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Nach dem Absturz mit einem Luftschiff erwacht die junge Celeste Temple in einer trostlosen Fischerhütte, körperlich unversehrt, aber angefüllt mit den Erinnerungen tausend anderer Menschen; Erinnerungen an indigoblauen Lehm und an ein diabolisches Buch aus Glas. Miss Temple und ihre mutigen Gefährten wissen, dass sie alles riskieren müssen, damit das Dunkelbuch nicht in die Hände ihrer verderbten Widersacher gelangt. Denn wer immer es besitzt, verfügt über wahrhaft teuflische Macht!

 

  Autor: Gordon Dahlquist
Verlag: Blanvalet
Erschienen: September 2009
ISBN: 978-3-7645-0241-6
Seitenzahl: 605 Seiten


Die Grundidee der Handlung
Obwohl Dahlquist selbst über seinen Debütroman (Die Glasbücher der Traumfresser) sagt, dass dieser ein eigenständiges Werk sein soll, beginnt "Das Dunkelbuch" genau dort, wo sein Erstlingswerk endete. Es handelt sich also um die direkt Forsetzung, auch wenn sie als solche nicht eindeutig gekennzeichnet ist.
Wir erinnern uns: Nach einem Blutbad allererster Güte, indem sich die Mitglieder der "Intrige" offen gegeneinander wandten und sich schließlich gegenseitig niedermetzelten, stürzte das Luftschiff letzlich in die eiskalten Tiefen des Meeres. Ob überhaupt eine der an Bord befindlichen Personen überlebte, blieb offen. Nun haben wir alle Gewissheit, Celeste Temple, Kardinal Chang, Doktor Abelard Svenson und Eloise Dujong haben den Absturz überlebt und konnten sich an die nahe Küste retten. Doch auch einige der längst totgeglaubten Gegner scheinen auf wundersame Weise den Klauen des sicheren Todes entfleucht zu sein. Erneut beginnt ein Wettlauf um Ziele, die sich ebenfalls erst noch erschließen müssen ... Dies ist auch das größte Problem dieses Romans. Das ganze Handeln der Charaktere ist zu wenig zielgerichtet. Sogar sie selbst wissen oft nicht, was sie eigentlich antreibt. Die Zeichnung der Charaktere ist beispiellos und nahezu perfekt. Was bleibt, ist ein zwiespältiger Eindruck.


Stil und Sprache
Sprachlich widmet sich Dahlquist, wie bereits in seinem ersten Werk, eindeutig dem fortgeschrittenen Leser. Es ist wahrhaft keine leichte Kost, die er da zelebriert. Die Wortwahl ist gewählt, fügt sich hervorragend in die dargestellte Epoche ein und wirkt vollkommen authentisch sowie ausgesprochen glaubhaft. Die Sätze sind teilweise extrem verschachtelt und hochkomplex konstruiert - ob dies an der Qualität der Übersetzung liegt, kann ich nicht sagen. Die Lesbarkeit wird dadurch stark eingeschränkt. Das geschriebene Wort entzieht sich des Öfteren dem Verständnis, so dass man sehr schnell ermüdet. Ich persönlich habe mich in vielen kleinen Etappen durch dieses komplexe Werk gearbeitet, weil es mir unmöglich war, mich länger darauf zu konzentrieren. Die vermittelten Informationen passen nicht zusammen, es ergibt sich kein Gesamtbild, das einem verdeutlicht, wohin die Handlung überhaupt führt. Der Part, der klar ist, wirkt hingegen belanglos. Welche Ziele verfolgen die einzelnen Parteien? Was ist aus der Intrige geworden? Ist sie bereits zerschlagen oder agieren einzelne Zellen unabhängig voneinander, auch ohne die alles steuernden Mächtigen? Fragen, die viel zu lange offen bleiben oder selbst am Ende unbeantwortet bleiben. Dahlquist verstrickt sich zu sehr in die jeweiligen Verwicklungen und verliert dabei völlig aus den Augen, dem Großen und Ganzen eine Richtung zu geben. Selbst die Mitglieder der Intrige scheinen planlos zu agieren, auch wenn auf den letztenn 30 Seiten dann doch noch klar wird, dass sie ein klares Ziel vor Augen hatten, welches umfassender war, als man bis dahin für möglich gehalten hätte. Doch bleiben zu viele Dinge ungeklärt. Auch die Art und Weise, wie dem Leser verschiedene Informationen nahegebracht werden, ist fast als dilletantisch zu bezeichnen. Nur mit viel Mühe und einigem Rätselraten gelingt es, die wirren Bruchstücke dieses Puzzels zusammen zu fügen. Auch sollte man am besten beide Teile der Saga direkt hintereinander weglesen, dann fällt es einem sicher wesentlich leichter, Licht ins Dunkel(buch) zu bringen.

Auch was die Gewalt angeht, hat das Dunkelbuch gegenüber seinem Vorgänger mächtig zugelegt. Der Weg der drei Hauptcharaktere, die uns wieder mal durch das Buch geleiten, ist von Leichen geradezu übersät. Auch anderen, geradezu zombieartigen Gestalten, wird man zu Hauff begegnen.

Wie bereits in den Traumbüchern, wird die Handlung abwechselnd aus der Sichtweise von Celeste, dem Kardinal und Doktor Svenson erzählt. Gleich zu Beginn der Geschichte sind sie erneut getrennt, so dass jeder seinen eigenen Weg geht. Das Problem ist nur, dass sie einen sehr ähnlichen Weg gehen und sich vieles auf diese Art gleich dreimal wiederholt - auch wenn man durch die unterschiedlichen Sichtweisen noch ergänzende Informationen erhält. Gerade im ersten Drittel des Romans wirkt dies beinahe einschläfernd, so dass man immer wieder die Lust am Weiterlesen verliert. Dies war im ersten Band noch wesentlich besser, unternahmen die Drei dort doch sehr unterschiedliche Dinge.


Figuren
Die Charakterzeichnung ist, wie bereits gesagt, außerordentlich plastisch. Die Figuren wirken extrem lebendig und ihr ganzes Handeln, ihre Beweggründe, ihre Hoffnungslosigkeit und ihr zielloses Handeln, das nur noch von einem Wunsch nach einer Art Gerechtigkeit und einer vielleicht besseren Welt dominiert wird, wirken sehr glaubwürdig und greifbar. Die Charaktere sind ausgesprochen ambivalent und vielschichtig, so dass es durchaus vergnüglich ist, sich in ihnen zu verlieren. "Das Dunkelbuch" besitzt die Qualitäten seines Vorgängers, leider besitzt es aber auch einige Schwächen, so dass die wunderbar ausgearbeiteten Charaktere sich nicht entfalten können.


Aufmachung des Buches
Wo ist nur das wundervolle Veröffentlichungskonzept der "Glasbücher der Traumfresser" geblieben? Durften wir uns damals noch an einer einzigartig schönen Ausgabe erfreuen, so liegt nun ein ordinäres, gebundenes Buch vor, dem man aber eine liebevolle Gestaltung nicht absprechen kann. Das Umschlagdesign ist wiederum an die Gestaltung alter Groschenromane angelehnt. Es ist schlicht und plakativ, entfaltet aber eine durchaus ansprechendet Wirkung. Der riesige Schriftzug, als auch die gesamte Schrift auf dem Buchrücken, sind mit Spotlack hervorgehoben. Die Schrift auf dem Buchrücken scheint dadurch regelrecht über dem Papier zu schweben, ein faszinierender Effekt, der dem Buch einen sehr schönen Look verleiht. Das Buch ist sehr hochwertig gebunden. Auf den Buchrücken wurden die Symbole verschiedener Mondphasen eingeprägt - ob dies einen tieferen Sinn hat, erschließt sich mir nicht. Das lila Lesebändchen, passend zur Farbe des Schutzumschlags, rundet das hochwertige Erscheinungsbild ab.
Der perfekten Inszenierung des Vorgängers kann dieses schön gestaltete, perfekt verarbeitete Buch trotzdem nicht das Wasser reichen. Schade, dass man diesem nicht treu blieb, denn schon damals konnte ja jeder auch zu den alternativen Veröffentlichungen greifen.


Fazit
Die Genialität des Vorgängers wird leider nicht einmal ansatzweise erreicht. Dahlquist scheint während des Schreibens irgendwie aus den Augen verloren zu haben, dass ein Buch auch einen Sinn haben sollte, der den Leser bei der Stange hält und die Geschichte spannend macht. Auf den letzten Seiten liefert er zwar diesen Sinn, aber man verliert mehr als einmal die Lust daran, dort überhaupt hinkommen zu wollen. Da "Das Dunkelbuch" auch in den USA sehr schlecht verkauft wurde, steht noch in den Sternen, ob die Geschichte einen dritten, abschließenden Band erhalten wird. Obwohl ich mich auf diese Forzsetzung sehr gefreut habe, ist mein Interesse an einem weiteren Sequel doch sehr ermattet. Aufgrund der herausragenden Charakterzeichnung bekommt das Buch dennoch 3,5 Sterne - die Handlung selbst hat diese Wertung nicht verdient.



Hinweise
Rezension von Thomas Lang
Herzlichen Dank an den Blanvalet-Verlag für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars.


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