zeit zog ich die tödliche Gefahr der sicheren Blamage vor.“ gerät er nicht selten in Schwierigkeiten, aus denen er sich mal mehr, mal weniger geschickt herauszumanövrieren versteht. Nicht weniger tough und begabt für die magischen Künste ist Peters Kollegin Lesley, die nun fester Bestandteil des Folly-Teams geworden ist. Auch sie ist nicht auf den Mund gefallen und darüber hinaus eine fähige Polizistin.


Aufmachung des Buches
Ganz im Stil der bisherigen Bände der Serie ist auch Ein Wispern unter Baker Street gestaltet: diesmal ist Rot die dominierende Farbe des Taschenbuchs. Das Cover hat nicht nur einen hohen Wiedererkennungswert, sondern vereint geschickt verschiedene Elemente, die gut zu den nicht immer ganz ernst zu nehmenden Handlungen passen und sich teils mit Spotlack versiegelt, teils durch Prägung nach außen von dem ansonsten matten Untergrund abheben. Dieser zeigt diesmal keine Straßen-, sondern eine U-Bahn-Karte Londons.


Fazit
Ein rätselhafter Mord führt den magisch begabten Polizisten Peter Grant ausgerechnet in der  Vorweihnachtszeit tief in die dunkelsten Bereiche Londons hinein ... Abwechslungsreich und gespickt mit britischem Humor, begeistert Ben Aaronovitchs schaurig-vergnügliche Urban Fantasy mit ihrem schrägen Stil.


4 Sterne


Hinweise
Dieses Buch kaufen bei: amazon.de

Backlist:
Teil 1: Die Flüsse von London
Teil 2: Schwarzer Mond über Soho

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