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Özgur, eine junge türkische Akademikerin, kann sich von der ebenso faszinierenden wie bedrohlichen Stadt Rio de Janeiro nicht lösen. Angetrieben von brasilianischen Rhythmen, gerät sie wie in einem Strudel mitten hinein in die Labyrinthe der verstörenden Favelas.

 

  Autor: Asli Erdogan
Verlag: Türkische Bibliothek Unionsverlag
Erschienen: 02/2008
ISBN: 978-3-293-10010-7
Seitenzahl: 208 Seiten 


Die Grundidee der Handlung
Die junge türkische Mathematikerin Özgür ist nach Rio de Janeiro gekommen, um dort an der Universität ihre Studien fortzusetzen. Schon nach kurzer Zeit wirft sie ihre wissenschaftlichen Ambitionen hin, wird zur Vagabundin und lebt direkt neben einer Favela, wie die Elendsviertel in Brasilien heißen. Sie hat schreckliche Angst davor, überfallen und umgebracht zu werden, fordert gefährliche Situationen aber oftmals geradezu heraus. Özgur lebt mehr schlecht als recht von privatem Englischunterricht und muss feststellen, dass ihre Schüler extrem unzuverlässig sind, oft nicht erscheinen und schon gar nicht pünktlich bezahlen. Um Halt zu finden, kauft sie ein Heft und fängt an, einen Roman zu schreiben, dem sie den Titel „Die Stadt mit der roten Pelerine“ gibt und deren Protagonistin Ö. ist. Je weiter der Roman fortschreitet, desto mehr wird er letztlich zu einer Art rückblickendem Tagebuch. Personen, die in Özgürs Leben wichtig waren, fließen mit hinein. Der Roman endet tragisch, Ö. passiert das, was Özgür stets für sich selber befürchtet hat: Sie wird überfallen und umgebracht. Dabei bleibt offen, ob Özgür selber das gleiche Schicksal ereilt oder ob sie den Absprung schafft und in ihre Heimat zurückkehrt.


Stil und Sprache
Asli Erdogan erzählt die Geschichte von Özgür in der dritten Person, während Özgür selber ihre Protagonistin Ö. in der Ich-Form zu Worte kommen lässt. Die Erzählung über Özgür umfasst einen Zeitraum von nur 24 Stunden, beinhaltet jedoch Rückblicke auf Dinge, die ihr während ihrer zwei Jahre in Rio widerfahren sind. Die anfangs eher nüchterne Sprache wird im Laufe des Romans immer bildreicher und poetischer und gleicht sich damit der Sprache an, die Özgür in ihrem Roman über Ö. benutzt. Hier steht das innere Erleben der Protagonistin im Vordergrund, gleichzeitig wird die Stadt Rio de Janeiro wie eine Person betrachtet, die eine zugleich faszinierende und abstoßende Wirkung auf Özgür hat und von der sie nicht loskommt.


Figuren
Hauptfigur ist zum einen Özgür und zum anderen die fiktive Ö. aus Özgurs Roman, wobei beide im Laufe der Geschichte immer mehr miteinander verschmelzen. Erfahren tut man über beide letztlich nur, dass sie Türkinnen sind und sich seit zwei Jahren in Rio aufhalten. Özgürs Eltern werden erwähnt und einmal wird von einem Telefonanruf ihrer Mutter berichtet, aber über ihr Vorleben erfährt man nur einige bruchstückhafte Details, da Asli Erdogan in ihrem Roman den Schwerpunkt auf Özgurs Erleben von Rio und ihre inneren Empfindungen legt. An anderen Personen tauchen ehemalige Liebhaber von Özgur auf sowie Menschen, denen sie auf ihren Spaziergängen durch die Stadt begegnet und die auf verschiedene Art und Weise Eindruck bei ihr hinterlassen. Für den Fortlauf der Geschichte sind sie unentbehrlich, aber gleichzeitig austauschbar.


Aufmachung des Buches
Mein Exemplar ist die gebundene Ausgabe. Der Umschlag zeigt ein Bild der türkischen Künstlerin Elvan Alpay, die laut Info im Buch gerne Dinge aus dem Alltag oder auch Blumen mit scharfen Gegenständen kontrastiert. Ihr Motiv für das Buch trägt den Namen „Dolch“ und zeigt große rote Blumen und kleine Dolche auf grauem Hintergrund.
Sehr schön finde ich, dass hinten im Buch jeweils kurze Infotexte zu den Übersetzerinnen Angelika Gillitz-Acar und Angelika Hoch, der bereits erwähnten Künstlerin Elvan Alpay sowie zu Karin Schweißgut, der Verfasserin des Nachworts, zu finden sind.


Fazit
Ich empfehle, als erstes das Nachwort von Karin Schweißgut zu lesen, da man hier einiges über Asli Erdogan und die Entstehungsgeschichte von „Die Stadt mit der roten Pelerine“ erfährt, die das Lesen des Romans erleichtern und vieles verständlicher machen. Es ist sicher kein einfach zu lesender Roman, aber wer es schafft, sich auf Asli Erdogans bildreiche und detaillierte Sprache einzulassen, wird es schwer finden, das Buch aus der Hand zu legen.


4 5 Sterne


Hinweise
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