Smaller Default Larger

1803 überquert die spanische Ordensschwester Isabel Sendales y Gómez den Atlantik. Sie will die Menschen in den Kolonien gegen das tödliche Pockenvirus impfen. Zweihundert Jahre später stößt die erfolgreiche Schriftstellerin Alma auf Isabels außergewöhnliches Schicksal. Beeindruckt von ihrer Stärke und ihrem Willen, beschließt Alma, sich selbst dem Kampf gegen einen anderen verheerenden Virus zu stellen und nimmt dabei das Risiko in Kauf, einen wichtigen Menschen für immer zu verlieren.

 

  Autor: Julia Alvarez
Verlag: Piper
Erschienen: 08/2008
ISBN: 978-3-492-27132-5
Seitenzahl: 504 Seiten 


Die Grundidee der Handlung
Auch in diesem Roman bleibt die aus der Dominikanischen Republik stammende und seit ihrem zehnten Lebensjahr in den USA lebende Autorin Julia Alvarez ihrem Schema treu, eine Schriftstellerin in den Mittelpunkt der Handlung zu stellen. In diesem Fall ist es die 50jährige Alma, die bereits seit einiger Zeit unter Depressionen leidet, den Abgabetermin für ihren Roman immer wieder verschiebt und schließlich mit einer ganz anderen Geschichte anfängt, nämlich der Impfexpedition zur Ausrottung der Pocken, die der spanische König zu Beginn des 19. Jahrhunderts ins Leben rief und deren einzige weibliche Teilnehmerin Isabel Gómez war, die die Pocken als Jugendliche überlebt hatte und in einem Waisenhaus arbeitete. Von ihren Schützlingen sollten 22 Jungen als Träger für den Impfvirus in die Neue Welt reisen, da damals noch keine Möglichkeit bestand, den Impfstoff auf andere Weise unbeschadet über längere Strecken zu transportieren. Während Alma ihren Roman schreibt und sich immer intensiver mit Isabels Leben befasst, reist ihr Mann Richard in die Dominikanische Republik, um dort ein Hilfsprojekt zu betreuen. Zu spät stellt sich heraus, dass Richard mit seiner Aufgabe überfordert ist. Die Situation eskaliert, und auch Alma schafft es nicht mehr, das tragische Ende des Hilfseinsatzes abzuwenden. Isabel hingegen übersteht alle Straprazen und Widrigkeiten der langen Reise in die Karibik, nach Mexiko und zu den Philippinen. Sie kehrt nicht nach Spanien zurück, sondern verbringt den Rest ihres Lebens in der Neuen Welt.


Stil und Sprache
Die Geschichte von Alma wird von Julia Alvarez aus deren Perspektive geschrieben, während die Abenteuer der Isabel Gómez in Tagebuchform erzählt werden. Der Wechsel gelingt der Autorin gut, auch die Ausdrucksweise der Figuren ist der jeweiligen Epoche gut angepasst. Wie alle Bücher von Julia Alvarez ist auch dieses ein gut zu lesender und kurzweiliger Roman mit einer gelungenen Mischung aus wörtlicher Rede, Handlungs- und Situationsbeschreibungen.
Jedes Kapitel ist zweigeteilt, der erste Teil spielt jeweils in der Gegenwart, der zweite Teil in der Vergangenheit. Julia Alvarez schafft es, die jeweiligen Teile an Stellen enden zu lassen, an denen man unbedingt wissen möchte, wie es weitergeht, so dass die Spannung bis zum Ende aufrecht erhalten bleibt.
Qualitativ übertrifft der historische Erzählstrang den in der Gegenwart spielenden jedoch um Längen. Man fühlt sich in die Zeit hinein versetzt und leidet mit den Figuren. Der historische Kontext ist gut recherchiert, was Daten und Fakten betrifft, die Autorin macht auch einige, meist spanischsprachige Quellenangaben.
Bei den Kapiteln, die in der Gegenwart spielen, packt die Autorin dagegen zu viele verschiedene Handlungen hinein, die nicht immer gut aufeinander abgestimmt sind und der sozialkritisch gemeinte Handlungsteil, der in der Dominikanischen Republik spielt, erscheint an vielen Stellen unglaubhaft.


Figuren
Hauptfigur in der Gegenwart ist die dominikanischstämmige Schriftstellerin Alma Rodriguez, die zusammen mit ihrem amerikanischen Ehemann Richard in einer ländlichen Gegend Vermonts lebt und sich um ihre alte Nachbarin Helen kümmert. Sie leidet selber unter Depressionen und ist sich ihrer selbst und ihrer Beziehung zu Richard oft sehr unsicher. Erst als Helen schwer erkrankt und Richard in der Dominikanischen Republik in Schwierigkeiten gerät, wächst sie über sich selbst hinaus.

Isabel Sendales y Gómez ist die Protagonistin des im 19. Jahrhunderts spielenden Erzählstrangs. Als Jugendliche überlebte sie als einzige ihrer Familie eine Pockenepidemie, ist seitdem von den Narben jedoch stark gezeichnet. Sie hat sich damit abgefunden, den Rest ihres Lebens als Betreuerin in einem Waisenhaus zu arbeiten, als der Königliche Hofarzt Francisco Xavier Balmis dem Waisenhaus  unerwartet einen Besuch abstattet. Auf ihr eigenes Drängen hin begleitet sie die Expedition als Betreuerin der Jungen und fährt um die halbe Welt. Die neuen Erfahrungen machen sie stark und selbstbewusst, zugleich schafft sie es stets von Neuem, ausgleichend auf den oft kompromisslosen Expeditionsleiter einzuwirken.

Insgesamt wirkt Isabel trotz der historischen Distanz glaubwürdiger und lebendiger als Alma, deren oft sprunghaftes Verhalten und Gefühlsleben nicht immer leicht nachzuvollziehen ist. Das hängt sicherlich auch damit zusammen, dass Isabel mit dem Expeditionsleiter Francisco Balmis einen männlichen Gegenpart zur Seite hat, der eine wesentliche stärkere Persönlichkeit aufweist als Almas Ehemann Richard, der letztlich eine blasse Nebenfigur bleibt. Sehr schön skizziert ist dagegen Almas Nachbarin Helen, für die man schnell Sympathien entwickelt und die man beim Lesen fast bildlich vor sich sieht.


Aufmachung des Buches
Es handelt sich um ein broschiertes Buch mit um ausklappbarer erster und letzter Seite. Der Roman ist eingeteilt in acht Kapitel. Bei der Auswahl des Covers und der Zusammenfassung des Inhalts für den Klappentext hat der Verlag Piper sich leider nicht mit Ruhm bekleckert. Das Coverbild schmückt ein Selbstporträt der mexikanischen Malerin Frida Kahlo, was wohl den historischen und lateinamerikanischen Bezug darstellen soll, aber Mexiko ist nun einmal nicht die Dominikanische Republik und Frida Kahlo lebte im 20. Jahrhundert. Schlimmer jedoch ist der Klappentext, der aus Isabel Gómez eine Ordensschwester macht, es so darstellt, als wäre die Impfexpedition ihre Idee gewesen und Alma gegen einen anderen Virus (HIV) kämpfen lässt, der im Buch eine ganz andere Rolle spielt als der Klappentext suggeriert.


Fazit
Mir hat das Buch vor allem deswegen gefallen, weil es auf einer wahren historischen Begebenheit beruht, von der, wie so oft, nur der Ruhm der Männer die Jahrhunderte überlebt hat. Durch Julia Alvarez Buch erfährt nun die einzige Frau der Expedition die ihr zustehende Würdigung auf literarische Art. Außerdem ist es trotz der oben erwähnten Schwachpunkte so spannend und unterhaltsam geschrieben, dass ich es innerhalb von zwei Tagen durchgelesen hatte.


3 5 Sterne


Hinweise
Dieses Buch kaufen bei: amazon.de

Facebook-Seite

FB

Partnerprogramm

amazon

Mit einem Einkauf bei amazon über diesen Banner und die Links in unseren Rezensionen unterstützt du unsere Arbeit an der Leser-Welt. Vielen Dank dafür!

Für deinen Blog:

BlogLogo