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Wir schreiben das Jahr 1857. Abner Marsh, Flussschiffer auf dem Mississippi, steht vor dem Ruin. Da macht ihm der Aristokrat Joshua York ein verlockendes Angebot: Er soll das schnellste Dampfschiff aller Zeiten bauen - die "Fiebertraum". Doch was für Marsh als großes Abenteuer beginnt, wird bald zum Albtraum. Denn York entpuppt sich als Vampir - und er hat die "Fiebertraum" bauen lassen, um entlang des Mississippi die Letzten seiner alten, kranken Rasse einzusammeln...

 

  Autor: George R.R. Martin
Verlag: Heyne
Erschienen: 06/2008
ISBN: 978-3-453-53285-4
Seitenzahl: 510 Seiten 


Die Grundidee der Handlung
„Fiebertraum“ wird als legendärer Vampirroman und eine Mischung zwischen den Romanen von Stephen King und Mark Twain beschrieben. Ganz so falsch ist das nicht, betrachtet man nur den Plot. Abner Marsh, der von Joshua York angeheuert wird, um das schnellste Dampfschiff des Mississippi zu bauen, ist das genaue Gegenteil von seinem neuen Geschäftspartner York. Dieser ist gut aussehend, elegant, schlank, wenngleich auch ein bisschen exzentrisch, sieht man ihn doch nur nachts. Abner dagegen ist fettleibig, mit hässlichen Warzen im Gesicht, von Eleganz keine Spur, dafür ist er auch ein Mann, der offen und ehrlich ist, der nie etwas zu verbergen hatte. Das ändert sich, als er erfährt, dass York ein Vampir ist -  und dass er ihm bei einem wahnwitzigen Unternehmen helfen soll. Abner ist hin- und hergerissen, er ahnt noch nicht, dass sich der Mississippi bald rot vor Blut färben soll...


Stil und Sprache
George Martin, bekannt vor allem durch seine extrem erfolgreiche epische Fantasy-Reihe „Das Lied von Eis und Feuer“, versteht es wie kein anderer, extrem filmisch und atmosphärisch dicht zu schreiben. Wenn die Vampire wie Schatten auftauchen, wenn die „Fiebertraum“ langsam Gestalt annimmt, wenn es zum Kampf kommt – dann schildert Martin das auf seine ganz einzigartige Art und Weise, die detailreiche Bilder im Kopf des Leser entstehen lässt. Imposante, beklemmende, unheimliche und vor allen Dingen lebendige Bilder, die man nicht so schnell vergessen kann. Auch die Dialoge klingen lebendig, jede Figur hat charakteristische Merkmale, die sich auch in ihrer Art zu sprechen niederschlägt. Durch diese Erzählkraft, die Martin auszeichnet, wirkt selbst ein Monolog, der sich über ein Dutzend Seiten erstreckt, nicht langatmig. Doch bis zum Ende kann Martin den Spannungsbogen leider nicht aufrecht halten, gerade im letzten Drittel des Buches dümpelt die Handlung so träge dahin wie die „Fiebertraum“ bei niedrigem Wasserstand.
Ein großer Kritikpunkt ist auch, dass Martin teilweise so provokant, so effektheischend schreibt. Wenn er beispielsweise schildert, wie ein Säugling verstümmelt und getötet wird, dann geht das über die Grenzen des guten Geschmacks weit hinaus, zumal es nicht wichtig für die Handlung ist.
Positiv anmerken kann man aber noch, dass George Martin einen wichtigen und interessanten Subplot in seine Gothic Novel eingebracht hat, denn diese Geschichte dreht sich hintergründig auch um die Sklaverei, beschreibt das schwierige Thema ungeschönt und realistisch.


Figuren
George Martin negiert das übliche Schwarz-Weiß-Schema der Figuren, seine Charaktere sind nicht gut und böse, sondern verfügen über viele Graustufen. Auch handeln sie nicht immer vorhersehbar, dafür kann man ihr Denken und Handeln meist nachvollziehen, ihre Intentionen und Motivationen werden glaubhaft geschildert. Es ist interessant, dass Abner Marsh, die Figur, die man am ehesten als „Held“ des Buches bezeichnen könnte, äußerlich so abstoßend ist. Trotz einiger kleiner Charakterfehler ist und bleibt Abner, der auch im Angesicht des Todes einen gesunden Appetit zeigt, aber sehr sympathisch. Auch York erweckt, nachdem man etwas mehr über ihn erfährt, Sympathie, wenngleich man nie genau weiß, ob er nun naiv oder verschlagen ist, ob sein Vorhaben Wahnsinn oder brillant ist. Die Nebencharaktere sind teilweise etwas stereotyp, besonders die Besatzung der „Fiebertraum“, dafür sind die Vampire sehr klassisch dargestellt. Nicht romantisch verklärt betrachtet Martin sie, sondern als grausame Wölfe im Schafspelz.


Aufmachung des Buches
Der Mississippi, den die Coverzeichnung des Taschenbuches darstellen soll, ist in grellen Farben gezeichnet. Das Bild ist ein wenig klischeehaft geraten, vor allem auch durch den Fledermausschwarm, aber das ist Geschmackssache. Eine frühere Auflage trug ein richtiges Dampfschiff als Covermotiv, dass um Längen schöner, edler und bezüglich des Inhalts stimmiger wirkte, dafür bietet dieser Band von Heyne kleine Dampfschiffillustrationen zu Beginn jedes Kapitels.


Fazit
„Fiebertraum“ ist ein außergewöhnlicher Vampirroman. In der Tradition eines Mark Twain belebt George Martin die Welt um den Mississippi im 19. Jahrhundert und siedelt darin seine ureigene Vampirrasse an, schön-schaurige Raubtiere, die den Menschen lediglich als ihm nicht gleichrangige Beute betrachten. Geschickt bringt Martin aber auch das Thema Sklaverei unter, beleuchtet das alltägliche Leiden der damaligen Sklaven und die Abscheulichkeit ihrer Unterdrücker und setzt diese Beziehung in den Kontext zur Vampir-Mensch-Beziehung. Hinzu kommen eine glaubwürdige Charakterisierung sowie ab und an ein Funken Humor, sodass „Fiebertraum“ ein Muss für Fans düsterer Vampirliteratur ist – nur leider zieht sich das Buch manchmal ein wenig hin, sodass man auch Durchhaltevermögen mitbringen muss. 


4 Sterne


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