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Dunkelheit senkt sich auf das Land der Sonne, als eine Armee grauenerregender Elben von jenseits der Schattengrenze in das Reich vordringt …

Der königliche Vater in Gefangenschaft, der Feind vor den Toren und Verräter in den eigenen Reihen – das Schicksal der Südmark liegt in den Händen der Zwillinge Barrick und Briony. Auf dem Hause Eddon scheint ein Fluch zu liegen …

 

  Autor: Tad Williams
Verlag: Klett-Cotta
Erschienen: 09/2007
ISBN: 978-3-608-93718-3
Seitenzahl: 813 Seiten 


Die Grundidee der Handlung
Die Qar (von den Menschen Zwielichtler genannt) wollen Südmark – und vor allem die Burg – zurückerobern, nachdem diese vor vielen Jahren von den Menschen (von den Qar Sonnländer genannt) vertrieben worden sind. Ein Krieg steht bevor, mit dem Ziel, die Menschen zu vernichten. Doch es ist nicht der einzige Krieg in dieser schweren Zeit, denn selbst innerhalb der Burgmauern wird integriert und so muss die Tochter des Königs, Briony, schließlich fliehen, da sie um ihr Leben fürchten muss. Ihr Zwillingsbruder Barrick ist seit einer Schlacht gegen die Qar verschollen, der andere Bruder tot und der König befindet sich noch immer in Hierosol in Gefangenschaft. Der lebende Gott auf Erden, der Autarch, will Hierosol erobern und zeigt ein auffälliges Interesse an dem Gefangenen, König Olin. Quinnitan, die es geschafft hat, dem Autarchen zu entkommen, muss jeden Tag fürchten, dass er sie findet und zurückholt – oder gar umbringen lässt. Alles scheint aussichtslos, doch verfolgen alle ihre Ziele, um das Unglück abzuwenden. Werden sie es schaffen?


Stil und Sprache
Tad Williams hat sich mit „Shadowmarch“ eine komplett eigene Welt mit allen Facetten ausgedacht und auf wunderbare Weise zum Leben erweckt. Ob es sich um die Völker, die einzelnen Städte oder Figuren, die Religionen oder Götter handelt – der Autor hat an alles gedacht. Obwohl die Stellen, die von den Göttern handeln, also welcher Gott wann was mit wem gemacht hat, teilweise schon verwirrend sind und man diese durchaus zweimal lesen muss, um alles zu verstehen bzw. nachvollziehen zu können. Vielleicht wäre ein Stammbaum der Götter am Ende des Buches sinnvoll gewesen …

Das Geschehen wird von einem personale Erzähler in der dritten Person, direkte Gedanken einzelner Figuren jedoch in der ersten Person und kursiv gedruckt, wiedergegeben. Ein Perspektivwechsel wird durch Leerzeilen und ein kleines Zeichen gekennzeichnet, sodass es an keiner Stelle zu Verwirrungen kommt. Tad Williams setzt mit Vorliebe immer dann einen Perspektivwechsel ein, wenn es gerade besonders spannend ist; durch diese Cliffhanger wird die Neugier des Lesers angestachelt und der Spannungsbogen geschickt aufrecht erhalten. In diesem Buch gibt es reichlich Erzählstränge, die parallel verlaufen, teilweise aber auch aufeinander treffen, eine Zeitlang zusammen verlaufen und sich wieder trennen. Dadurch ist es dem Leser möglich, das Geschehen an unterschiedlichen Orten und teilweise auch aus der Sicht verschiedener Figuren zu beobachten, wodurch er mehr weiß, als die meisten Figuren.

Der Schreibstil des Autors ist nicht unbedingt als einfach zu bezeichnen, aber auch nicht schwer verständlich. So ist die Sprache teilweise ungewohnt, vielleicht als altertümlich zu bezeichnen, die Sätze sind manchmal recht lang und verschachtelt, aber dennoch gut verständlich, was das Gefühl des Autors für die Sprache deutlich macht – und die Fähigkeit der Übersetzerin Cornelia Holfelder-von der Tann.
Um bestimmten Wörtern mehr Gewicht zu verleihen, werden diese kursiv gedruckt. Die Vergleiche und Metaphern sind erfrischend neu und den jeweiligen Völkern angepasst. Allerdings fallen die Beschreibungen stellenweise zu umfangreich aus, sind zu detailliert und bremsen dadurch den Erzählfluss. Die Geschichte zieht sich in die Länge und man wartet förmlich darauf, dass es wieder spannend wird. An den passenden Stellen versteht der Autor es jedoch, Tempo in den Text zu bringen und Spannung aufzubauen, sodass man einfach weiterlesen muss.

Tad Williams versteht es hervorragend, vor dem inneren Auge des Lesers einen Film abspielen zu lassen. So sieht man beispielsweise die brutalen und blutigen Szenen unweigerlich vor sich, obwohl die Beschreibungen an diesen Stellen dezent, aber dennoch bildgewaltig sind. Aber auch die liebevollen Szenen, das Treiben auf der Burg, die Intrigen der Adligen, die wohldurchdachten Kriegstaktiken – alles nimmt Gestalt an. So verspürt der Leser an traurigen Stellen einen Kloß im Hals oder bangt an anderen Stellen mit den Figuren. Zudem weiß der Autor den Leser immer wieder zu überraschen, die Handlung ist zu keiner Zeit vorhersehbar und doch fügt sich alles logisch ineinander.


Figuren
Tad Williams haucht seinen Figuren regelrecht Leben ein. Alle, auch die Nebenfiguren, wirken wie echte Menschen und es ist ein Leichtes, sich in sie hineinzuversetzen, ihr Handeln und Denken nachzuvollziehen. Ob es nun die Protagonisten, die teilweise abgehobene und naive Briony und ihr hitzköpfiger Zwillingsbruder Barrick sind, oder Nebenfiguren wie der Briony treu ergebene, hilfsbereite und mutige Gardehauptmann Ferras Vansen oder der scheinbar talentlose Dichter Matthias Kettelsmit – all diese Figuren haben Substanz, keine kommt blass oder gar stereotyp daher.
Auch die Funderlinge, wie Chert und Opalia Blauquarz, die sich auf wunderbare Art necken und doch deren Liebe zueinander unabweisbar ersichtlich ist, sind hervorragend ausgearbeitet. Ebenso die Dachlinge, allen voran Giebelgaup, der Bogenschüze, der in einer sehr geschwollenen, altertümlich angehauchten Sprache spricht und einfach liebenswert ist. Tad Williams verleiht auch diesen andersartigen Figuren einen Hintergrund, eigene Religionen und Gebräuche, Eigenheiten, die sie einmalig machen. Im Verlauf der Handlung wachsen die Figuren, lernen dazu und entwickeln sich weiter. So wächst Briony mit den schwierigen Umständen und Aufgaben, wird reifer und vernünftiger, ihr über alles geliebter Zwillingsbruder, der sich selbst für schwach und verkrüppelt hält, lernt, dass er mehr wert ist, als er sich selbst zugestehen kann oder möchte. Die Funderlinge müssen einsehen, dass seltsame Zeiten auch seltsame Taten verlangen, die Dachlinge brechen mit ihren eigenen Gesetzen, um ihre Hoffnung in diesen schweren Zeiten aufrecht zu erhalten. Es ist ein Vergnügen, das Schicksal der einzelnen Figuren zu verfolgen, man lacht und leidet mit ihnen, hofft, dass alles gut wird.

Auch die Antagonisten sind hervorragend ausgearbeitet. Es gibt keinen einzelnen „Bösewicht“, wie es in vielen Büchern der Fall ist, vielmehr wird an mehreren Fronten gegen verschiedene Widersacher gekämpft. Auch diese Figuren - seien es die niederträchtigen Tollys, die wundersamen Qar oder der wahnsinnige Autarch - alle haben ein Fundament, sind lebendig und glaubwürdig.

Bei den Beschreibungen der Figuren beschränkt Tad Williams sich auf wenige, dafür aussagekräftige, Details, die vor dem inneren Auge des Lesers sogleich ein Bild entstehen lassen. Rückblicke in die Vergangenheit einiger Figuren verleihen ihnen noch mehr Substanz, sodass es schon fast unmöglich scheint, dass diese Figuren nur auf dem Papier existieren.


Aufmachung des Buches
Das Cover ist dem des ersten Bandes sehr ähnlich, sodass der Widererkennungswert sehr hoch ist. Der Schutzumschlag der gebundenen Ausgabe zeigt den Turm einer Burg mit zwei Fahnen, in dem Turm stehen Titel und Name des Autors, sowie der Verlag. Sehr gut finde ich, dass auf dem Buchrücken – auf dem sich das Bild der Vorderseite des Buches von dem Burgturm wiederholt – steht, dass es sich um den zweiten Band handelt. Leider kommt es viel zu oft vor, dass auf den ersten Blick nicht ersichtlich ist, um welchen Band einer Reihe es sich handelt.
Das Buch selbst ist ganz in schwarz gehalten, der Burgturm leicht hinein gestanzt. Auf dem Buchrücken finden sich in glänzendem Gold Autor und Titel des Buches wieder. Passend dazu ist das Lesebändchen ebenfalls goldfarben.

Auch in diesem Band finden sich insgesamt vier Karten, zwei vorne im Buch (Eion und Xand, sowie die Südmarksburg), zwei hinten (Markenlande, sowie Hierosol und die Ostaeische See). Diese ermöglichen es dem Leser, sich ein genaueres Bild von den Schauplätzen des Geschehens in diesem Buch zu machen.
Zudem gibt es am Ende des Buches einen ausführlichen Anhang, der die Personen, Orte und Dinge kurz erläutert. So ist es möglich, einen Namen nachzuschlagen, wenn einem entfallen ist, um wen es sich handelt oder die Monate oder Wochentage, die in diesem Buch gänzlich anders lauten (zudem besteht eine Woche aus einem Tagzehnt, also zehn Tagen) nachzulesen.

Negativ anmerken muss ich die doch recht kleine Schriftart, die die Augen schneller ermüden lässt.


Fazit
„Shadowmarch. Das Spiel“ ist ein würdiger Nachfolger des ersten Bandes, „Shadowmarch. Die Grenze“, und für jeden, der den ersten Band gelesen hat, ein Muss. Tad William-Fans werden sich diese Trilogie wohl kaum entgehen lassen, aber auch allen anderen High-Fantasy-Fans sei diese hiermit ans Herz gelegt. Es ist ein Vergnügen, in diese Welt einzutauchen und die unterschiedlichen Figuren auf ihrem Weg zu begleiten.


4 Sterne


Hinweise
Dieses Buch kaufen bei: amazon.de

Backlist:
Band 1: Die Grenze

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