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Kategorie: Klassische Literatur

Drei Generationen einer rheinischen Architektenfamilie werden sich an diesem 6. September 1958 versammeln, um den achtzigsten Geburtstag ihres Oberhauptes zu feiern. Heinrich Fähmel hatte 1907 den Auftrag erhalten, die Abtei St. Anton zu erbauen. Sein Sohn Robert - er spielt täglich von halb zehn bis elf im Hotel Prinz Heinrich Billard - hat als Sprengmeister der Wehrmacht diese Abtei in den letzten Kriegstagen zerstört. Der Enkel Joseph wird am Wiederaufbau beteiligt. In den Gesprächen Roberts mit dem Hotelboy, in Rückblenden und Erinnerungen seines Vaters verknüpfen sich Vergangenheit und Gegenwart, werden die Situationen der einzelnen Zeitabschnitte deutlich.

 

  Autor: Heinrich Böll
Verlag: Nachdruck im DTV
Erschienen: 1959
ISBN: 978-3423009911
Seitenzahl: 327 Seiten 


Die Grundidee der Handlung
Böll beschreibt, wie drei Generationen der  rheinischen Architektenfamilie Faehmel  sich versammeln, um den achtzigsten Geburtstag ihres Oberhauptes zu feiern. Zentrale Rolle spielt neben der Geburtstagsfeier der Umgang mit der Abtei St. Anton, welche von jeweils einer Generation der Familie aufgebaut, zerstört und wieder aufgebaut wird. Dabei werden die jeweiligen zeitbestimmten Konflikte in den Mittelpunkt gestellt, was durch zahlreiche Rückblenden erreicht wird. Diese einzigartige Handlung ist prägend für das Buch. Bereits an der Grundidee ist die Genialität Bölls zu sehen. Auch die unterschiedlichen Aspekte werden vor allem dadurch so konträr.


Stil und Sprache
Der Stil Bölls ist einzigartig. Allerdings auch höllisch kompliziert. Man muss gewillt sein, das Buch wirklich zu lesen, es ist keine Gute-Nacht-Geschichte, sondern ein hochkomplexer und schwieriger Roman, dessen ganze Schönheit sich (zumindest für mich) erst nach dem zweiten Mal Lesen entpuppt. Bölls Stil ist von sehr viel Tragik und Ehrlichkeit geprägt.                          
Das Buch ist beim ersten Mal vollkommen verwirrend, da sehr häufig mit Rückblenden gearbeitet wird und diese nicht immer sofort vom Leser bemerkt werden. Es werden außerdem viele Metaphern und Symbole verwendet, welche sich durch das Buch hindurch ziehen. Es fällt nicht ganz leicht, sich als heutiger Leser mit den Personen zu identifizieren, da es immerhin 1958 spielt. Die Motive der drei Generationen (die männlichen Vertreter spielen die Hauptrolle) sind aber immer nachvollziehbar, was auch einen Hauptreiz ausmacht, da sie gleichzeitig konträr und  logisch sind.


Figuren
Die Figuren sind perfekt ausgearbeitet und handeln sehr glaubwürdig. Es fällt nicht schwer zu glauben, dass sie tatsächlich so existiert haben. Insgesamt gibt es 16 wichtige Personen, von denen drei die Hauptcharaktere darstellen. Dies ist anfangs etwas anstrengend, da man etwas überrannt wird von den vielen unterschiedlichen Personen. Trotzdem schafft es Böll, allen einen individuellen und einzigartigen Charakter zu verleihen (Robert Faehmel, Heinrich Faehmel, Joseph Faehmel).


Aufmachung des Buches
Das Cover der gebundenen Ausgabe ist ganz nett, allerdings ist es etwas ausdrucksschwach. Die Taschenbuchausgabe ist anders konzipiert und vermittelt einen besseren Eindruck vom Buch, insgesamt jedoch auch eher ausdrucksschwach. Wenn man nur nach dem Aussehen des Buches geht, würden die Verkaufszahlen wohl nicht über 1000 steigen (allein bis 1972 verkaufte Exemplare 400.000, danach durch den Nobelpreis noch einmal größerer Verkaufsabsatz, jenseits der Millionengrenze).


Fazit
Insgesamt ein hervorragendes Buch, welches seine ganze Wirkung aber nur dem aufmerksamen Leser enthüllt. Wenn man kurzweilige Unterhaltung sucht, ist man bei Böll an der falschen Adresse. Es ist ein hervorragender Roman, welcher sicherlich zu den besten Nachkriegswerken der Welt gehört. Ich denke, der Nobelpreis 1972 spricht für die Qualität des Buches. Die komplizierte Handlung und die große Personenzahl verlangt natürlich eine intensive Beschäftigung mit dem Werk. Trotz allem ist es ausnahmslos zu empfehlen. In Punkto Spannung kann „Billard um halb zehn“ allerdings nicht mit neueren Werken mithalten.


4 Sterne


Hinweise
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