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Wie vom Donner gerührt ist die 17-jährige Arri, als er ihr begegnet. – Er, das ist Oscar, schwarz gekleidet und geschminkt wie Arri selbst, eine schmale Gestalt mit dunklen Augen, langem schwarzen Haar, silbernen Ohrringen und diesem unvergleichlichen Lächeln. Arri spürt es sofort: Dies ist der Junge ihrer Träume, ein Seelenverwandter, mit dem sie zusammen sein will, um jeden Preis. Doch das ist nicht so einfach, zumal Arris Spiegel plötzlich ein äußerst attraktiver junger Mann entsteigt, der sich als Leonidas vorstellt. Eidolon, die Welt aus der er stammt, ist bevölkert von Vampiren. Arri ist hin- und hergerissen…


  Autor: Inger Edelfeldt
Verlag: Deutscher Taschenbuch Verlag
Erschienen: 06/2009
ISBN: 978-3-423-78230-2
Seitenzahl: 269 Seiten 


Die Grundidee der Handlung
Arri Björklund ist eigentlich eine ganz normale siebzehnjährige Jugendliche. Sie ist kreativ, liebt Mode, Schmuck und Accessoires, weiß mit dem Computer umzugehen und ist nicht sonderlich ordentlich. Ihr Mädchenzimmer im Stockholmer Vorort Bromma zieren Antiquitäten kombiniert mit Ikea-Möbeln. Und doch unterscheidet sie etwas von den anderen Mädchen in ihrem Alter, sogar von ihr selbst noch rund ein Jahr zuvor.
Das Schicksal gewährte ihr zwei Begegnungen der besonderen Art. Zum einen wäre da Oscar, der im Nu ihr Herz gewinnt, und zum anderen trifft sie auf Leonidas, der ebenso wie die Welt, aus der er kommt, einen ungeheuren Reiz auf Arri ausübt. Für wen soll sie sich entscheiden? Eine Wahl, die ihr nicht leicht fallen wird…


Stil und Sprache
Der Roman „Mein schwarzes Herz“, vom Verlag ab 12 Jahren empfohlen, erzählt in erster Person Singular von einem entscheidenden Jahr der siebzehnjährigen Arwen Björklund. Die Sprache ist dementsprechend überwiegend modern und leicht verständlich. Wie jeder Teenager hat auch sie ihre eigene Form von Humor oder auch Sarkasmus, was amüsante Einschübe garantiert.
Inger Edelfeldt umschreibt sehr gezielt die Gedankengänge, Befürchtungen und Sehnsüchte des jungen Mädchens. Es wird schnell deutlich, dass Arri auf der Suche nach ihrem eigenen Weg im Leben ist. Ein kleines bisschen rebellisches Verhalten darf daher nicht fehlen. Einerseits grenzt sie sich bewusst von anderen Schulkameraden ab, trauert in gewisser Weise jedoch auch ihrer einst besten Freundin hinterher und sehnt sich nach der großen Liebe.

Die Handlung ist in zwei parallele Ebenen eingebettet: der realen Welt zwischen Bin Laden und Afghanistan sowie Milzbrand und Aids einerseits und der Welt der Untoten in Eidolon mit ganz eigenen Gesetzen und Unholden andererseits. Die Bewohner des düsteren Reiches pflegen höfisch-kultivierten Umgang, der sich auch in ihrer Sprachgewandtheit niederschlägt. Arris Ausdruck passt sich demgemäß in diesen Passagen an.
Mitunter ist sich Arri selbst nicht sicher, ob die Vampire, ihr Reich und die Mission, die Arri nach den alten Schriften zu erfüllen hat, nicht nur ihrer Phantasie entspringen und lediglich ein Traum sind. Die Grenzen verschwimmen, hier wie dort werden Fehler gemacht, gibt es Nachteile. Erst zum Abschluss des Romans wird für Arri ersichtlich, worauf es ihr im Leben ankommt, was wirklich für sie zählt. Ein großer Schritt zum Erwachsensein ist getan.
Inger Edelfeldt verknüpft die realen Sorgen und Nöte junger Menschen hervorragend mit der Welt der Phantasie und lässt ausreichend Spielraum für eigene Interpretationen des Lesers.


Figuren
„Mein schwarzes Herz“ überzeugt mit intensiven Charakterstudien.
Arwen, genannt Arri, ist eine Außenseiterin, die sich mehr oder weniger aus eigenem Wunsch dazu macht. Sie hat eine Vorliebe für schwarze Kleidung, insbesondere Samt, trägt rabenschwarze Haare und schminkt sich dunkel mit blutroten Lippen. Doch nicht nur durch Äußerlichkeiten weicht sie von der breiten Masse ihrer Schulkameraden ab. Sie hat seit jeher ein, wie sie es nennt, sauertöpfisches, verschlossenes Naturell.
Extrem selbstkritisch, mitunter auch philosophisch, hinterfragt sie den Sinn des Lebens. Da sie von eben jenem in der heutigen Zeit nicht mehr allzu viel erwartet, tendiert sie immer öfter zu düsteren, pessimistischen Gedankengängen und der Finsternis Eidolons hinter dem Spiegel. Der aufgeweckte Leser wird jedoch feststellen, dass Arri auch damit Positives verknüpft. Ein kleines bisschen Hoffnung bleibt auch im Reich ohne Gefühle erhalten.
Äußerst amüsant ist Arris Haltung gegenüber ihrer Familie, deren Mitglieder allesamt eine Art Spitznamen erhalten. So erzählt sie von ihrer Mutter als Mutterkuchen, ihrem Vater als Bibliothekar und ihrer zwei Jahre jüngeren Schwester Isolde, die sich selber lieber Sophie nennt, als die Geklonte. Die Mutter-Tochter-Beziehung gestaltet sich etwas schwierig, was wohl auf die Pubertät zurückzuführen ist.
Im Reiche Eidolons nutzt Arri den Namen Phalandra, genau jenen Namen, der bereits in ihrer kindlichen Freundschaft zu Maira große Bedeutung trug.

Auch Oscar Axelsson, der bei Nervosität rückwärts spricht, in Rollenspielen aufgeht und phantasievollen Schmuck schmiedet, hat sein Päckchen zu tragen. Sein familiärer Hintergrund, insbesondere durch die alkoholabhängige Mutter, trägt Schuld an seiner zwischenzeitlichen Flucht aus dem Alltag. Dennoch ist auch sein Anlaufziel, sein Onkel in Jönköping, keine geruhsame Alternative. Hier besteht ebenfalls ein deutlicher Hang zum Alkohol, mit dem Oscar nicht zurechtkommt. Zudem nimmt die Sorge um seine Mutter überhand, so dass er weder bei ihr bleiben noch Distanz wahren mag. Eine schwierige Situation, die auch und gerade zwischen den Zeilen deutlich wird.

Die Hauptfiguren des Romans bieten eine Menge Identifikationspotential. Inger Edelfeldt beweist viel Fingerspitzengefühl beim Umgang mit ihren Figuren. Sie vermittelt glaubhaft und nachvollziehbar die verschiedenen Gefühlslagen der jungen Menschen und ihre Wankelmütigkeit bezüglich diverser zu treffenden Entscheidungen. Freundschaft und Liebe werden ebenso thematisiert wie Vertrauen und Eifersucht. Wie das Leben so spielt, gibt es Höhen und Tiefen zu bewältigen.


Aufmachung des Buches
„Mein schwarzes Herz“ ist als Taschenbuch in der Reihe dtv pocket erschienen.
Passend zum Buchinhalt präsentiert sich dem Leser eine Kombination aus einem Teilausschnitt eines jungen, dunkel geschminkten Mädchens, einer schwarzen Stoffrose und filigranen Mustern in Form angedeuteter Herzen. Farblich ergibt sich ein sehr harmonisches Gesamtbild in vorwiegend Schwarz, Rot und Weiß.

Jedem, der insgesamt vierundzwanzig Kapitel steht neben der Kapitelnummer eine kurze Überschrift voran, die Arris Fokus widerspiegelt. Kapitelüberschriften und Versalien sind in markant geschwungener Schrift gehalten, die sogleich ins Auge fällt.


Fazit
Ein kleines Buch, dessen Inhalt tief berührt – ein Ausflug in die Seele eines jungen Menschen – ein Ende, welches traurig und schön zugleich ist.
Doch Vorsicht, es handelt sich nicht um einen klassischen Vampirroman!
Bezüglich des Inhalts anders als vermutet, übertrifft „Mein schwarzes Herz“ dennoch sämtliche Erwartungen und beschäftigt den Leser weit über die letzte Seite hinaus.



Hinweise
Rezension von Patricia Merkel
Herzlichen Dank an den Deutschen Taschenbuch Verlag für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars.


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