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Wer hat den Brüdern Grimm was, wann und wie erzählt?
Wir alle sind mit ihren Märchen aufgewachsen: Die Brüder Grimm haben nicht nur unsere Kindheit begleitet, "Grimms Märchen" gehören seit über 170 Jahren zu den ersten Begegnungen mit großer Literatur.
So eindrucksvoll wie die Märchen ist auch ihre Entstehungsgeschichte – die Brüder Grimm haben ihre Märchen zwar verfasst, aber wer hat sie ihnen zugetragen?
Die beiden Brüder aus Kassel waren vor allem gute Zuhörer und Sammler: Mehr als 25 der bis vor nicht langer Zeit unbekannten und geheimnisvollen Geschichtenzuträger werden hier erstmals vorgestellt, mit ihren Lebensgeschichten und ihrem besonderen Erzählstil.
Und natürlich – wir finden in diesem illustrierten Prachtband die Märchen wieder, die wir lieben – in der selten gedruckten Erstfassung aus dem Jahr 1812: vom "Teufel und seiner Großmutter" und "Dornröschen" über "Rothkäppchen" und die "Bremer Stadtmusikanten" bis "Der gestiefelte Kater" und "Frau Holle".

 

Es war einmal 

Autor: Heinz Rölleke, Albert Schindehütte (Hrsg.)
Verlag: Eichborn Verlag
Erschienen: 14. November 2011
ISBN: 978-3821862477
Seitenzahl: 480 Seiten


Umsetzung, Verständnis und Zielgruppe
Dieses Buch hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Menschen den Lesern vorzustellen, die damals den Brüdern Grimm die Märchen erzählt oder ihnen beim Sammeln geholfen haben. Und dabei möchte es auch gleich mit einem zählebigen Mythos aufräumen, dass nämlich die Grimms wandernd übers Land gezogen sind und beim einfachen Volk ihre Märchen gefunden haben. Die Beiträger waren in der Regel Angehörige des Bürgertums, z.T. Hugenotten und definitiv keine alten Leute, sondern überwiegend junge Frauen. Natürlich gibt es auch Ausnahmen, zu denen Frau Viehmann und Wachtmeister Krause zählen, die bereits älter waren und nicht dem gehobenen Bürgertum angehörten.

Eine allgemeine Einführung stimmt auf das Thema des Buches ein und Heinz Rölleke (der Spezialist für die Grimms) gelingt es gut, trockene Fakten der Märchenforschung gut lesbar dem Laienpublikum zu vermitteln. Ganzseitige Zeichnungen der Grimms und ihrer Beiträger ergänzen und schmücken das Buch. Die Bilder der ErzählerInnen von Albert Schindehütte orientieren sich stilistisch an Ludwig Emil Grimm, der schon früh seinerseits Portraits einiger der Beiträger angefertigt hat. Ab Seite 93 schließlich lernt man sie selbst und die ihnen zugeschrieben Märchen kennen. Jeder Erzähler wird kurz vorgestellt und seine Märchen im Anschluss daran abgedruckt. Dabei erfährt man die eine oder andere Besonderheit, die diesen Erzähler auszeichnet. So war z.B. Frau Viehmann in der Lage, ihre Märchen Wort für Wort zu diktieren; zu Wachtmeister Krauses Repertoire gehörten ausschließlich Märchen mit Soldaten als Helden. Einige Märchen werden darüber hinaus noch kurz erläutert, beispielsweise welchem Märchentyp sie angehören, oder ob es sich um ein sogenanntes kontaminiertes Märchen handelt.

Hervorzuheben sind bei dem vorliegenden Band zwei Dinge:

1. Mit diesem Buch sind endlich die Märchen der Ausgaben von 1812-14,  die sich z.T. doch erheblich von denen der Ausgabe von 1856 unterscheiden, den LeserInnen wieder zugänglich gemacht worden. 

2. Die Märchen werden so abgedruckt wie sie damals erschienen - einschließlich aller Fehler bei Rechtschreibung und Grammatik.

Nicht alle Märchen fanden den Weg in die Öffentlichkeit und so lesen wir hier nur die Geschichten, die den Ansprüchen der Grimms genügten, vor allem die Mundartlichen wie "Von den Fischer un siine Fru" waren ihnen wichtig. Vergleicht man die hier abgedruckten Versionen mit denen der letzten Ausgabe, so meine ich, dass Wilhelm Grimm einige davon durch seine Bearbeitung schlimmverbessert hat.

Leider haben sich ein paar Druckfehler in den Text von Rölleke eingeschlichen, die es bei einem solch teuren Buch nicht geben sollte. Darüber hinaus fällt auf, dass bestimmte Fakten häufig wiederholt werden – wie die bereits erwähnte Viehmannsche Fähigkeit zu diktieren. Da hätte man etwas besser aufpassen können. Dennoch ist dieses Buch für Laien mit Gewinn zu lesen. Märchenkenner werden nichts Neues erfahren, halten aber eine wunderschön aufgemachte Ausgabe in Händen. 


Aufmachung des Buches
Bei diesem Buch fallen zuerst Größe und Gewicht auf – es ist unhandlich und man legt es besser ab, um darin zu lesen. Die Ausstattung ist über jeden Zweifel erhaben: sehr stabile Buchdeckel, Stoffrücken, Fadenheftung, dickes champagner-farbenes Papier und ein rotes Lesebändchen. Die Vorsatzblätter bilden Motive aus "Brüderchen und Schwesterchen" sowie "Die Gänsemagd" ab. Das Cover zeigt auf der Vorder- und Rückseite Rotkäppchen und den Wolf.

Die Kapitel zu den ErzählerInnen werden mit deren jeweiligem Namen überschrieben und zwar in manchmal schwer zu entziffernder kalligraphischer Schrift; diese findet auch bei den Märchentiteln Verwendung. Allerdings sind Namen und Titel auch noch in Druckbuchstaben "übersetzt". Jedes Märchen wird zusätzlich durch ein Gemälde Schindehüttes eingeleitet. Während der wissenschaftliche Text in normal großen Buchstaben gesetzt ist, sind die Märchentexte übergroß und fettgedruckt, was mir aber sehr gut gefällt, denn so passen sie besser zum Format des Buches. Es gibt ein Inhaltsverzeichnis und zwei Register. 


Fazit
Ein Muss für jeden Märchenfan.


4 5 Sterne


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