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Die Monster von Templeton,
ein Roman, der zwei Jahrhunderte umspannt:
einerseits berichtet er in der Gegenwart von der Suche eines Mädchens, Willie, nach ihrem Vater, andererseits ist es ein historischer Roman, schließlich ein Schauerroman – alles in allem erzählt er voller Spannung und Zauber davon, wie sich die Geheimnisse einer Familie in einer einzigen Stadt manifestieren.

 

  Autor: Lauren Groff
Verlag: C. H. Beck
Erschienen: 02/2009
ISBN: 978-3-406-58390-2
Seitenzahl: 507 Seiten


Die Grundidee der Handlung
Der Tag, an dem Willie Upton den reuevollen, ungnädigen Rückzug in ihre Heimatstadt Templeton antritt, ist gleichsam der Beginn vieler Veränderungen der Geschichte Templetons. Flimmy, das Monster aus dem Flimmerspiegelsee, hat das Zeitliche gesegnet und versetzt ganz Templeton in helle Aufruhr. Eine jahrhundertealte Tradition findet ihr Ende, war Flimmy doch fester Bestandteil der Geschichte dieser Stadt.
Und auch Willie muss sich wohl oder übel von ihrem Zukunftstraum als Archäologin verabschieden. Wenige Monate vor Abschluss ihrer Doktorarbeit und Promotion unter Leitung des Philosophen Dr. Primus Dwyer und dem anerkannten Naturwissenschaftler Barton P. Thrasher scheint ihre Karriere jäh beendet. Während einer Alaska-Expedition geht sie mit ihrem Professor auf Tuchfühlung und eckt zudem fürchterlich mit dessen eifersüchtigen Gattin an. Die Folgen: Eine vermeintliche Schwangerschaft und möglicherweise eine Klage wegen versuchten Mordes. Stanford kann sie somit vergessen.
Nach diesen unerfreulichen Ereignissen sucht Willie die Geborgenheit ihres Elternhauses Averell Cottage aus dem Jahre 1793 mit all seinen vertrauten Gerüchen und Geistern, voller Antiquitäten mehrerer Generationen. Doch auch hier findet sie keine Ruhe. Nachdem ihre Mutter Vi Willie darüber aufklärt, dass ihr Erzeuger nicht einer der drei Hippiekumpanen aus Vis wilder Zeit ist, wie bisher angenommen, sondern der Templetoner Gesellschaft entspringt, macht sich Willie auf die Suche nach ihren wahren Wurzeln. Eine eindrucksvolle Reise in die Vergangenheit nimmt ihren Lauf und bringt viele neue Erkenntnisse zu Tage…


Stil und Sprache
Lauren Groffs Romandebüt „Die Monster von Templeton“ hat in ihrer Heimat erfolgreich die Bestsellerlisten gestürmt und wurde daraufhin in zahlreiche Sprachen übersetzt. Man könnte sagen, es war der Autorin innerstes Bedürfnis, diese Hommage an ihre Geburtsstadt Cooperstown, New York, zu schreiben. Dass sich bei all ihren Recherchen und ihrem Engagement die Dinge verselbständigten und sich schließlich ein weit umfassenderes Werk entwickelte, als ursprünglich geplant, kann den Lesern nur recht sein, denn so ist ein Roman entstanden, der nicht nur die enorme Zeitspanne von rund zwei Jahrhunderten umfasst, sondern von allen Literaturrichtungen ein bisschen bietet, was Langeweile grundsätzlich ausschließt.
Wer bei dem Titel „Die Monster von Templeton“ allein an einen Horrorschmöker denkt, der irrt gewaltig. Das Buch bietet weit mehr. Ausgehend von der Suche nach ihrer Herkunft breitet sich kaskadenartig ein weites Spektrum an Entdeckungen, Geheimnissen, Rätseln und Zusammenhängen aus. Einflüsse aus der Historie des Ortes, aber auch von James Fenimore Cooper, dem ruhmreichen Autor von ‚Die Ansiedler’, seinen Figuren Marmaduke Temple, Natty Bumppo, Chingachcook, Häuptling Unkas und Remarkable Pettibones alias Remarkable Prettybones, die fester Bestandteil Groffs Kindheit waren, verschmelzen mit Legenden wie dem Ungeheuer aus dem See.
Fiktion trifft Wahrheit – in Templeton, welches vor Lauren Groff schon James Fenimore Cooper umschrieb…

Nach einer wirklich interessanten Vorbemerkung der Autorin, die Informationen zu den Hintergründen des Romans liefert, beginnt die Geschichte um Wilhelmina Sunshine Upton und damit um Templeton. In fünfunddreißig Kapiteln zuzüglich Epilogs, die aus verschiedenen Perspektiven erzählen und in verschiedenen Zeiten handeln, verbergen sich allerhand Mysterien um Ortschaft und Menschen. Die Stadt und vor allem ihre Einwohner werfen dunkle Schatten, in denen sich, vor allem im übertragenen Sinne, so manches Monster verbirgt, das Schrecken oder Überraschung mit sich führt. Lauren Groff gestaltet die Handlung sehr abwechslungsreich und brilliert mit Ideenreichtum.
Der eigentliche Text wird immer wieder aufgelockert durch eingefügte Abbildungen von Fotografien, Kunstwerken und nicht zuletzt dem Stammbaum der Familie, immer wieder korrigiert um die neuesten Erkenntnisse. Ergänzend erhält der Leser Einblick in Briefe und Tagebucheinträge. So entsteht nach und nach aus verschiedenen Quellen ein großes, umfassendes Ganzes. Diese Herangehensweise schafft Spannung und vermittelt glaubhaft das Charisma einer typischen, verschrobenen Kleinstadt mit dieser ganz besonderen Sorte Einwohner.


Figuren
Trotz einnehmender Beschreibung der Umgebung – schließlich gilt der Roman in erster Linie einer Stadt – bilden die zahlreichen Charaktere des Geschehens den Mittelpunkt der Geschichte. Zwei Jahrhunderte haben viele Menschen kommen und gehen sehen. Einige von ihnen verschaffen sich auch nach ihrem Ableben noch Gehör… Groffs Figuren geben ihre Geschichte direkt oder indirekt wieder, formen auf diese Weise peu-à-peu die Handlung des Romans und bringen indes unweigerlich die Wahrheit über Zusammenhänge und Personen ans Licht.

Zentraler Charakter ist die achtundzwanzigjährige Wilhelmina Sunshine Upton, kurz Willie genannt. Sie wähnte sich einer bedeutenden Zukunft als Archäologin fernab der Zivilisation in Wüsten und Tundren gegenüber. Doch nachdem sie sich selbst wenig ruhmvoll in Schwierigkeiten brachte, ist eine Überdenkung ihrer miserablen Situation fällig. Wo wäre dies besser möglich, als im Schoße der Heimat.
Mit ihrer Rückkehr werden dem Leser gewisse Parallelen gewahr, hatten doch Willies Mutter Vivienne Upton anno dazumal ähnliche Gründe zurück nach Templeton geführt. Vi hat in ihrer wilden Zeit als Hippie bereits im Alter von vierzehn Jahren reißaus genommen und kehrte erst nach dem Tod ihrer Eltern zurück. Ihre finanzielle Situation und sonstige Umstände – auch Vi trug ein uneheliches Kind unter dem Herzen – zwangen sie, als Krankenschwester Fuß zu fassen. Was folgte, war eine unumwundene Anpassung an die Gesellschaft. So ist aus dem einstigen Hippie eine fromme Baptistin geworden. Eins jedoch hält Vi nach wie vor geheim: Die tatsächliche Identität Willies Vaters. So bleibt Willie nur die Möglichkeit, eigene Nachforschungen anzustellen und dabei auf ihrem Weg in die Vergangenheit auf zahlreiche Persönlichkeiten zu stoßen, bis zurück zum Gründer der Stadt Marmaduke Temple.

Leser, die mit den berühmten Lederstrumpf-Büchern von James Fenimore Cooper vertraut sind, dürften auf einige Bekannte treffen. Ähnlichkeiten zum Roman ‚Die Ansiedler’ sind in der Tat nicht ausgeschlossen.
Lauren Groff gibt all ihren Charakteren ein authentisches Gesicht. Diverse Fotografien, Briefe und dergleichen erzielen die Wirkung, dies sei der Bericht einer wahren Begebenheit mit tatsächlich existenten Personen.
Um als Leser den Überblick zu behalten, sind die regelmäßig ergänzten und korrigierten Stammbäume im Buch äußerst hilfreich.


Aufmachung des Buches
„Die Monster von Templeton“ ist als Hardcover mit Schutzumschlag und Lesebändchen im C. H. Beck Verlag erschienen. Der Schutzumschlag, der den leuchtend roten Einband umgibt, sticht durch Farb- und Motivwahl aus der breiten Masse an Büchern deutlich heraus. Vom durchweg weißen Hintergrund hebt sich ein mühevoll gestalteter, schwarz-weißer Baum in Scherenschnitt-Manier ab. Sehr detailliert sind Wurzelwerk, Blätter und diverse Tierchen eingearbeitet. Neben einer Aussparung für Buchtitel und Autorenname, finden sich fünf blasenförmige Fenster, die kleine Szenen aus dem Romaninhalt wiedergeben. Farblich werden Schwarz und Weiß durch wenige dunkelrote Akzente ergänzt.
Auf der Vorderseite des Buches ist der Baum in leicht erhabenem Hochglanz gedruckt, rückseitig ist der Umschlag ganzheitlich matt gehalten. Das Blattwerk wird hier nur durch eine kurze Beschreibung zum Buchinhalt unterbrochen. Auf bildliche Ausschnitte des Romans wurde verzichtet.
Im Inneren sind Titelblatt und Kapitelanfänge ebenfalls mit hübschen Illustrationen verziert.
Die zahlreichen enthaltenen Abbildungen und textlichen Ergänzungen in teils anderem Schriftbild werten den Roman zusätzlich auf.
Ein prachtvolles Schmuckstück im Bücherregal!


Fazit
„Die Monster von Templeton“ ist eine spektakuläre Reise quer durch die Geschichte Templetons und seinen Menschen. Voller Ideen und Facetten schreibt Lauren Groff über zwei Jahrhunderte zwischen Fiktion und Wahrheit. Sie überzeugt mit einnehmender Atmosphäre, authentischen Charakteren und plausiblen Zusammenhängen.
Ein empfehlenswerter Roman voller Abwechslung und Erzählkunst!



Hinweise
Rezension von Patricia Merkel
Herzlichen Dank an den C. H. Beck Verlag für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars.


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