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" 'Die vorlaut plappernde Sklavin ist verkauft! An den Mann mit den großen Zähnen!', jubelte ich innerlich, als ich nach unzähligen Bewerbungsgesprächen endlich den Job als Assistentin eines Abteilungsleiters bei Alpha Prime ergattert hatte. Ich ahnte damals nicht, wie recht ich damit behalten sollte. Mit der 'Sklavin' meine ich ..."

Humorvoll beschreibt Brigitte Scherer den Arbeitsalltag einer Assistentin. Und spricht damit all jenen aus der Seele, die unter ihren Vorgesetzten leiden: Man müsste dringend ein paar Dinge klären, aber der Chef läuft immer weg - in Meetings, zum Flughafen, zum Golfen. Ist er mal da, verbarrikadiert er sich hinter seinem überquellenden Schreibtisch und den neuesten elektronischen Spielsachen. Und natürlich erwartet Chef, dass man auch noch seine kryptischen E-Mails sofort versteht und ausführt. Und zwar bis vorgestern! Die Autorin schafft ein Lesevergnügen für alle, deren Chef "nicht immer ganz einfach" ist.

 

Das_brauche_ich_bis_Vorgestern 

Autor: Brigitte Scherer
Verlag: Redline
Erschienen: April 2011
ISBN: 978-3-86881-294-7
Seitenzahl: 212 Seiten

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Die Grundidee der Handlung

Die Ich-Erzählerin erhält eine Zusage bei Alpha Prime und wird dort als Assistentin eines Abteilungsleiters namens Jochen Christensen eingestellt. Kaum angekommen, gilt es aber die unmöglichsten und schwierigsten Klippen für eine Assistentin zu umschiffen. Christensen stellt sich zwar als kompetent, aber vollkommen eigenwilliger junger Mann dar, den die Gute sich erstmal zurecht erziehen muss. Funktioniert das nicht, wird munter manipuliert und ausgetrickst. Und dann erst der Stress mit den Weihnachtskarten, die der Chef unterschreiben soll, dem Urlaub, der pünktlich angetreten werden muss - sonst wird eine andere Abteilung sauer - etc.


Stil und Sprache

Das Buch, von dem ich persönlich erwartet hatte, dass es ein Sachbuch über die Vorgehensweise bei schwierigen Chefs ist, ist eine wirklich großartige Überraschung. Die Ich-Erzählerin schreibt Tagebuch über ihre Zeit in der Firma, die sie zu Beginn der Geschichte qualmend vor Zorn verlässt, denn ihr Chef wurde befördert, während sie auf die Straße gesetzt wurde. Das kommentiert sie mit: "Ich war es doch, die ihn vor vier Jahren erst zum Chef gemacht hat. Ich ganz allein. Jawoll! Denn um Chef zu sein, braucht man mindestens einen Mitarbeiter. Und ich war der erste Mitarbeiter, den er eingestellt hat." (Seite 8).
Danach folgt eine Beschreibung der Ereignisse vom Vorstellungsgespräch an bis heute. Dabei lässt sie kein Detail aus und schreibt in einem so amüsanten Tonfall, dass dem Leser bereits nach den ersten Seiten ein Schmunzeln über das Gesicht huscht und nicht mehr zu vertreiben ist. Als Scherers Heldin beispielsweise die Jahres-Reisekostenabrechnung ihres Chefs abgeben soll, schreibt sie: "Ich fühlte mich inzwischen wie ein Fahnder des LKA, der die Bewegungen eines deutschlandweit agierenden Serientäters rekonstruieren soll" (Seite 87). Denn Christensen hat seine Abrechnungen schön gesammelt in einer Schuhschachtel gebracht, durch die die arme Assistentin sich nun wühlen darf.

Zwischen die unterhaltsamen Berichte sind immer wieder Auflistungen gestreut, die Scherer wohl aus ihrem ausgeprägten Erfahrungsschatz bezüglich Chefs gezogen hat, wie einige Vorschläge, wie man mit stressigen Chefs umgeht (natürlich auch nicht ernst gemeinte wie "Voodoo-Puppen besorgen"), oder auch wie man als Assistentin den Schreibtisch so organisiert, dass möglichst keine der Büromaterialien auf den Schreibtischen anderer Kollegen landen ("Ich hab's mir nur mal ausgeborgt..."). Im Grunde ist "Das brauche ich bis vorgestern" vergleichbar mit "Teufel trägt Prada", allerdings durchwegs amüsant und ohne dramatische Zwischensequenzen.


Figuren
Die Ich-Erzählerin geht mit sich selbst ebenso hart ins Gericht wie mit denen, von denen sie schreibt. Es bleibt nichts verheimlicht. Sie verschläft mal, überarbeitet sich, glaubt, dass sie etwas geschafft hätte, bei dem sich im Nachhinein herausstellt, dass sie sich verkalkuliert hat (Weihnachtspost und Abgabetermine ...), und vor allem gewinnt sie ihren Chef immer mehr lieb. Er ist für sie wie ein großes Kind.

Jochen Christensen besitzt den markigen Spruch "Was liegt an", mit dem er immer jeden Tag einläutet. Mit der Zeit gewöhnt sich der Leser so sehr daran, dass es regelrecht auffällt, wenn er es mal nicht macht. Wie die Assistentin schließt der Leser Jochen auf Dauer ins Herz, auch wenn jegliche seiner Fehler penibel aufgelistet werden. Die anderen MitarbeiterInnen im Büro werden ebenso mit viel Liebe und Wiedererkennungswert ausgestattet.


Aufmachung des Buches
Auf dem orangefarbenen Cover des Taschenbuchs befindet sich ein Bild einer Frau vor einem Computer und einer Kaffeetasse, die ihren Kopf auf die Tastatur gelegt hat. Über ihr wurde der Titel als Sprechblase von rechts kommend eingezeichnet, darunter sieht der Leser, wie sich über ihrem Kopf das Bild einer Voodoo-Puppe formt, der sie Pest und Cholera an den Leib wünscht. Der Buchrücken enthält die ausführliche Inhaltsangabe und darunter noch ein paar Details zur Autorin.


Fazit
Dieses herrliche Machwerk sollte jeder Assistentin geschenkt werden, wenn sie mal wieder einen Schuss gute Laune braucht. Der Witz der Geschichte bringt zum Lachen und ist ein absolutes Highlight, bis hin zum großartigen Schluss, nach dem man das Buch mit einem befriedigten Grinsen zuklappen kann.


5 Sterne


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